Wohin statt Woher!

Rabih Lahoud von Masaa (Foto vom Künstler zur Verfügung gestellt)

Drei deutsche Jazzmusiker und ein deutsch-libanesischer Sänger-Poet: Aus dieser Kombination entsteht bei Masaa eine einzigartige Klangwelt. Die Stimme der Band, Rabih Lahoud, reflektiert im Interview über das Ankommen in Deutschland, sein Verhältnis zu einer sich verändernden arabischen Sprache und über die Kategorisierungen in Weltmusik und Jazz.

aktuell: SRF 2 Kultur strahlt meinen Beitrag mit Masaa am Dienstag, den 2.5. ab 20h in der Sendung Jazz & World aktuell aus: Radio SRF 2 Kultur – SRF

Rabih Lahoud, wenn man das neue Masaa-Album Beit (Veröffentlichung: 28.4.) hört, hat man den Eindruck, dass die Musiker sehr direkt die Hörer ansprechen, der Sound ist nah und warm. „Beit“ bedeutet ja auch „Haus“, „Heim“. Heißt das, Masaa sind nach Jahren der Wanderschaft zuhause angekommen?

Lahoud: Das würde ich bejahen, zumindest ist auch das mein eigenes Gefühl. Nach 20 Jahren bin ich jetzt hier ein bisschen mehr angekommen. Die Hälfte meines Lebens bin ich jetzt hier, mitgestaltend, nicht als Gast. Ich sage nicht mehr: „Hier bin ich woanders“. Sondern: „Jetzt bin ich hier“. Und diese Musik, diese meine Ideen tragen dazu bei, wie die Klanglandschaft hier ist.

Was bedeutet Beit als Albumthema genau, in einer Zeit, in der immer mehr Menschen gezwungen sind, ihren Schutzraum zu verlassen, in der viele Häuser zerstört werden, durch die gewaltige Explosion im Hafen von Libanon, durch den Krieg in der Ukraine? Haben diese Ereignisse Einfluss gehabt auf die Entstehung der Platte?

Lahoud: Ja, absolut. Das ist eine Überlegung, die sich intensiviert hat nach diesen Ereignissen. Ich sehe das Konzept von „Haus und Heim“ als ein doppeltes. Zum einen, das historische Sesshaftwerden der Menschheit. Zum anderen aber auch etwas Internes: Was bedeutet das wirklich, sich zuhause zu fühlen? Was für viele Menschen normal ist, jst heute für viele, viele nicht mehr selbstverständlich, sondern ein Privileg geworden. Am Ende des Titelstücks singe ich immer wieder: „Keine Häuser zerstören, Häuser bauen!“ Das kann man auch metaphorisch verstehen. „Hatdem“ heißt zerstören, „dammara“ aufbauen. Die arabische Sprache ist da sehr rhythmisch in ihrer Struktur, und daher hört sich das fast an wie ein Spiel mit Rap.

Daheim kann man sich ja auch in einer Sprache fühlen. Auf früheren Alben haben Sie auch auf Deutsch gesungen, das ist jetzt weggefallen, die meisten Ihrer Texte sind auf Arabisch, und die sind länger geworden als früher. Ist das Arabische trotz der langen Abwesenheit vom Libanon immer mehr Ihr Zuhause?

Lahoud: Ich glaube schon. Meine Beziehung zum Arabischen hat sich verändert. Ich fühle mich wohler im Sprechen, deshalb verwende ich vielleicht auch mehr Wörter. In meinem Alltag als Jugendlicher war vor allem der Klang der Sprache etwas Schönes, nicht die Bedeutung der Worte. Jetzt langsam haben für mich die Wörter neue Bedeutungen, neue Erfahrungen, ich habe das Gefühl, ich kann das zulassen. Es klingt jetzt mehr nach Rabih als nur nach Arabisch.

Wo steht die arabische Sprache heute als künstlerisches Ausdrucksmedium?

Mein Gefühl ist, dass die arabische Sprache etwas durch die osmanischen und europäischen Einflüsse eingebüßt hatte. Besonders im Libanon war dieser Einfluss ja groß und wir haben dort heute eine Mischung von Sprachen. Das ist einerseits wunderbar, denn der Mensch ist ein Wesen, das sich anpassen kann, um der Kommunikation willen Dinge transformieren kann. Das ist insbesondere ein libanesischer Wesenszug: Man verlässt Identitäten, um in Kommunikation zu bleiben, es geht darum, dass man sich versteht. Andererseits hat diese wunderbare Sprache dadurch auch ein bisschen ihr Herz verloren, indem sie sich vielleicht minderwertig oder nicht up to date fühlt. Denn es gibt viele Wörter der modernen Welt, für die das Arabische heute keine Entsprechungen hat. Das Arabische braucht meiner Meinung nach eine künstlerische Unterstützung. Es darf nicht die Fähigkeit verlieren, dass man Schönheit und Zärtlichkeit und Kraft ausdrücken kann.

Verändert sich die arabische Sprache auch durch die Umwälzungen seit dem „Arabischen Frühling“?

