Listenreich I: 23 Songs für 2023

Aron & The Jeri Jeri Band (Neuseeland/Senegal): „The Return Of The Golden Egg“
Quelle: youtube
Aynur (Kurdistan): „Edlayê“
Quelle: youtube
Beirut (USA/Norwegen): „So Many Plans“
Quelle: youtube
Bixiga 70 (Brasilien): „Parajú“
Quelle: youtube
Adriana Calcanhotto (Brasilien): „Jamais Admitirei“
Quelle: youtube
Sarah Chaksad Large Ensemble (Schweiz/Diverse): „Lost“
Quelle: youtube
Joy Denalane (Deutschland): „Happy“ (feat. Ghostface Killah)
Quelle: youtube

Niels Frevert (Deutschland): „Pseudopoesie“
Quelle: youtube

Carla Fuchs (Deutschland): „Sixpence“
Quelle: youtube
Yumi Ito (Schweiz): „Drama Queen“
Quelle: youtube

Petros Klampanis (Griechenland/USA): „Énteka“
Quelle: youtube
Baaba Maal (Senegal): Yerimayo Celebration“
Quelle: youtube

Maro & Sílvia Pérez Cruz (Portugal/Katalonien): „Juro Que Vi Flores“
Quelle: youtube

Masaa (Libanon/Deutschland): „Lotus“
Quelle: youtube
Mokoomba (Simbabwe): „Makisi“
Quelle: youtube
Sílvia Pérez Cruz (Katalonien): „Sin“
Quelle: youtube
Golnar Shahyar (Iran/Österreich): „Ode To Trust“
Quelle: youtube
Slowfox 5 (Deutschland) : „Taquito Militar“
Quelle: youtube
Salvador Sobral (Portugal): „Pedra Quente“
Quelle: youtube
Faraj Suleiman (Palästina): „Oriental Melody“
Quelle: youtube

Dudu Tassa & Jonny Greenwood (Israel/Irak/Großbritannien): „Taq ou-Dub“
Quelle: youtube
West Trainz (Kanada): „Hobo Jungle“
Quelle: youtube
Adrian Younge & Tony Allen (USA/Nigeria): „Ebun“
Quelle: youtube

Listenreich II: 23 Alben für 2023

Aron & The Jeri Jeri Band (Neuseeland/Senegal): Dama Bëgga Ñibi (Urban Trout Records/Indigo)
Balimaya Project (UK): When The Dust Settles (New Soil)
Bixiga 70 (Brasilien): Vapor (Glitterbeat/Indigo)
Adriana Calcanhotto (Brasilien): Errante (Modern/BMG)
Sarah Chaksad Large Ensemble (Schweiz): Together (Clap Your Hands)
Joy Denalane (Deutschland): Willpower (Four Music)
Carla Fuchs (Deutschland): Songbird (Talking Elephant)
Gurdjieff Ensemble (Armenien): Zartir (ECM)
Yumi Ito (Schweiz): Ysla (enja records Yellow Bird)
Petros Klampanis (Griechenland/USA): Tora Collective (enja)
Baaba Maal (Senegal): Being (Atelier Live)
Maro (Portugal): Hortelã (Secca Records)
Masaa (Deutschland/Libanon): Beit (Traumton/Indigo)
Marco Mezquida (Menorca): Tornado (Galileo)
Bänz Oester & The Rainmakers (Schweiz/Südafrika): Gratitude (enja)
Sílvia Pérez Cruz (Katalonien) Toda La Vida, Un Dia (Sony)
Golnar Shahyar (Iran/Österreich): Tear Drop (Klaeng Records)
Slowfox 5 (Deutschland): Atlas (rent a dog/AL!VE)
Salvador Sobral (Portugal): Timbre (Warner)
Faraj Suleiman (Palästina): As Far As It Takes (Two Gentlemen)
Dudu Tassa & Jonny Greenwood (Israel/UK): Jarak Qaribak (World Circuit/BMG)
West Trainz (Kanada): Rail Nomads (L-Abe)
Adrian Younge & Tony Allen: (USA/Nigeria): Jazz Is Dead 18 (International Anthem)

 

 

Höhenflug und Trauerarbeit

Joy Denalane
Willpower
(Four Music/Sony)

Eltern in Tagen der Krankheit und des Abschieds zu begleiten, kann eine große Herausforderung sein – und gleichzeitig eine wunderbare Erfahrung. In Joy Denalanes Song „Happy“ gibt es die Zeile „I’m happy for the loss“, und sie spielt darauf an, wie nahe sie ihrem Vater in der Zeit vor seinem Tod kommen durfte. Willpower, ihr sechstes Studioalbum, ist alles andere als eine melancholische oder gar morbide Angelegenheit, es verpackt Trauerarbeit und Neuorientierung in musikalische Höhenflüge einer Fünfzigjährigen. Eine Zeit im Leben, die, wie der Titel schon sagt, die Besinnung auf starke Willenskraft in den Mittelpunkt stellen muss, damit neues Durchstarten gelingt.

