Pazifische Rückkehr

Fleet Foxes
Shore
(Anti/Indigo)

Es war ein hübscher Coup, mit dem die Seattler Folkrockband ihr viertes Album veröffentlichte: Pünktlich zur Tagundnachtgleiche am 22. September streamten sie “Shore”, ihr Album zur Pandemie, die Bandleader Robin Pecknold mit dem Rückzug in seine Küche, Plätzchenbacken und die gelegentliche Teilnahme an Black Lives Matter-Demos bewältigte. Und natürlich mit Songschreiben. Paradoxerweise öffnete Corona dem zu nagenden Selbstzweifeln neigenden Pop-Poeten neue musikalische Türen. Denn mehr als alle Fleet Foxes-Alben zuvor, allen voran dem düster-mythischen Vorgänger “Crack-Up”, verströmt “Shore” den lichten Charme des Optimismus.

Die fünfzehn Songs fließen oft in majestätischen Dur-Tonarten: „Jara“ erinnert an die strahlenden, verhallten Hymnen der Byrds, „Featherweight“ kleidet sich mit leicht verstimmten Schrammelgitarren als verträumter Schlafzimmer-Folk ein, „Quiet Air“ schichtet Pecknolds Stimme zu einem fast sakralen Chor. Mit „Maestranza“ besitzt das Album eine muskulös trabende Rocknummer, mit „Cradling Mother…“ eine strahlende Apotheose, in der sich der ohnehin voluminöse Bandsound zu Blechbläsern weitet. Und trotz der mächtigen Sounds bleibt „Shore“ intim und empfindsam mit Widmungen an zu früh gegangene Musikerkollegen und an die Laute der Natur, die zwischen den Songs aufscheinen. Ein großer, Weite atmender pazifischer Trip, begleitet durch einen Film von Kersti Jan Werdal mit Bildern von der US-Westküste.

© Stefan Franzen

Fleet Foxes: „Maestranza“
Quelle: youtube

Ein Meister aus Deutschland

Das Land, in dem ich lebe, feiert 30 Jahre deutsche Einheit. Freuen kann ich mich darüber angesichts der aktuellen politischen Lage nicht. Das Wiedererstarken des Faschismus, dem von den Regierenden zu wenig entgegengesetzt wird und der unmenschliche Umgang mit den Geflüchteten hat ein unerträgliches Ausmaß angenommen.

Unsere Militärausgaben beliefen sich im Jahr auf fast 50 Milliarden Euro, nur sechs Staaten auf der Erde übertreffen diesen Wert, in Europa nur Frankreich (Quellen: https://de.statista.com/). Wer es nicht klaglos hinnehmen möchte, dass mit seinen Steuergeldern Militärausgaben finanziert werden, dem kann ich die Unterstützung des Netzwerk Friedensteuer empfehlen.

Die Hochrüstung des eigenen Landes geht Hand in Hand mit der des Auslands: Gebetsmühlenhaft wird von „Bekämpfung der Fluchtursachen“ geredet, doch eine der wichtigsten Fluchtursachen sind Kriege, die überall auf der Welt mit Waffen aus der Produktion großer deutscher Firmen geführt werden. 2019 habe die Waffenexporte nochmals einen neuen Rekordwert erreicht: erstmals über 8 Milliarden Euro.

Zweifel müssen an unserem Rechtssystem aufkommen, wenn ein Prozess gegen den Kleinwaffenhersteller Heckler & Koch mit Freisprüchen und der Verurteilung einer Sekretärin endet. Der Friedensaktivist Jürgen Grässlin hatte Strafanzeige gegen die Firma gestellt, da sie illegal Gewehre an die mexikanische Polizei geliefert hatte, die damit auch protestierende Studenten erschoss. In Dokus und einem Spielfilm sind diese Vorgänge gut aufgearbeitet.