Lahoud: Ja, total. Ich fühle einen Umbruch, eine Wende, eine Veränderung im Bewusstsein der jungen Menschen, vor allem der Generation, die jetzt nachkommt, nach dem „Arabischen Frühling“. Die Sprache wird als etwas behandelt, das wiedergeboren werden muss. Ich habe den Eindruck, junge Leute verwenden in den Social Media Dialektausdrücke aus den einzelnen Regionen jetzt pan-arabisch, und dadurch entsteht eine neue Hochsprache, eine neue Ausdruckskraft. Das wird in den nächsten zehn, fünfzehn Jahren auch in den Strukturen der arabischen Gesellschaft sichtbar werden.

Haben Sie nur zur arabischen Sprache eine neue Einstellung gewonnen, oder auch zur Musik Ihrer ersten Heimat?

Lahoud: Früher habe ich nicht mit arabischen Skalen gearbeitet, war eher auf Distanz. Inzwischen fasziniert mich die klassische arabische Musik und ich recherchiere über sie. Ich merke jetzt, wie wertvoll das ist, wenn wir diese Schatzkiste in den Masaa-Sound hineinnehmen. Ein Stück auf „Beit“, eine Widmung an den Musiker „Zeryab“ aus dem Córdoba des 8./9. Jahrhunderts, steht zum Beispiel im Nahawand-Modus. Das ist eine Skala, die mit dem europäischen Moll verwandt ist. Aber es gibt in der arabischen Musik eben viele Molls: In Aleppo hört sich Moll durch andere Mikrointervalle ganz anders an als in Kairo. Durch diese feinen Unterschiede öffnen sich ganz verschiedene Welten.

Im Stück „Nabad“ gibt es die schöne Zeile: „Nimm das Gewicht der Vorfahren weg“. Ist das ein Plädoyer dafür, dass wir uns als bloße Menschen begegnen sollten, unbelastet von politischen Altlasten der Vergangenheit?

Lahoud: Ja, in dem Sinne: Wir müssen leichter damit umgehen, mit welchen Menschen wir uns verbinden, um es der Zukunft zu ermöglichen, dass sie anders aussieht. Das gilt aber auch für das überholte Denken in musikalischen Stilen. Wir müssen uns von der jahrzehntelang gehegten Sortierarbeit befreien, in der es immer hieß: „Was ist Jazz, was ist Weltmusik?“. Das ist für mich auch ein Gewicht. Die Einordnung unserer Band in die „Weltmusik“ ist nicht immer böse gemeint, aber der Begriff fragt immer wieder: „Woher kommst du?“ Jazz in seinem ursprünglichen Geist fragt eher: „Wohin willst du? Was willst du mit dem machen, was du hast?“ Lass uns Musik so betrachten: Guckt sie wohin? In die Zukunft? Macht sie Hoffnung? Vibriert sie im Magen oder nicht? Und lass uns das suchen und stärken und fördern.

© Stefan Franzen, erschienen auf qantara.de

Masaa: „Freedom Dance“
Quelle: youtube

Listenreich I: 20 Songs für 2020

Bab L’Bluz (Marokko/Frankreich): „Gnawa Beat“
Quelle: youtube
Camané & Mário Laginha (Portugal): „Se Amanhã Fosse Domingo“
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Joy Denalane (Deutschland): „I Believe“
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Electric Jalaba (UK/Marokko): „Daimla“
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Erdmöbel (Deutschland): „Beherbergungsverbot“
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Yumi Ito (Schweiz/Japan/Polen): „What Seems To Be“
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Bastien Keb (UK): Rabbit Hole“
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Kefaya & Elaha Soroor (Afghanistan/UK): „Jama Narenji“
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Awa Ly & Brahim Wone (Frankreich/Senegal): „Mesmerizing“
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Bongeziwe Mabandla (Republik Südafrika): „Khangela“
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Gustav Mahler: „Phantasie“ (Jewish Chamber Orchestra Munich)
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Masaa (Deutschland/Libanon): „Herzlicht“
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Jono McCleery (UK): „Follow“
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David Myles & Lydia Persaud (Kanada): „For The First Time“
Quelle: youtube
Sílvia Pérez Cruz (Katalonien): „Tango De La Vía Láctea“
Quelle: youtube

San Salvador (Frankreich): „Fai Sautar“
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Oumou Sangaré (Mali): „Kamelemba“
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Myles Sanko (UK): „Rainbow In Your Cloud“
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Santrofi (Ghana): Odo M’Aba“
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Anoushka Shankar feat. Alev Lenz (UK/Indien): „Bright Eyes“
Quelle: youtube

 

Listenreich II: 20 Alben für 2020

Bab L’Bluz (Frankreich/Marokko): „Nayda!“ (RealWorld/PIAS/Rough Trade)
The Brooks (Kanada): „Any Day Now“ (Underdog Records/Broken Silence)
Camané & Mário Laginha (Portugal): „Aqui Está-Se Sossegado“  (Parolophone Portugal)

 

Sílvia Pérez Cruz & Marco Mezquida (Katalonien): „MA – Live In Tokyo“  (Universal Spain)
Franui & Florian Boesch (Österreich/Deutschland): „Alles Wieder Gut“ (col legno/Harmonia Mundi)
Groupe RTD (Djibouti): „The Dancing Devils Of Djibouti“ (Ostinato Records/Groove Attack)