Joy Denalanes Alben waren meistens schlüssige Gesamtkunstwerke, die einer bestimmten Phase der Soulgeschichte huldigten. So war das 2017 mit Gleisdreieck, ihrem Dialog mit zeitgenössischem R&B und Hip Hop, so war es mit dem Vorgänger Let Yourself Be Loved“, mit dem sie 2020 den Gang zum Soul-Olymp Motown vollzog. Dieses Album, residierend im Sechzigersound des Detroiter Labels, wurde durch die Pandemie allerdings hart ausgebremst.

Aus den Covid-Narben, dem Verlust ihres Vaters und zudem dem Auszug ihrer Kinder ist die Berlinerin gefestigt hervorgegangen. In Willpower weht die Brise neuer Freiheit. Da passt es, dass es musikalisch mit dem eingespielten Produzenten-Team um Roberto Di Gioia und Ehegatten Max Herre dieses Mal in die Soul-Ästhetik der 1970er hineingeht. Unüberhörbar im Fokus stehen der räumliche Philly-Sound und seine verwandten Strömungen aus Chicago und New York jener Zeit, und damit die hohe Balance-Kunst zwischen Verträumtheit, seelenvoller Grandezza und Schwüle. Ein reicher Fuhrpark clever eingesetzter Moogs, Fender Rhodes und Hammondorgeln sorgt für die Textur, fruchtige Riffs auf der Gitarre füllen auf, manchmal gibt es beschwörende Backgroundchöre, die das Tor zum Gospel öffnen. So etwa in dem schon angesprochenen „Happy“, in dem sie die Trauerrede dem Gast-Rapper Ghostface Killah überlässt, bevor sie dann mit strahlender Stimme die Erinnerung an ihren südafrikanischen Daddy predigt.

Joy Denalane feat. Ghostface Killah: „Happy“
Quelle: youtube

Andere Stücke residieren in erotischer Major Seven-Harmonik, etwa das zurückgelehnte „Hideaway“, ein Loblied des Refugiums der Zweisamkeit, oder ergehen sich in schwebender Glückseligkeit: „Fly By“ ist zugleich ein Schaukasten für die Entwicklung grandioser Phrasierungen über einem simplen Akkordwechsel. Spätestens mit „Far Cry“ ist man verblüfft über das abwechslungsreiche Relief, mit dem Denalane und Team eine Epoche neu zum Leben erwecken: Mit jazzig federndem Unterbau und einer flatternden Flöte wird hier nochmal einer ganz anderen spirituellen Seite des Soul gehuldigt, wie sie etwa ein Terry Callier vertrat. Verwandt damit „Soweto“, eine Reflektion über das leider brennend aktuelle Thema der Ausgrenzung von mixed raced people. Wenn Joy Denalane im Titelstück dann den beeindruckenden Antwortchor der Selbstermächtigung ganz allein gestaltet, ist klar: Sie bleibt hierzulande eine der wichtigsten und großartigsten Stimmen im Kampf für Diversität.

© Stefan Franzen, erschienen in der Badischen Zeitung, Ausgabe vom 21.10.2023

Joy Denalane: „Fly By“
Quelle: youtube

Listenreich I: 20 Songs für 2020

Bab L’Bluz (Marokko/Frankreich): „Gnawa Beat“
Quelle: youtube
Camané & Mário Laginha (Portugal): „Se Amanhã Fosse Domingo“
Quelle: youtube
Joy Denalane (Deutschland): „I Believe“
Quelle: youtube
Electric Jalaba (UK/Marokko): „Daimla“
Quelle: youtube

Erdmöbel (Deutschland): „Beherbergungsverbot“
Quelle: youtube
Yumi Ito (Schweiz/Japan/Polen): „What Seems To Be“
Quelle: youtube