Der Rapper Chefket hat in seinem Stück „Made In Germany“ das Thema jetzt auch musikalisch in die Öffentlichkeit gerückt. „Ich hoffe, dass die Leute den Song verstehen, ihn teilen und darauf aufmerksam machen, dass wir als Deutsche auch verantwortlich dafür sind, wenn Menschen aus Kriegsgebieten hierher flüchten müssen“, sagt Chefket.

Chefket: „Made In Germany“
Quelle: youtube

Adieu, Jujube


93 Jahre ist sie schließlich geworden und hat 70 Jahre französisches Chanson geprägt.  Eine Einzigartige, Unerreichte ist heute gegangen. Seit frühester Kindheit hat mich ihre Stimme begleitet, und ich bin dankbar, dass ich sie zweimal sehen und einmal unvermutet treffen durfte. Grand merci à une grande dame qui va me manquer amèrement.

Sieben wunderbare Momente aus ihrer Karriere.

7.  „La Complainte Du Téléphone“ (André Popp/ François Billetdoux, 1968)
Quelle: dailymotion

Angesichts des Dauerterrors der Smartphone-Ära ist es fast reizend, wie hier amouröse Kommunikationsprobleme besungen werden. Doch die letzten drei Textzeilen gelten heute auch noch: „J‘ préfère qu’on s‘ rencontre / Qu’on s‘ tienne bien tout contre / Qu’on s’embrasse, et qu‘ tu dises plus rien!“

6. „L’Ombre“ (François Mauriac/Luc Poret, 1953)
Quelle: youtube

Hier ist die Zeit ausgehebelt. Ein Rezitativ in der flirrenden Mittagshitze, vertonte Verse des Poeten François Mauriac mit einer fast spirituellen Dimension. Die orchestrale Breitwand liefert das Orchester von Jo Boyer.

5. „La Chanson Des Vieux Amants“ (Jacques Brel, 2004)
Quelle: youtube

Im Alter hat sie sich noch einmal ganz intensiv dem Werk ihres engen Freundes Jacques Brel gewidmet. Es gibt frühere Versionen mit Orchester, doch diese, mit ihrem Ehemann und langjährigen Begleiter Brels, Gérard Jouannest am Piano, lenkt die Aufmerksamkeit ganz auf den bewegenden Text von einer Liebe, die alle Stürme überstanden hat.

4. „Les Amours Perdues“ (Serge Gainsbourg, 1959)
Quelle: youtube

Der Anfang ihrer Zusammenarbeit mit Serge Gainsbourg. Ganz spannend hier zu sehen, wie sie anfangs noch mit verschränkten Händen dasteht. Ihre berühmte Gestik hat sie um diese Zeit herum allmählich entwickelt.

3. „La Folle“ (Maurice Fanon, 1972)
Quelle: youtube

Einer der unbekannteren Autoren im Chanson, den Gréco allerdings so geschätzt hat, dass sie ein ganzes Album mit seinen Texten herausgab. Die ungeheuer suggestiven Orchesterfarben kommen von François Rauber. Zu dieser Zeit war ihr Stern zumindest in Frankreich schon am Sinken und es dauerte zwanzig Jahre, bis sie von einer neuen Generation entdeckt wurde.

2. „Le Temps Des Cacahuètes“ (Claudine Garan, 1959)
Quelle: youtube

Es ist unmöglich, diesen Chanson in der Liste wegzulassen: Die Geschichte von der Ehefrau, die sich an die unbeschwerte Zeit erinnert, als sie mit ihrem Mann als  junges, verliebtes Paar durch die Straßen von Paris streifte und beide nur Geld hatten, um Erdnüsse zu kaufen. Wie schön, dass sich „cacahuète“ auf „chouette“ reimt.

1. „Miarka“ (Jean Renoir/Joseph Kosma, 1956)
Quelle: youtube

Ein nokturner Walzer, liebestrunken und fast ein wenig dämonisch. Wenn das Saxophon einsetzt, erinnert mich das an die Klangfarben aus Ravels Boléro. Ursprünglich hat Gréco ihn in Jean Renoirs Film „Weiße Margariten“ in ihrer Rolle der „Zigeunerin“ Anastasia gesungen. Überirdisch.