 

Yumi Ito (Schweiz/Japan/Polen): „Stardust Crystals“ (Unit Records/Membran)
Misagh Joolaee & Sebastian Flaig (Iran/Deutschland): „Ferne“ (Pilgrims Of Sound)
Bastien Keb (UK): „The Killing Of Eugene Peeps“ (Gearbox Records)

 

Kefaya & Elaha Soroor (UK/Afghanistan): „Songs Of Our Mothers“ (Bella Union)
Awa Ly (Frankreich/Senegal): „Safe & Sound“ (Flowfish/Broken Silence)
Bongeziwe Mabandla (Republik Südafrika): „Iimini“ (Baco/Broken Silence)

 

Masaa (Deutschland/Libanon): „Irade“(Traumton/Indigo)
New Landscapes (Italien): „Menhir“ (Visage/Galileo)
Matthieu Saglio (Frankreich/Spanien): „El Camino De Los Vientos“ (ACT/edel)

 

Dino Saluzzi (Argentinien): „Albores“ (ECM/Universal)
Oumou Sangaré (Mali): „Acoustic“ (NoFormat/Indigo)
Synergia (Zypern): „Musique De L’Île De Chypre“ (Alia Vox/Harmonia Mundi)

 

Simin Tander (Deutschland): „Unfading“ (Jazzhaus Records/in-akustik)
Ramón Valle (Kuba): „Inner State“ (In & Out Records/in-akustik)

Listenreich III: 12 Konzerte für 2020

Feven Yoseph, 23.8. (Foto: Alexandra Heneka)

WINTER

Benjamin Britten: „The Turning Of The Screw“ – Theater Freiburg, 31.1.
Sílvia Pérez Cruz (Katalonien) – Salle du Cercle, Bischheim (F), 13.2.
Kayhan Kalhor (Iran) – Jazzhaus Freiburg, 15.2.
FRÜHLING
Tschaikowsky: Symphonie Nr. 4 / Glasunow: Violinkonzert (Vadim Repin) – Salle Érasme Strasbourg (F), 6.3.
Awa Ly & Brahim Wone, 18.7. (Foto: Stefan Franzen)

SOMMER

Awa Ly & Brahim Wone (Frankreich/Senegal) – Mensagarten Freiburg, 18.7.
Bab L’Bluz (Frankreich/Marokko) – Mensagarten Freiburg, 16.8.
Yousra Mansour, Bab L’Bluz, 16.8. (Foto: Stefan Franzen)
Yumi Ito (Schweiz/Japan/Polen) – Waldsee Freiburg, 20.8.
Feven Yoseph (Äthiopien/Deutschland) – Waldsee Freiburg, 23.8.
Yumi Ito, 20.8. (Foto: Mayada Wadnomiry)

HERBST

We Stood Like Kings (Belgien) – Waldsee Freiburg, 3.+4.9.
Masaa (Deutschland/Libanon) – ArTik Freiburg, 6.9.
Masaa, 6.9. (Foto: Albert Josef Schmidt)
Shake Stew (Österreich/Deutschland) – E-Werk Freiburg, 25.9.
Peteris Vasks: „Tala Gaisma“ / W.A.Mozart: „Gran Partita“ – Konzerthaus Freiburg, 13.10.
We Stood Like Kings, 3.9. (Foto: Stefan Franzen)

Nachlese Festival „Ins Weite“ #4: Masaa

Foto: Albert Josef Schmidt

Masaa
Festival „Ins Weite“, ArTik Freiburg
06.09.2020

Souveräne Verschmelzung von Avantgarde und Tradition: Das umjubelte Konzert von Masaa beim Freiburger Festival „Ins Weite“.

Nicht selten werden der Genre-Begriff „Weltmusik“ sowie die entsprechenden Ensembles, Akteurinnen und Akteure überfordert. Der traditionelle Fundus, die Grammatik außereuropäischer Musik und die Termini westlicher (Pop-)Klänge suchen eine Vernetzung, ja Verschmelzung – doch Anspruch und Wirklichkeit, das klingende Ergebnis, lassen immer wieder zu wünschen übrig.

Dem libanesisch-deutschen Quartett „Masaa“ um den Sänger und Poeten Rabih Lahoud jedoch gelingt die interkulturelle Fusion. Wobei hier eher von einem geglückten „World Jazz“ gesprochen werden kann, den ein begeistertes Publikum im Rahmen des Freiburger Festivals „Ins Weite“ erfahren durfte. Bei diesem Open-Air-Konzert im Innenhof des Jugendkulturzentrums „ArTik“ vermählte die weitgereiste und mit diversen Preisen ausgezeichnete Formation scheinbar mühelos Merkmale eines modernen Jazz mit Texten in arabischer Sprache und mit (europäischer) kammermusikalischer Intimität. Rabih Lahoud lebte 19 Jahre in seinem Geburtsland Libanon, floh dann vor dem Krieg – und fand in Deutschland eine neue Heimat, wiederum seit 19 Jahren.

