Der Architekt des Afrobeats: Tony Allen ist gegangen

Tony Allen in Essaouira, Marokko, Mai 2015 (Foto: Stefan Franzen)

Mit großer Bestürzung hat die Musikwelt den plötzlichen Tod der Schlagzeuglegende Tony Allen aufgenommen. Der 79-Jährige starb am gestrigen Donnerstag völlig unerwartet in seiner Wahlheimat Paris, kurz nachdem er ins Krankenhaus eingeliefert worden war, weil er sich unwohl fühlte. Sein Tod steht offenbar nicht im Zusammenhang mit Covid-19.

Heute ist der Begriff „Afrobeat“ weltweit in aller Munde, sein Architekt war Tony Allen. 1940 im nigerianischen Lagos geboren, formte er die afrikanische Popmusik seit den Sechzigern entscheidend mit. „Ich wollte der beste Drummer Nigerias werden, hatte aber anfangs keinen blassen Schimmer, wie ich das anstellen sollte“, erinnerte er sich in seiner Wahlheimat Paris während eines Interviews mit dem Autor. „Da geriet mir die Jazz-Zeitschrift Down Beat in die Hände, mit einer Lektion von meinem amerikanischen Kollegen Max Roach. Seine Anweisungen kombinierte ich mit allem, was ich vorher in Nigeria gelernt hatte – und plötzlich spielte ich wie niemand anders.“ Ein weiteres Idol wird Art Blakey.

Erstmals wandte Allen seine Spielweise bei der Combo Cool Cats von Victor Olaiya an. Aufmerksam auf seine rhythmischen Künste wurde 1964 ein weiterer Landsmann: Fela Kuti, charismatischer Bandleader, gerade auf der Suche nach einem Drummer für seine Koola Lobitos: „Er sagte, ich würde wie vier Schlagzeuger gleichzeitig spielen“, erinnerte sich Allen. Tatsächlich rätseln Drummer bis heute über das synkopische, polyrhythmische Hexenwerk, das Allen mit verblüffend ökonomischer Spielweise zauberte. Er verschmolz mit seinem Drumkit, liebkoste die Felle aus dem Handgelenk, bediente das Bassdrum-Pedal kernig und zärtlich zugleich. Dabei glich er einem passioniert rührenden Koch am heimischen Herd, und tatsächlich hieß später denn auch eines seiner zentralen Werke Home Cooking.

Tony Allen teaches Tim Jonze
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Gemeinsam entwickelten Allen und Kuti 1968/69 aus dem in Westafrika populären Highlife, Yoruba-Traditionen und Jazz-Einflüssen einen neuen Stil, den Fela auch politisch auflud: Hypnotische Grooves und Antwortchöre mit provokanten Texten an die Adresse der korrupten Machthaber – diese manchmal 30 Minuten langen Stücke werden prägend für die neue Band Africa 70. Immer wieder ist die Parallele gezogen worden zwischen Afrobeat und dem Funk von James Brown.

Allen stellte in meinem Interview für Jazz thing 2008 klar: „Ich würde nie sagen, Funk habe aktiv den Afrobeat beeinflusst, auch nicht die Gegenrichtung. Das passierte allenfalls unterschwellig. Aber es war tatsächlich so, dass Brown mit seiner ganzen Band nach Lagos kam und seinen Arrangeur als Spion neben mich setzte. Der sollte genau aufschreiben, was ich da spiele. Ich dachte mir damals: ‚OK, in aller Ruhe warte ich jetzt mal ab, ob irgendjemand mich imitieren kann.’ Ich warte bis heute!“

Nachdem Allen 30 Platten mit Kutis Afrobeat-Orchester eingespielt hat, gingen die beiden Ende der 1970er getrennte Wege. Die Allüren seines Chefs, die riesige Entourage von Africa 70 – das war nicht die Welt des bescheidenen Mannes mit der schnarrenden Stimme. Bei Africa 70 war er auch meist ganz im Hintergrund gestanden, signfikant, dass er in diesem Live-Video aus dem Jahre 1978 überhaupt nicht ins Bild kommt:

Fela Kuti: Pansa Pansa (Berlin 1978)
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Allen nahm zunächst nur ein paar wenige Alben unter eigenem Namen auf, No Accommodation For Lagos das wichtigste unter ihnen. In der Wahlheimat Paris musste er lange Durststrecken durchstehen, bis ihn zur Jahrtausendwende eine neue Generation wiederentdeckte. Dafür verantwortlich war zunächst der Elektro-Produzent Doctor L, der mit ihm psychedelisch eingefärbte Werke wie Black Voices einspielte, auch der finnische Musiker Jimi Tenor entdeckte den Nigerianer. Ab diesem Zeitpunkt ging Allen unzählige Teamworks ein. Man konnte ihn in Marokko beim Gnawa-Festival von Essaouira mit Sufis auf der Bühne sehen, als Rhythmusgeber für eine haitianische Bigband, und in Damon Albarns afro-europäischem Trupp „Africa Express“ wurde er Stammgast. Fast ein Dutzend Scheiben veröffentlichte er während seines zweiten Frühlings, unter ihnen das grandiose Alterswerk The Source, entstanden 2017 mit Musikern, die alle einer anderen Generation als er selbst angehören.

Tony Allen: „The Source“ (Teaser)
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Und vor wenigen Wochen erschien noch Rejoice, eine Session, die mit dem 2018 verstorbenen südafrikanischen Flügelhornisten Hugh Masekela von World Circuit-Produzent Nick Gold eingefangen worden war und nun zum doppelten Vermächtnis wird. Parallel dazu war es ihm immer ein Anliegen, wie etwa auf Secret Agent (2008), junge nigerianische Musiker zu fördern. Tony Allen konnte sich im Alter darüber freuen, dass der Afrobeat zu einer globalen Angelegenheit wurde. Bands in Brooklyn und Toronto aber auch in Berlin, Stockholm und Tel Aviv haben Allens und Fela Kutis Errungenschaften adaptiert. „Ich sehe, wie der Baum, den ich mal gepflanzt habe, viele Zweige bekommen hat“, sagte er mit einem milden Schmunzeln.

Einige meiner Erinnerungen an ihn sind besonders: Erstmals traf ich Tony nahe der Porte de Clignancourt im Norden von Paris zu einem eindrucksvollen Interview im Séparée eines arabischen Teehauses, wo er nach dem langen Gespräch noch die Geduld hatte, mir unzählige LPs zu signieren. 2013 sah ich ihn völlig unvorbereitet, wie er während eines Konzerts der New Yorker Afrobeat-Band Antibalas für einen Gastauftritt bei Jazz à La Vilette auf die Bühne kam, und der Antibalas-Drummer Miles Arntzen ehrfürchtig in die zweite Reihe zurück trat. Zwei Jahre später erklärte er uns Journalisten im marokkanischen Essaouira, mit seiner sanften Stimme kaum über die parallelen Muezzin-Rufe hinwegdringend, wie sich die Afrobeat-Rhythmik mit der der Gnawas wunderbar vereinbaren lässt, und lieferte dann mit dem Gnawa-Meister Mohammed Koyou aus Marrakesch eine relaxte Mitternachtssession zur hereinrollenden Gischt des Atlantiks ab.

Zuletzt habe ich Tony exakt vor einem halben Jahr beim Jazz No Jazz-Festival in Zürich gesehen: Ich bin vorsichtig mit dem überstrapazierten Wort „Trance“, aber was an Allerheiligen 2019 mit der jungen „The Source“-Band entstand, versetzte mich in einen Zustand, der nicht mehr ganz diesseitig war. „Ihr seid ja nicht hier, um mich reden zu hören“, entschuldigte sich Tony Allen an jenem Abend für seine knappen Ansagen. Ein Mann der großen Worte war er nicht, wohl aber des großen Spiels. Mit Tony Allen verlieren wir einen unvergleichlichen Polyrhythmiker, der hohes technisches Können, unermüdlichen Einsatz für seine Musik und eine anrührende Menschlichkeit in sich vereinte.

© Stefan Franzen

Tony Allen: „Moanin'“
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Mister Makossa ist verstummt

Dieser Nachruf ist ein besonders bitterer.

Für viele ist Covid-19 immer noch ein Abstraktum, und ich sehe beim Waldspaziergang oder beim Einkaufen, wie nachlässig viele Freiburger aus allen Altersgruppen mit den derzeitigen Verhaltensregeln umgehen, sich sogar darüber lustig machen. Die Bedrohung ist sehr real, und wir als Musikbegeisterte können sie vielleicht ein bisschen besser mit Händen greifen, wenn wir jetzt vermelden müssen, dass ein prominenter Musiker das Corona-Virus nicht überlebt hat.