Radiotipp: Kristallines Orchester

Yumi Ito, Foto: Maria Jarzyna

Liebe Freund*innen,

am Dienstag, den 22.9. strahlt SRF 2 Kultur in der Sendung Jazz & World aktuell ab 20h meinen Beitrag über die Basler Musikerin Yumi Ito aus.

Jazz, Klassik, Pop, Songwriting – mit solchen dürren Begriffen kommt man der Musik von Yumi Ito nicht bei. Die Absolventin des Basler Jazzcampus agiert in den unterschiedlichsten Formationen, tritt solo, im Duo und Trio, aber auch mit einem Ensemble von 11 Musikern auf. Mit diesem Orchestra veröffentlicht sie jetzt das Album „Stardust Crystals“, das sie auch am 25.9. im Atlantis Basel im Rahmen des dortigen Jazzfestival vorstellt.

Die Sendung ist hier im Live-Stream zu verfolgen:
https://www.srf.ch/radio-srf-2-kultur/

Yumi Ito: „Stardust Crystals“ – album teaser
Quelle: youtube

Nachlese Festival „Ins Weite“ #4: Masaa

Foto: Albert Josef Schmidt

Masaa
Festival „Ins Weite“, ArTik Freiburg
06.09.2020

Souveräne Verschmelzung von Avantgarde und Tradition: Das umjubelte Konzert von Masaa beim Freiburger Festival „Ins Weite“.

Nicht selten werden der Genre-Begriff „Weltmusik“ sowie die entsprechenden Ensembles, Akteurinnen und Akteure überfordert. Der traditionelle Fundus, die Grammatik außereuropäischer Musik und die Termini westlicher (Pop-)Klänge suchen eine Vernetzung, ja Verschmelzung – doch Anspruch und Wirklichkeit, das klingende Ergebnis, lassen immer wieder zu wünschen übrig.

Dem libanesisch-deutschen Quartett „Masaa“ um den Sänger und Poeten Rabih Lahoud jedoch gelingt die interkulturelle Fusion. Wobei hier eher von einem geglückten „World Jazz“ gesprochen werden kann, den ein begeistertes Publikum im Rahmen des Freiburger Festivals „Ins Weite“ erfahren durfte. Bei diesem Open-Air-Konzert im Innenhof des Jugendkulturzentrums „ArTik“ vermählte die weitgereiste und mit diversen Preisen ausgezeichnete Formation scheinbar mühelos Merkmale eines modernen Jazz mit Texten in arabischer Sprache und mit (europäischer) kammermusikalischer Intimität. Rabih Lahoud lebte 19 Jahre in seinem Geburtsland Libanon, floh dann vor dem Krieg – und fand in Deutschland eine neue Heimat, wiederum seit 19 Jahren.

Der hervorragende, über mehrere Oktaven und eine traumhaft sichere Intonation gebietende Vokalist kann sich mit Marcus Rust (Flügelhorn, Trompete), Reentko Dirks (Doppelhalsgitarre) und Demian Kappenstein (Drums, Perkussion) auf nicht weniger gewandte Gefährten verlassen. „Masaa“ ist das arabische Wort für den Abend, den Rabih Lahoud als besonders magische Zeit wahrnimmt. Und der Sound dieses ungewöhnlichen Ensembles bewegt sich dann in (auch emotionalen) Zwischenbereichen, pendelt zwischen vitalem Duktus und poetischen Ruhezonen. Meisterlich, wie Lahoud von gesungenen Texten zu improvisierten Vokalisen wechselt, welche Ausdrucksintensität er auch in den hohen Registern erreicht.