Der hervorragende, über mehrere Oktaven und eine traumhaft sichere Intonation gebietende Vokalist kann sich mit Marcus Rust (Flügelhorn, Trompete), Reentko Dirks (Doppelhalsgitarre) und Demian Kappenstein (Drums, Perkussion) auf nicht weniger gewandte Gefährten verlassen. „Masaa“ ist das arabische Wort für den Abend, den Rabih Lahoud als besonders magische Zeit wahrnimmt. Und der Sound dieses ungewöhnlichen Ensembles bewegt sich dann in (auch emotionalen) Zwischenbereichen, pendelt zwischen vitalem Duktus und poetischen Ruhezonen. Meisterlich, wie Lahoud von gesungenen Texten zu improvisierten Vokalisen wechselt, welche Ausdrucksintensität er auch in den hohen Registern erreicht.

Bezwingend auch, wenn Rabih Lahoud und der Blechbläser Marcus Rust dialogisieren, Stimme und Flügelhorn wendige Unisono-Passagen zaubern. Reentko Dirks nähert sich an der zweihalsigen Gitarre auch dem Charakter der arabischen Laute Oud oder übernimmt mal die Funktion eines Bassisten, während ein hochbeweglicher Demian Kappenstein sein Drumset zwischen feinem Drive, vertrackten Beats und vielen rhythmischen Überraschungen schwingen lässt.

Beachtlich zudem, wie diese vier Talente unangestrengt Avantgarde und Tradition, geräuschnahe Klangforschung und melodischen Schmelz zusammenführen. Masaa: ein herausragendes, ein heftig bejubeltes Event.

© Udo Andris, erschienen in der Badischen Zeitung, Ausgabe 09.09.2020

Foto: Albert Josef Schmidt

Festival „Ins Weite“: Die Septemberkonzerte


Liebe Freund*innen,

Wir sind angetan von der tollen Resonanz des Publikums, das unsere musikalischen Gäste sowohl aus der Region als auch aus dem Senegal, Marokko, Frankreich, der Mongolei, dem Iran, der Türkei, der Schweiz, Polen, Spanien und Äthiopien seit Mitte Juli begeistert und zahlreich begleitet hat.
Nach ausverkauften Konzerten am Waldsee geht das vom Kommunalen Kino Freiburg initiierte Festival

„Ins Weite. Reisen in Film, Musik und Literatur“

im September in die musikalische Zielkurve mit belgischem Postrock, deutsch-libanesischem Jazz und einem türkischen Sufi-Abend.

Am 3. und 4. September empfangen wir am Waldsee die belgische Postrock-Band We Stood Like Kings, die sich darauf spezialisiert hat, Filmklassiker neu zu vertonen – bei uns live zu Dziga Vertovs ethnographischer Sibirienreise „Ein Sechstel der Erde“ von 1926 und zur Bilderflut von „Koyaanisqatsi“, zu der vormals Philip Glass schon Musik geschrieben hatte (3. und 4.9., jeweils 21h). Beide Film-Konzerte veranstalten wir in Kooperation mit dem Slow Club e.V.

We Stood Like Kings: „A Sixth Part Of The World“ (Ausschnitt)
Quelle: youtube

Am 6.9. um 20h ist das deutsch-libanesische Quartett Masaa zu Gast: Dekoriert mit beiden wichtigen Weltmusikpreisen (creole und RUTH) stellen die Musiker um Sänger Rabih Lahoud erstmals in Freiburg ihr neues Werk Irade vor, mit bewegendem lyrischem Jazz und Texten auf Arabisch und Deutsch. Mit dabei ist auch ihr neuer Gitarrist Reentko Dirks.

Achtung: Das Masaa-Konzert wird im Innenhof des ArTik, Haslacher Straße 43 stattfinden.
Wir freuen uns, dass wir mit dem ArTik e.V. noch einen weiteren, jungen Kooperationspartner fürs Festival gewinnen konnten, der uns mit Elan unterstützt!

Masaa: „Herzlicht“
Quelle: youtube

Den Abschluss der Musikstrecke von „Ins Weite“ gestaltet wiederum am Waldsee am 10.9. um 19h30 das Sufi-Ensemble Hosh Neva um den türkischen Oud-Spieler Mehmet Ungan. Viele der Musiker lehren an der Orientalischen Akademie in Mannheim, auch Freiburgs Murat Coskun wird sich in die Gruppe integrieren. Wir freuen uns, dass wir dieses Abschlusskonzert wiederum in Zusammenarbeit mit Tamburi Mundi e.V. präsentieren können.