Am Dienstag ist im Alter von 86 Jahren der kamerunische Saxophonist Manu Dibango an Covid-19 gestorben. Bereits am 18. März hatte er via Facebook seine Infizierung öffentlich gemacht, war da aber noch guten Mutes, die Krankheit zu überstehen. Freiburg hatte 2016 noch das Glück, den Musiker im Jazzhaus zu empfangen. Mit seiner Soul Makossa Gang spielte er ein tiefenentspanntes Konzert, scherzend und plaudernd zwischen seinem typischen Nuschelgesang, lyrisch und zart swingend auf seinem Altsax wie niemand sonst im Afrojazz.

Als Emmanuel N’Djoké Dibango 1933 in der Stadt Douala geboren, kam er schon als Jugendlicher nach Frankreich, wo ihn sein Landsmann Francis Bebey, Vorreiter in der Verknüpfung von Jazz und afrikanischer Musik, unter die Fittiche nahm. Manu erlernte das Piano, begeisterte sich aber bald schon mehr fürs Saxophon. In Brüssel schlug er sich als Kneipenmusiker durch, ging dann afrikaweit mit dem kongolesischen Rumbastar Joseph Kabasele auf Tour.

Zurück in Paris startet er 1969 seine Solokarriere. Eines seiner frühen Stücke wurde auch gleich sein Markenzeichen – bis heute: Der 1972 veröffentlichte „Soul Makossa“ (Makossa leitet sich ab vom Tanz „Kossa“ aus Dibangos Heimatregion Douala) avancierte zu einem der ersten Disco-Stücke überhaupt, wurde weltberühmt. Am grandiosen Groove von Dibangos Tanzhymne bediente sich auch Michael Jackson in „Wanna Be Startin‘ Somethin‘“: Der Urheber verklagte den Soulstar und erhielt nach zähem Ringen Tantiemen.

Als Gigant des Afrojazz arbeitete Dibango in der Folge mit Größen von Fela Kuti bis Hugh Masekela. Dabei blieb er im weiteren Laufe seiner Karriere immer zeitgemäß. „Home Made“, „Africadelic“, „Waka Juju“ und „Afrijazzy“ heißen einige seiner herausragenden Werke, auf denen er stilbildend traditionelle Rhythmen mit Funk und HipHop verknüpft. Für „Electric Africa“, sein Flirt mit der Fusion, holte er sogar Herbie Hancock ins Boot. Und zu seinem Sechzigsten schenkte er sich selbst die Platte „Wakafrika“, die Gäste Youssou N’Dour, Angélique Kidjo, King Sunny Ade und Salif Keita lesen sich wie ein Kompendium der afrikanischen Popmusik.

Kulturminister Jack Lang dekorierte den Musiker bereits 1986 mit der Medaille des Arts et des Lettres, und die UNESCO zeichnete ihn 2004 als „Künstler für den Frieden“ aus. Betagt und trotzdem quicklebendig stand er auch in den letzten Jahren auf der Bühne: mit einem Rückblick auf seine Karriere, einem Sydney Bechet-Programm und mit dem Projekt „Safari Symphonique“, einer Verbindung von Jazz und Klassik, mit der er 60-jähriges Bühnenjubiläum feierte.

© Stefan Franzen

Manu Dibango & Soul Makossa Gang: Live At Jazz In Marciac 2019
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Gigantengipfel: Hugh und Tony


Zwei Giganten der afrikanischen Musik, einer bereits nicht mehr unter uns, veröffentlichen am 20.3. ihr einziges gemeinsames Album. „Rejoice“ ist eine Erinnerung an eine einzigartige Freundschaft und künstlerische Partnerschaft zwischen dem 2018 verstorbenen Hugh Masekela und Tony Allen.