Bezwingend auch, wenn Rabih Lahoud und der Blechbläser Marcus Rust dialogisieren, Stimme und Flügelhorn wendige Unisono-Passagen zaubern. Reentko Dirks nähert sich an der zweihalsigen Gitarre auch dem Charakter der arabischen Laute Oud oder übernimmt mal die Funktion eines Bassisten, während ein hochbeweglicher Demian Kappenstein sein Drumset zwischen feinem Drive, vertrackten Beats und vielen rhythmischen Überraschungen schwingen lässt.

Beachtlich zudem, wie diese vier Talente unangestrengt Avantgarde und Tradition, geräuschnahe Klangforschung und melodischen Schmelz zusammenführen. Masaa: ein herausragendes, ein heftig bejubeltes Event.

© Udo Andris, erschienen in der Badischen Zeitung, Ausgabe 09.09.2020

Foto: Albert Josef Schmidt

Festival „Ins Weite“: Die Septemberkonzerte


Liebe Freund*innen,

Wir sind angetan von der tollen Resonanz des Publikums, das unsere musikalischen Gäste sowohl aus der Region als auch aus dem Senegal, Marokko, Frankreich, der Mongolei, dem Iran, der Türkei, der Schweiz, Polen, Spanien und Äthiopien seit Mitte Juli begeistert und zahlreich begleitet hat.
Nach ausverkauften Konzerten am Waldsee geht das vom Kommunalen Kino Freiburg initiierte Festival

„Ins Weite. Reisen in Film, Musik und Literatur“

im September in die musikalische Zielkurve mit belgischem Postrock, deutsch-libanesischem Jazz und einem türkischen Sufi-Abend.

Am 3. und 4. September empfangen wir am Waldsee die belgische Postrock-Band We Stood Like Kings, die sich darauf spezialisiert hat, Filmklassiker neu zu vertonen – bei uns live zu Dziga Vertovs ethnographischer Sibirienreise „Ein Sechstel der Erde“ von 1926 und zur Bilderflut von „Koyaanisqatsi“, zu der vormals Philip Glass schon Musik geschrieben hatte (3. und 4.9., jeweils 21h). Beide Film-Konzerte veranstalten wir in Kooperation mit dem Slow Club e.V.

We Stood Like Kings: „A Sixth Part Of The World“ (Ausschnitt)
Quelle: youtube

Am 6.9. um 20h ist das deutsch-libanesische Quartett Masaa zu Gast: Dekoriert mit beiden wichtigen Weltmusikpreisen (creole und RUTH) stellen die Musiker um Sänger Rabih Lahoud erstmals in Freiburg ihr neues Werk Irade vor, mit bewegendem lyrischem Jazz und Texten auf Arabisch und Deutsch. Mit dabei ist auch ihr neuer Gitarrist Reentko Dirks.

Achtung: Das Masaa-Konzert wird im Innenhof des ArTik, Haslacher Straße 43 stattfinden.
Wir freuen uns, dass wir mit dem ArTik e.V. noch einen weiteren, jungen Kooperationspartner fürs Festival gewinnen konnten, der uns mit Elan unterstützt!

Masaa: „Herzlicht“
Quelle: youtube

Den Abschluss der Musikstrecke von „Ins Weite“ gestaltet wiederum am Waldsee am 10.9. um 19h30 das Sufi-Ensemble Hosh Neva um den türkischen Oud-Spieler Mehmet Ungan. Viele der Musiker lehren an der Orientalischen Akademie in Mannheim, auch Freiburgs Murat Coskun wird sich in die Gruppe integrieren. Wir freuen uns, dass wir dieses Abschlusskonzert wiederum in Zusammenarbeit mit Tamburi Mundi e.V. präsentieren können.

Hosh Neva live in München
Quelle: youtube

Tickets sind ausschließlich auf der Website des Festivals erhältlich, dort wird selbstverständlich auch über das Hygienekonzept informiert.
https://www.koki-freiburg.de/insweite/

Radiotipp: Alles erlaubt


Liebe Freund*innen,

am Donnerstag, den 3.9. strahlt Deutschlandfunk Kultur von 21h05-22h mein Porträt des österreichischen Bassisten Lukas Kranzelbinder aus.