Hosh Neva live in München
Quelle: youtube

Tickets sind ausschließlich auf der Website des Festivals erhältlich, dort wird selbstverständlich auch über das Hygienekonzept informiert.
https://www.koki-freiburg.de/insweite/

Musikprogramm des Festivals „Ins Weite“

Szene aus Ulrike Ottingers Film „Johanna d’Arc of Mongolia“ (zu sehen am 27.8. bei „Ins Weite“)

Liebe Freund*innen,

mit einem bewegenden und ausverkauften Konzert des Awa Ly Duos ist das Festival

„Ins Weite. Reisen in Film, Musik und Literatur“

am vergangenen Wochenende im Freiburger Mensagarten gestartet. An drei Spielorten – im Mensagarten, am Waldsee und am Alten Wiehrebahnhof – wird es bis zum 15.9. aus vielen Perspektiven ums Thema Reise gehen: in Open Air-Kinoabenden, Konzerten und Lesungen renommierter Autor*innen. „Ins Weite“ ist eine Initiative des Kommunalen Kino Freiburg e.V., das örtliche Partner an Bord geholt hat, unter ihnen Slow Club, Swamp, Café Atlantik und Tamburi Mundi e.V.

Das Thema Reise mit seinen drei geographischen Schwerpunkten USA / Westafrika / Asien wollen wir musikalisch von Afro-Soul über Post- und Surfrock bis Poetry Slam und Jazz abbilden: lokal und regional, aber auch mit internationalen Gästen, „ins Weite“ gehend.

Dieses Festival ist anders: In Zeiten der Pandemie dürfen wir nur eine limitierte Zahl von Zuhörer*innen einlassen und arbeiten mit einem Hygienekonzept. Die Zeit für Werbung ist knapp, da wir erst vor 10 Tagen – nach Unterstützung von der Stadt, dem SC Freiburg und weiteren Sponsoren – auch Fördermittel vom Land Baden-Württemberg erhalten haben. Das Programm haben wir daher in kürzester Zeit auf die Beine gestellt, Improvisation und Spontaneität sind die Tugenden der Stunde und wir freuen uns über jede Art der Multiplikation!

Musikprogramm – Übersicht:

Mensagarten:
22.07. – DJ Swampster / DJ Hercules: My Daddy Was A Hippie Punk – Psychedelic Beatsounds from the late 60s til early 70s (Freiburg) 20h
24.07. – Stunchile (Freiburg) 19h
27.07. – Art Of Being…On The Road: Deutsch-amerikanische Literaturperformance mit Musik von Joe Killi und Muneer B. Fenell (Freiburg) 20h30
30.07. – Marvin Suckut – Atlantik Slam (Freiburg/Waldkirch/Konstanz/Esslingen) 19h
31.07. – „Under The Big Blue Sky“ (Mongolei/Iran/Türkei/Freiburg) 19h
14.08. – Leopold Kraus Wellenkapelle (Freiburg) 19h
15.08. – Iman & Dub Tub (Freiburg) 19h
16.08. – Bab L’Bluz (Marrakesch/Lyon) 21h

Yumi Ito feat. Szymon Mika: „Little Things“
Quelle: youtube

Waldsee:
20.08. – Yumi Ito Trio (Basel/Japan/Polen/Spanien) 19h30
23.08. – Feven Yoseph (Äthiopien/Berlin) 19h30
30.08. – Tanztheater „mitteschön“ (Company J.U.S.T., Freiburg) / Barefoot Amhell & Her Backdoor Men (Straßburg) 19h
03.09. + 04.09. – We Stood Like Kings (Belgien) je 21h
06.09. – Masaa (Libanon/Köln/Berlin) 21h
10.09. – Hosh Neva (Türkei/Mannheim) 19h

Kommenden Mittwoch werden DJ Swampster und DJ Hercules mit einem psychedelischen Set die Einstimmung zum Roadmovie-Klassiker „Easy Rider“ besorgen. Am Freitag stellt sich die junge Rockband Stunchile aus Freiburg vor: Das Powertrio um die Sängerin Leonie Maier ist ganz frisch mit der Jazzhaus Records-Single „The Blues Loves You“ am Start – ein Konzert, das der Slow Club mit uns veranstaltet. Die Brücke zur Festivalsparte des geschriebenen Wortes schlagen wir am 27.7. mit einer deutsch-amerikanischen Literaturperformance, zu der der Gitarrist Joe Killi und der Cellist Muneer B. Fenell die Klänge beisteuern. Einen Poetry Slam-Abend zum Thema Reisen gestaltet Marvin Suckut mit Wortkünstler*innen aus Waldkirch, Konstanz und Esslingen, Partner bei diesem Abend ist das Café Atlantik.

Stunchile: „The Blues Loves You“
Quelle: youtube

Besonders freuen wir uns über zwei Kooperationen mit dem Festival Tamburi Mundi. Beim ersten Partnerkonzert, zugleich der Eröffnung von Tamburi Mundi, wird der mongolische Künstler Enkhjargal Dandarvaanchig einen Abend mit Freund*innen bestreiten: „Under The Big Blue Sky“ vereint sich der Sänger und Pferdekopfgeiger in verschiedenen Konstellationen mit der persischen Hackbrett-Virtuosin Arezoo Rezvani, der mongolischen Sängerin Baadma und ihren beiden Schwestern, sowie Tamburi Mundi-Chef Murat Coşkun.