Der südafrikanische Trompeter und der nigerianische Drummer kannten sich seit den 1970ern und strebten über Jahrzehnte an, zusammen eine Platte aufzunehmen. Geklappt hat es erst 2010, als sich in London ihre Tournee-Wege kreuzten. World Circuit-Pultarchitekt Nick Gold profitierte von der Gunst der Stunde und fing intime Sessions ein, in denen Masekela auch als Sänger zu hören ist und zu denen er die junge Generation der britischen Jazz-Kapitale hinzuzog (etwa Tom Herbert oder Joe Armon-Jones). Allerdings blieben die Aufnahmen unvollendet, posthum hat Gold sie jetzt fertiggestellt, mit Allen, der das Ergebnis launig als „a kind of South African-Nigerian swing-jazz stew“ charakterisiert.

Tony Allen wird die Sessions mit seinem verstorbenen Freund auch zum Thema einiger seiner Europa-Shows machen, unter anderem im Berliner Club SO36 am 8.5.

Hugh Masekela & Tony Allen: „We’ve Landed“
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Mama Jazz ist gegangen

Fast 70 Jahre lang zählte sie zu den großen Stimmen des südlichen Afrikas: Am vergangenen Samstag ist die Sängerin Dorothy Masuka im Alter von 83 Jahren gestorben. Ihre Karriere begann die im heutigen Simbabwe geborene Künstlerin, die auch die „Mama des afrikanischen Jazz“ genannt wurde, 1951 in Johannesburg. In den frühen Jahren sang sie zusammen mit Miriam Makeba und Hugh Masekela. Ihre Spezialität war der „Marabi“, ein Mix aus simbabwischer Tradition und südafrikanischen Einflüssen, die durch die Zulu-Einwanderer nach Simbabwe gekommen waren, mit Swing. In ihren oft auf Ndebele gesungenen Liedern setzte sich Masuka mehr und mehr für die Befreiung von kolonialer Herrschaft und Apartheid ein, auch dem kongolesischen Freiheitskämpfer Patrice Lumumba widmete sie einen Song. Die Autoritäten verbannten sie daraufhin nach Sambia. Nach Jahrzehnte langem Exil konnte Dorothy Masuka in die Heimat zurückkehren. Bis zuletzt war sie in Südafrika, Simbabwe und im Ausland auf der Bühne, 2017 sang sie noch in der New Yorker Town Hall in einer Show von Abdullah Ibrahim. Zu ihren großen Hits zählen “Hamba Nontsokolo”, “Khawuleza” und „Five Bells“.

Dorothy Masuka: „Ngihamba Ngedwa“
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Südafrikas Klang als Weltsprache

Sein Ton auf dem Flügelhorn ließ sich leicht wiedererkennen: Wenn Hugh Masekela spielte, dann ergriff er bei aller Virtuosität seine Hörer vor allem mit einem ungeheuer warmen Vibrato und der Sanglichkeit seiner Melodien. In seiner langen Vita spiegelt sich die wechselvolle Geschichte Südafrikas zwischen Apartheid und Freiheit wider, seine Musik umfasst schier alle Farben aus dem südlichen Teil des Kontinents. Mit 78 Jahren ist Masekela, nach Miriam Makeba der bekannteste Künstler Südafrikas, heute nach schwerer Krankheit in Johannesburg gestorben.

Durch die Aufnahmen des Starkornettisten Bix Beiderbecke fand der Sohn eines Bergmanns aus Witbank zur Trompete. Und er spielte bald auf einer ganz besonderen: Der Leiter seines Jugendorchesters brachte sie dem Lieblingsschützling direkt aus den Händen Louis Armstrongs mit. Ende der 1950er ermöglichte ihm die Revue „King Kong“ den Kontakt zu ersten Liga der südafrikanischen Musiker, unter ihnen eine junge Miriam Makeba. Später heiratete er die sieben Jahre alte Sängerin, lange hielt die Ehe allerdings nicht. Bei den Hardboppern der Jazz Epistles, bei denen er 1959 einstieg, agierte er Seite an Seite mit dem Pianisten Abdullah Ibrahim (damals noch unter dem Namen Dollar Brand).