Er ist das Enfant terrible der österreichischen Jazzszene: Lukas Kranzelbinder trägt seinen Bass in Gefilde von Surfmusik über Gnawa-Grooves bis in den Free Jazz, geht mit dem Tieftöner auf Opernbühne und Alpengipfel, lässt sich von einem kongolesischen Poeten genauso inspirieren wie von Grillengezirpe. Sein Motto: „Alles ist erlaubt“.

Gerade mal 32, aber schon ein gestandener „Hans Dampf in allen Gassen“: Für Kranzelbinder ist keine stilistische Grenze existent. Mit Trompeter Mario Roms „Interzone“ öffnete er den – gerne auch freien – Jazz in Richtung Balkan, Bossa, Disco und Schlager. Surf- und Latin-Sound erkundet er mit Expressway Sketches auf originelles „Knackbass“-Potenzial und beim SWR New Jazz Meeting stellte er für das Projekt „On Boit Lumumba“, eine Band um den kongolesischen Poeten Fiston Mwanza Mujila zusammen.

Im Fokus seines aktuellen Werks steht jedoch das österreichisch-deutsche Septett Shake Stew, in dem sich mit hochsolistischem Bläsersatz sowie doppelt besetztem Schlagzeug und Bass eine neue Jazzdimension öffnet. Diese bezieht arabische Farben und afrikanisches Flair mit ein, verknüpft Filigranes mit Funk und Free. Regelmäßig rastet das Publikum bei Shake Stew-Shows aus, bekundet seine Sympathie mit „Schreien von ganz innen“, oder mit Komplimenten wie „eure Musik kann die Toten wecken“.

Shake Stew: Grilling Cricket In a Straw Hut, pt.1″
Quelle: youtube

Die Sendung ist auf der Deutschlandfunk-Seite im Live-Stream zu verfolgen und kann nach der Ausstrahlung 7 Tage online nachgehört werden.

Live-Tipp für Hörer aus der Region Freiburg:
Shake Stew werden am 25.9. beim Jazzfestival Freiburg zwei Sets (19h und 21h) spielen:

Nachlese Festival „Ins Weite“ #3: Yumi Ito & Feven Yoseph

Foto: Mayada Wadnomiry

Das Festival „Ins Weite“ zog für zwei wunderbare Konzerte an den kühlen Waldsee.

Foto: Alexandra Heneka

Die Basler Sängerin, Komponistin und Pianistin Yumi Ito, deren Album Stardust Crystals dieser Tage erscheint, gastierte mit ihrem Trio (Kuba Dworak, Bass und Íago Fernández, Drums) und spielte ein Set voller kristalliner Zwischentöne und fein gemalter Improvisationen.

Foto: Alexandra Heneka

Yumi sang von einem Mammutbaum in San Francisco, von der mächtigen Natur in Island, widmete dem schwülen Abend ein Jazz-Haiku und ließ das Publikum in eine brasilianisch inspirierte Zugabe einstimmen.

Foto: Alexandra Heneka

Drei Tage später besuchte uns die Äthiopierin Feven Yoseph mit ihrem Berliner Quintett um den Trompeter Marcus Rust.

Foto: Mayada Wadnomiry

Feven brachte jede Menge Soul auf Amharisch mit, immer wieder aber schimmerten die Roots ihrer Heimat durch und auch eine Widmung an den Grandseigneur des Ethio-Jazz Mulatu Astatke ließ sie sich nicht nehmen.

Foto: Stefan Franzen

Danke an unser Publikum, dass diese beiden Konzerte unter erschwerten Bedingungen zu einem so familiären Erlebnis gemacht hat.