Arezoo Rezvani & Murat Coskun: „Khazan“
Quelle: youtube

Surfsound aus Freiburg? Das funktioniert exzellent und originell, wie die zahlreichen Anhänger*innen der Leopold Kraus Wellenkapelle wissen, die bei uns ein intensives Augustwochenende einläutet, gefolgt von der nicht nur in Kennerkreisen hochgeschätzten Reggaeformation Iman & Dub Tub, die neue Songs mitbringen. Beide Konzerte veranstalten wir in Partnerschaft mit dem Swamp. Die Reihe im Mensagarten beschließt das französisch-marokkanische Quartett Bab L’Bluz: Letzten Sommer haben sie bei Rock am Bach in Kirchzarten abgeräumt und kehren jetzt mit ihrem Debütalbum auf Peter Gabriels Label Real World in die Regio zurück: Ihre hypnotische Mischung aus Power-Rock, Gnawa-Grooves und Wüstenblues schickt die Hörer*innen auf eine spannende Reise nach Marrakesch.

Bab L’Bluz: „El Watane“
Quelle: youtube

Im August wechseln wir den Spielort und richten uns mit der Musikbühne direkt am Ufer des Waldsees ein: Dort macht die junge Basler Sängerin Yumi Ito mit ihrem Trio den Anfang: Sie bringt ihr neues Album „Stardust Crystals“ mit, auf dem sie Jazzimprovisation mit Songwriting-Anklängen an Björk und Radiohead verknüpft, und sie erzählt in ihren Kompositionen von Reisen nach Island, Kalifornien und Brasilien. Die äthiopische Sängerin Feven Yoseph wird für Freiburg eine echte Entdeckung sein: Derzeit in Berlin lebend verbindet sie in ihrer Musik äthiopische Skalen mit R&B- und Gospel-Anklängen in Quintettbesetzung.

Feven Yoseph: „Mengedinja“
Quelle: youtube


Gespannt sein darf man auf den Double Bill zum Augustausklang, den das Café Atlantik beiträgt: Julia Galas und Steffi Sembdner von der Freiburger Company J.U.S.T. gestalten im Tanztheater-Stück „mitteschön“ die Reise zweier Menschen in ihrer Lebensmitte, die auf engstem Raum – in einer gemeinsamen Hose – stattfindet. Diesen Spätsommerabend verlängert die Straßburger Band Barefoot Amhell & The Backdoor Men, die uns auf eine Reise durch die Songs starker Frauen der amerikanischen Popmusikhistorie mitnimmt, von New Orleans bis Detroit.  Zu einer stilbildenden Instanz bei der Vertonung von Stummfilmen gemausert hat sich das belgische Quartett We Stood Like Kings, das der gerade preisgekrönte Slow Club uns vorgeschlagen hat: An zwei Abenden zeigen sie, wie der sowjetische Klassiker „Ein Sechstel der Erde“ von Dziga Wertow und der US-Kultfilm „Koyaanisqatsi“ mit Postrock-Begleitung zu neuen Ehren kommen.

We Stood Like Kings: „Volchovstroy“
Quelle: youtube

Der September ist die Zielgerade von „Ins Weite“: Mit der deutsch-libanesischen Band Masaa kommen sowohl Jazzfans als auch Lyriker zum Zuge: Mit seinem neuen Gitarristen Reentko Dirks und den Versen des Sängers Rabih Lahoud verknüpft das mehrfach preisgekrönte Quartett die Raffinesse des Wortes mit der Dynamik des Jazz.  Den Abschluss der Konzertstrecke des Festivals „Ins Weite“ bildet die zweite Kooperation mit Tamburi Mundi e.V.: ein Sufi-Konzert des Ensembles Hosh Neva unter der Leitung der Brüder Mehmet und Ali Ungan am Waldsee, die in die spirituelle Klangwelt der Bektashi- und Mevlevi-Orden entführen, inklusive Derwischtanz.

Masaa: „Herzlicht“
Quelle: youtube

Auf der Website zum Festival wird nach und nach das gesamte Programm mit allen Filmen, Lesungen und Konzerten abrufbar sein. Aufgrund der Corona-Auflagen sind vorläufig noch ausschließlich dort Tickets für die einzelnen Veranstaltungen zu erwerben, und dort wird selbstverständlich auch über das Hygienekonzept informiert:

https://www.koki-freiburg.de/insweite/
https://de-de.facebook.com/koki.freiburg/

Ermöglicht wird „Ins Weite“ durch die Unterstützung von: Land Baden-Württemberg, Stadt Freiburg, SC Freiburg, Studierendenwerk Freiburg, Gaststätte Waldsee, iz3w, Carl Schurz-Haus, Artik, E-Werk, Fairburg, Literaturhaus und Centre Culturel Français.

Leopold Kraus Wellenkapelle: „Plattfuß am Texasfluss“
Quelle: youtube

Ein Zaun wird Wasser

„Ein Zaun schützt die Menschen. Menschen schützen den Zaun. Ein Zaun schützt einen Zaun. Er kommt, um Menschen zu berühren, um Menschen zu verwandeln.“ Das sind die ungewöhnlichen arabischen Eingangszeilen des neuen Masaa-Albums Irade. Und weiter: „Dein Zaun ist klares Wasser, dein Zaun ist Licht und Schatten, und das ist alles Freude.“ In einer Welt, in der die politische Großwetterlage allerorten auf das Errichten von Mauern und Zäunen ausgerichtet ist, sind das sehr optimistische Verse.