Als 1960 das Massaker von Sharpeville nach einer friedlichen Demonstration gegen die Passgesetze zu tiefer Verunsicherung führte, verließen viele Künstler das Land: Masekela ging zuerst nach London, bald darauf in die USA, wo ihn etwa der Instrumentenkollege Dizzy Gillespie bereicherte. Auf den dort entstandenen frühen Alben koppelte er Jazz pionierhaft mit den Tönen seiner Heimat, etwa mit Sowetos neuer Zulu-Popmusik Mbaqanga. Schließlich veröffentlichte er 1968 den Meilenstein „The Promise Of The Future“, das sich nicht zuletzt wegen des Nr.1-Hits „Grazin‘ In The Grass“ vier Millionen mal verkaufte. Berührungsängste mit dem Pop hatte er fortan keine mehr: Mit großem Erfolg coverte er den Ohrwurm „Mas Que Nada“ des brasilianischen Kollegen Jorge Ben oder „You Keep Me Hangin‘ On“ aus Amerikas Hitschmiede Motown. Soul und Funk traten in seinem Spiel immer mehr in den Vordergrund, der Jazz und die Traditionen seiner Heimat blieben aber die stets hörbare Grundierung.

Nach seiner Ausbürgerung aus Südafrika pendelte Masekela zwischen den USA, Ghana, Nigeria und Zaire, arbeitete transatlantisch mit den besten Musikern, von den Jazz Crusaders bis Fela Kuti. In Ghana entstand der „Soweto Blues“, den er unter dem Eindruck der Aufstände in der Heimat schrieb. Weitere Klassiker sind das Lied „Stimela“ über einen Kohlezug, oder das elegant swingende „Market Place“, das ihn vor allem als Sänger zeigt: Denn Hugh Masekela verfügte auch über einen warmherzigen, kraftvollen Bariton. Der Anti-Apartheid-Bewegung lieferte er mit „Bring Him Back Home“ eine Hymne. Gemeint ist natürlich niemand anders als Nelson Mandela, für dessen Freilassung auch Masekela kämpfte.

Nach seiner Rückkehr ins demokratische Südafrika förderte er Musiker der neuen Generation, dehnte seine Kollaborationen auf Rap und Kwaito, die südafrikanische House-Variante aus. Bis ins neue Millennium blieb der mit mehreren Ehrendoktorwürden dekorierte, von Obama ins Weiße Haus geladene Masekela unermüdlich aktiv, und in Texten gegen Korruption, Hungersnöte und Klimawandel streitbar.

„Als ich ein Kind war, dachte ich, dass da kleine Menschen im Grammophon leben und die Musik machen“, erzählte er einmal. „Alles was ich wollte, war, mit Louis Armstrong, Duke Ellington, Muddy Waters und den ganzen anderen da unten drin zu sitzen. Und ich habe es geschafft: Seitdem habe ich da drin gelebt.“ Mit Hugh Masekela geht ein großer Mensch und Musiker, der Südafrikas Klänge wie kein Anderer zur Weltsprache geformt hat.

© Stefan Franzen, erschienen in der Badischen Zeitung vom 24.1.2018

Hugh Masekela: „Market Place“ (live at AVO Session Basel 2008)
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Mobutus Woodstock

Various Artists
Zaire 74 – The African Artists
(Wrasse)

Das Live-Konzert, das vor 43 Jahren in Kinshasa dem legendären “Rumble In The Jungle”-Boxkampf zwischen Muhammad Ali und George Foreman vorausging, war ausschnittsweise schon im Dokumentarfilm “Soul Power” von 2008 zu sehen. Dort allerdings wurde der Fokus vor allem auf die internationalen Acts wie James Brown oder die Fania All Stars gelegt. “Zaire 74” rückt jetzt ausführlich fünf Afro-Künstler ins Rampenlicht. Allein schon wegen der explosiven Show von Tabu Ley lohnt sich diese Anschaffung: Afrisa, die Band des Soukouss-Meisters heizt mit glühendem Blech, Funk-geladenen Gitarren und unaufhaltsamer Rhythmussektion durchs Repertoire. Damit übertrumpft sie sogar den Superstar Franco und sein Orchester T.PO.K. Jazz, der hier auf schmelzendere Nummern Wert legt, die unverzeihlicherweise bei den Impro-Parts teils ausgeblendet werden. Miriam Makeba ist mit einem sehr folkigen Akustikauftritt vertreten, bevor sich mit dem Orchestre Stukas eine bei uns unbekanntere Rumba-Combo ins Zeug legt. Ein schönes Booklet mit Erinnerungen des Festivalproduzent Hugh Masekela rundet das feine Päckchen ab.

Tabu Ley & Franco @ Zaire 74
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