Foto: Mayada Wadnomiry

Nachlese Festival „Ins Weite“ #2: Bab L’Bluz

Foto: Alexandra Heneka

Bab L’Bluz
Mensagarten Freiburg, 16.08.2020
Festival „Ins Weite“

Respekt vor den musikalischen Traditionen des Maghreb und Leidenschaft für die Sounds der Moderne, vor allem für die Power des Rock, finden bei Bab L´Bluz zu einer stimulierenden Melange. Im Rahmen des Freiburger Open-Air-Sommerfestivals „Ins Weite“ gastierte das franko-marokkanische Quartett bei angenehmen Abendtemperaturen im gutbesuchten Mensagarten, machte mit seinem Debüt-Album Nayda! vertraut. Nayda steht seit der Jahrtausendwende für eine musikalische Jugendbewegung in Marokko, die sich für Freiheit, auch die Rechte diverser Minderheiten, engagiert. Das Wort bedeutet ebenso „Party“, aber auch intellektuelles Erwachen, eine aufrechte Haltung.

Frontfrau Yousra Mansour von der marokkanischen Atlantikküste gefällt nicht nur mit agilem, wandlungsfähigen und hochemotionalen Gesang, sondern auch mit ihrem Spiel auf der dreisaitigen Laute Awisha. Gemeinsam mit Brice Bottin aus Lyon an der (ebenfalls dreisaitigen), ursprünglich schwarzafrikanischen Basslaute Guembri sowie Drummer Hafid Zouaoui und dem  Flötisten/Perkussionisten Jérome Bartolomé begeisterte die Band mit ihrem Wüsten-Rock, zusammengesetzt unter anderem aus Elementen verschiedener marokkanischer Provinzen. Eine vitale Mixtur aus der rituellen, tranceorientierten Musik der Gnawa (Nachfahren schwarzafrikanischer Sklaven aus dem Westen des Kontinents), aus Musik der Berber und Poesie der Hassania (Mauretanien) – und eben Strukturen eines westlichen, auch psychedelischen Rock.

Foto: Alexandra Heneka

Wehmütige, nachdenkliche Weisen erhalten Raum, aber auch extrovertiertes Party-Feeling. Yousra Mansour und Brice Bottin haben ihre Saiteninstrumente elektrifiziert, geben dem Gruppen-Sound dadurch zusätzliche Masse und voluminöse Grooves. Die Band entwickelt auch immer wieder mal unaufgeregte, geduldig formulierte Improvisationen. Hier weckt das Flötenspiel eines  Jêrome Bartolomé besondere Aufmerksamkeit. Gekonnt auch, wie diese vier Talente die melodisch-rhythmischen Feinheiten Nordafrikas mit einem kompakten Rock-Gestus verzahnen. Ein permanenter Genuss dann auch die komplexe, energiegeladene Arbeit, das souveräne Timing eines Hafid Zouaoui am Drum-Set. Bab L´Bluz (= Tor zum Blues) gehören mit ihrem Gig ganz sicher zu den musikalischen Glanzlichtern des „Ins Weite“-Festivals.

© Udo Andris

Foto: Stefan Franzen

Nachlese Festival „Ins Weite“ #1: Awa Ly & Brahim Wone

Foto: Jens-Taro Herbel

Awa Ly und Brahim Wone eröffneten im Mensagarten Freiburg das Musikprogramm des Festivals „Ins Weite“ mit einer bewegenden, intimen und sehr warmherzigen musikalischen Zwiesprache. Sie spielten zum ersten Mal seit März wieder vor Publikum. Ich werde nie vergessen, wie Awa am Ende zu „Summertime“ durch den nächtlichen Garten tanzte. Ein Geschenk an Freiburg.

Foto: Stefan Franzen

Danke an alle, die mitgeholfen haben, dass dieses Konzert so wunderbar werden konnte, und ein großes Dankeschön auch ans Publikum, das fast andächtig zugelauscht hat. Et bien sûr: Merci mille fois à Awa et Brahim pour ce chaleureux cadeau que vous avez fait à notre ville!

Foto: Jens-Taro Herbel