„Ich mag es, das Sinnvolle zu suchen in Dingen, die ohnehin existieren. Wenn man etwas verteufelt, dann wird man so verbittert, dass man nicht mehr drüber wegkommt“, sagt Rabih Lahoud im Interview. „Ich denke oft darüber nach, warum das auch in Deutschland immer öfter passiert, dass man andere Menschen ausgrenzt. Aber dann sehe ich immer wieder die Menschen dahinter. Die Menschen, die ausgrenzen, sind auch Menschen, und ich versuche, keine Verbitterung in mir aufzubauen, sie nicht als unwürdig einzustufen. So kann die Tat der Ausgrenzung verwandelt werden, sie soll fließen, damit sie weggeht, weitergeht, vorankommt, wie Wasser.“ Lahoud hat sich schon auf den letzten drei Alben als pointierter Poet in mehreren Sprachen hervorgetan. Mit Worten setzt er kurze, prägnante Akzente, über die man lange nachdenken kann. Dieses Dichten hat sich im wahrsten Wortsinn auf Irade nochmals „verdichtet“, wie Haikus, die japanischen Kurzzeiler schweben sie im Raum, um sie herum lange wortlose Passagen mit seiner empfindsamen, seelenvollen Stimme.

Der Weg zu diesem neuen Werk allerdings war nicht geradlinig. Masaa mussten den Weggang von Clemens Pötzsch am Klavier verkraften, sich erstmal neu sortieren. „Es kam für uns sehr überraschend“, erinnert sich Trompeter Marcus Rust zum Ausstieg des Tastenmannes. Die drei verbliebenen Musiker, neben Lahoud und Rust der Drummer Demian Kappenstein, berieten sich über das weitere Vorgehen. Ein neuer Pianist wäre nur mit dem alten verglichen worden. Und so fiel die Wahl auf einen alten Bekannten, den Gitarristen Reentko Dirks, der Masaa schon immer als seine Lieblingsband bezeichnet hatte und eine Vorbildung in orientalischer Musik hatte. „Seine Gitarre hat zwei Hälse“, erläutert Rust, er hat andere Spielmöglichkeiten, Vierteltöne zum Beispiel, und er kann ähnlich wie eine Oud, aber auch wie ein Bass klingen.“ Dirks, so sind sich alle einig, spiegele den Geist der Band wider, Dinge zu verbinden, das arabische Skalensystem des Maqam mit Flamenco-Power und ganz intimen, lyrischen Ideen. „Reentko kann sich von diesem Fee-artigen Wesen zu einem energetischen Rocker wandeln“, lacht Lahoud. „Aber insgesamt öffnet die Gitarre die zarten Welten noch mehr. Wenn ich mich darauf einlasse, was Reentko macht, dann merke ich, dass auch meine Stimme noch mehr in die leisen Nuancen hineingehen kann.“

Es sind besonders diese Passagen, die Irade zu einem sehr bewegenden Album machen: Zentral ist da ein Stück namens „Herzlicht“ , in dem Lahouds Stimme förmlich leuchtet. Kein anderes Stück trägt einen deutschen Titel, und als deutscher Hörer ertappt man sich natürlich dabei, auf ein paar Zeilen in der Muttersprache zu warten. Doch die kommen nicht. Ein wunderschöner textfreier Melodiefluss mündet am Ende in eine Kurzbeschreibung einer Seelenlandschaft im Stile von Khalil Ghibran. „Wenn mich Leute am Telefon hören, rechnen sie nicht damit wie ich aussehe“, erklärt Lahoud dieses Spiel mit den Idiomen. „Wenn sie mich dann treffen, ist das ein Riesenkonflikt zwischen dem, was an mir deutsch ist und was libanesisch sein sollte. Mit dieser Erwartung spiele ich auch bei diesem Stück. Der Konflikt ist von mir so gewollt: Denn am Ende geht es doch einfach darum, das zu genießen, was man schön findet, beide Welten in der Schönheit ihres Seins zu lassen.“

Verschiedene Welten zuzulassen, so wie sie sind – wenn das eine Maxime von Masaa ist, versteht man auch, warum sie sich in einem anderen Stück dem Philosophen und Wissenschaftler Averroes (Ibn Ruschd) nähern, der in Córdoba die Blütezeit des zwar nicht immer reibunglosen und friedlichen, aber trotzdem belebenden und fruchtbaren Miteinanders der Volksgruppen und Religionen im maurischen Andalusien mitgestaltete. Marcus Rust hatte diese Komposition ursprünglich fürs Pergamonmuseum Berlin geschaffen. Lahoud findet es bemerkenswert, dass nicht nur die Glaubensrichtungen, die sich heute wieder verstärkt „bezaunen“ vor 1000 Jahren größere Nähe hatten, sondern auch die Kunst eine enge Nachbarin der Wissenschaft war. „Dinge nicht so auseinanderzudividieren, das fasziniert mich und entspricht auch meinem inneren Wunsch, so zu sein. Und da hat die Musik die Kraft zur Vermenschlichung der Gesellschaft, denn sie braucht nicht das kognitive und analytische ‘Wer bin ich‘ und ‚Wo gehöre ich hin‘. Immer wieder erlebe ich Menschen, die berührt sind von einer Art von Musik, die sie vorher noch nie gehört haben.“