Bastien Keb (UK): Rabbit Hole“
Quelle: youtube
Kefaya & Elaha Soroor (Afghanistan/UK): „Jama Narenji“
Quelle: youtube
Awa Ly & Brahim Wone (Frankreich/Senegal): „Mesmerizing“
Quelle: youtube
Bongeziwe Mabandla (Republik Südafrika): „Khangela“
Quelle: youtube
Gustav Mahler: „Phantasie“ (Jewish Chamber Orchestra Munich)
Quelle: youtube
Masaa (Deutschland/Libanon): „Herzlicht“
Quelle: youtube
Jono McCleery (UK): „Follow“
Quelle: youtube
David Myles & Lydia Persaud (Kanada): „For The First Time“
Quelle: youtube
Sílvia Pérez Cruz (Katalonien): „Tango De La Vía Láctea“
Quelle: youtube

San Salvador (Frankreich): „Fai Sautar“
Quelle: youtube
Oumou Sangaré (Mali): „Kamelemba“
Quelle: youtube
Myles Sanko (UK): „Rainbow In Your Cloud“
Quelle: youtube
Santrofi (Ghana): Odo M’Aba“
Quelle: youtube

Anoushka Shankar feat. Alev Lenz (UK/Indien): „Bright Eyes“
Quelle: youtube

 

Listenreich I: 20 Songs für 2017

Blue Rose Code (Schottland) : „Over The Fields“
Quelle: youtube
Cristina Branco (Portugal): „E Às Vezes Dou Por Mim“
Quelle: vevo
Cristobal & The Sea (UK): „Goat Flokk“
Quelle: youtube
Joy Denalane (Deutschland): „Zuhause“
Quelle: vevo

Alemayehu Eshete & The Polyversal Souls (Äthiopien/Deutschland): „Alteleyeshegnem“
Quelle: youtube
Grèn Sémé (La Réunion): „Hors Sol“
Quelle: YouTube
Matt Holubowski (Kanada): „The Warden & The Hangman“
Quelle: youtube
Iris Electrum (Österreich): „Of Tigers And Owls (No Future, No Past)“
Quelle: youtube
Awa Ly (Senegal): „Wide Open“
Quelle: youtube
MC Solaar (Frankreich): „Géopoétique“
Quelle: youtube
Sílvia Pérez Cruz (Katalonien): „Vestida De Nit“
Quelle: youtube
Sílvia Pérez Cruz & Pájaro (Katalonien/Spanien): „Pequeño Vals Vienés“
Quelle: youtube
Cemil Qoçgiri (Deutschland/Kurdistan): „Ero Bezar“
Quelle: youtube
Alejandra Ribera (Kanada): „I Am Orlando“
Quelle: youtube
Saltland (Kanada): „Light Of Mercy“
Quelle: vimeo

Oumou Sangare (Mali): „Fadjamou“
Quelle: youtube
Saz’iso (Albanien): „Tana“
Quelle: youtube

Sun-El Musician feat. Samthing Soweto (Republik Südafrika): „Akanamali“
Quelle: youtube
Tribalistas (Brasilien): „Baião Do Mundo“
Quelle: youtube

Trio Da Kali & Kronos Quartet (Mali/USA): „Eh Ya Ye“
Quelle: youtube

Zurück ohne Stuck

joy denalane

Nach sechs Jahren Albumpause kehrt Joy Denalane, die Erfinderin des Deutschsoul mit „Gleisdreieck“ zurück. Das Album ist eine Widmung an Berlin und an ihre Vergangenheit in der Sprache eines sehr zeitgemäßen R&B und HipHop. Ein Interview mit der Queen des German Soul.

Joy, das Berliner Gleisdreieck hat nicht nur eine wechselvolle Geschichte seit über einem Jahrhundert, es ist auch in die „Die drei Detektive“ oder Udo Lindenbergs „Sonderzug nach Pankow“ verewigt. Du bist in diesem Areal aufgewachsen – warum gerade jetzt die Widmung an diesen Ort?

Joy Denalane: Das Album war schon fertig, hatte aber noch keinen Titel. Eines Morgens bin ich mit der U-Bahn am Gleisdreieck vorbei gekommen und hatte die Eingabe, dass dieser Titel gleich auf mehreren Ebenen passt: Zum einen bin da ich mit meiner DNA begründet, zum anderen ist es auch eine Metapher: Diese Gabelung, an der man um- und aussteigt, sich begegnet und verabschiedet, immer mit der Möglichkeit des Zurückkehrens. Das fand ich poetisch und treffend. Weiterlesen