Masaas Album Irade bietet durch die vielen Verknüpfungen der Welten eine Chance zur Verständigung jenseits der Worte. Dabei lässt diese Musik durchaus auch den Schmerz zu. Etwa, wenn in „Lullaby For Jasu“ ganz offen der Krieg thematisiert wird. Rabih Lahoud ist im libanesischen Bürgerkrieg aufgewachsen, seine Eltern leben immer noch in Beirut und bekommen die derzeitigen Unruhen hautnah mit. „Ich dachte, ich hätte mehr Distanz durch mein Leben in Deutschland. Ich merkte, wie ich mich innerlich distanzieren musste, um wieder funktionieren zu können und nicht in dieser Kriegsstarre zu sein“, bekennt er. „Doch ich merke, wie ich jetzt wieder von den Nachrichten aufgesogen werde, wie diese Starre nie richtig weggeht und wie man das immer wachhalten soll, damit ein Krieg nie wieder geschehen kann.“ Bei Masaa nutzt Lahoud seine Talente für den Frieden auf eine denkbar schöne Weise.

© Stefan Franzen, erschienen auf qantara.de

Masaa: „Herzlicht“
Quelle: youtube

Listenreich II: 20 Alben für 2017

Foto by Nancy
Alma (Österreich): Oeo (col legno)
Blue Rose Code (Schottland): The Water Of Leith (Navigator Records)
Cristina Branco (Portugal): Menina (O-tone)
Canzoniere Grecanico Salentino (Italien): Canzoniere (Ponderosa Records)
Fleet Foxes (USA): Crack-Up (Nonesuch)
Jesús Guerrero (Spanien):  Calma (Flamenco de la Isla)
The Heliocentrics (UK/Slowakei): A World Of Masks (Soundways)
Matt Holubowski (Kanada):  Solitudes (Audiogram)
Sharon Jones & The Dap-Kings (USA):  Soul Of A Woman (Daptone)
Masaa (Deutschland/Libanon): Outspoken (Traumton)
Nishtiman Project (Kurdistan): Kobane (Accords Croisés)
Sílvia Pérez Cruz (Katalonien): Vestida De Nit (Universal)
Alejandra Ribera (Kanada): This Island (Pheromone)
Oumou Sangare (Mali): Mogoya (NoFormat)
Saz’iso (Albanien): At Least Wave Your Handkerchief At Me (Glitterbeat)
Barbara Schirmer (Schweiz): Falter (hackbrett.com)
Omar Sosa & Seckou Keita (Kuba/Senegal): Transparent Water (World Village)
Tribalistas (Marisa Monte, Carlinhos Brown & Arnaldo Antunes) (Brasilien): Tribalistas 2 (Phonomotor)
Mônica Vasconcelos (Brasilien/UK):  The São Paulo Tapes (Galileo)
Vein (Schweiz): Vein Plays Ravel (Double Moon)

Gefühlte Muttersprachen

Ein freigeistiges Instrumentalquartett und eine herausragende Männerstimme – das sind die Zutaten für die vielleicht glücklichste Verbindung von Jazz und arabischer Färbung, die sich derzeit in Deutschland finden lässt. Das Quartett Masaa ist auf seinem dritten Album Outspoken zur Meisterschaft gereift: Die Stücke haben nun die Stringenz von Popsongs, und wie Geistesblitze fliegen die Improvisationen zwischen der Stimme des gebürtigen Libanesen Rabih Lahoud und der Trompete von Markus Rust hin und her. Am Piano liefert Clemens Pötzsch vorwärtsdrängende Akkorde und lyrische Passagen, erfindungsreich gestaltet Perkussionist Demian Kappenstein die perkussive Arbeit, auch mit Schrotteilen und Glöckchen. Anlässlich des Release habe ich mit Rabih Lahoud gesprochen.

Rabih, euer drittes Album heißt Outspoken. Dass ihr diesen Titel so formuliert habt, könnte ja implizieren, dass auf den Vorgängern noch eine Vorsicht da war, dass Manches nicht so direkt ausformuliert wurde…

Rabih Lahoud: Der Titel Outspoken signalisiert auf jeden Fall eine Weiterentwicklung von uns als Musikern, und auch von mir selbst als Sänger und Texter. Ich habe selbst das Gefühl, dass das jetzt gerader ist und stärker nach vorne ausgesprochen. Ich habe das im Rückblick wahrgenommen: nach der Einspielung habe ich die älteren Aufnahmen angeschaut, und auf meine Stimme, auf die Art des Zusammenspiels geachtet. Und da hatte ich sofort den Eindruck, dass jetzt alles klarer ist, wie ein Spiegel, der sauber gemacht wurde. Der Titel der CD hat aber auch damit zu tun, dass so viele verschiedene Botschaften durch die unterschiedlichen Sprachen drinstecken: Die Möglichkeit, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln das sagen zu können, was einen gerade bewegt. Weiterlesen