Zwischen Rumba und Cumbia

Juanita Euka
Mabanzo
(Strut/Indigo)

Juanita Euka ist die Nichte des Rumbagitarren-Giganten Franco aus dem Kongo. Verwandtschaftliche Verhältnisse geklärt – aber was sagt das über ihre Musik auf Mabanzo aus? Herzlich wenig. Denn die heute in London lebende Dame ist nicht nur halb Kongolesin, sondern auch halb Argentinierin, und sie schert sich in ihren Songs ohnehin nicht um Gene und Geographie. Deshalb schafft sie auf diesem Album einen spannenden Brückenschlag vom Salsa über Soul bis zur Rumba Congolaise. Im Opener „Alma Seca“ sind Anklänge an die Polyrhythmik des Afrobeats mit zirpender kubanischer Tres-Gitarre und wimmernden Synthesizern verknüpft. „Mboka Moko“ verbandelt Salsa-Bläser mit cooler Neo Soul-Melodik. Cumbia-Rhythmik und eine swingende Blechblas-Bigband gibt es in „For All It’s Worth“, „Na Lingi Mobali Te“ dagegen pumpt einen Rumba-Groove raus, inklusive der in höchsten Lagen jubilierenden Klick-Gitarren, über die sich Onkel Franco gefreut hätte.

Ein spaßiger Zwitter aus Cumbia- und Zouk-Romantik bietet sich in „Motema“ an, komplexe Trommel-Patterns dominieren „Baño De Oro“, und eine nochmalige Latin-Neo-Soul-Fusion gelingt in „Blood“. Doch der stilistische „Instrumentenkasten“ ist noch nicht ausgeschöpft: Samba-Unterfütterung mit Stevie Wonder-Flair hält „War Is Over“ parat. Und plötzlich überrascht ein Song wie „Sueños De Liberdad“ mit großem Anden-Herz und Streichquartett. Hier ist Heterogenität eine Tugend. Dass all diese Fülle – wie im Booklet zu lesen – tatsächlich in Lockdown-Heimstudios fabriziert worden ist, mag man es kaum glauben. Wenige Scheiben in diesem Frühjahr beherbergen so viel Abwechslungsreichtum!

© Stefan Franzen

Juanita Euka: „Alma Seca“
Quelle: youtube

Mobutus Woodstock

Various Artists
Zaire 74 – The African Artists
(Wrasse)

Das Live-Konzert, das vor 43 Jahren in Kinshasa dem legendären “Rumble In The Jungle”-Boxkampf zwischen Muhammad Ali und George Foreman vorausging, war ausschnittsweise schon im Dokumentarfilm “Soul Power” von 2008 zu sehen. Dort allerdings wurde der Fokus vor allem auf die internationalen Acts wie James Brown oder die Fania All Stars gelegt. “Zaire 74” rückt jetzt ausführlich fünf Afro-Künstler ins Rampenlicht. Allein schon wegen der explosiven Show von Tabu Ley lohnt sich diese Anschaffung: Afrisa, die Band des Soukouss-Meisters heizt mit glühendem Blech, Funk-geladenen Gitarren und unaufhaltsamer Rhythmussektion durchs Repertoire. Damit übertrumpft sie sogar den Superstar Franco und sein Orchester T.PO.K. Jazz, der hier auf schmelzendere Nummern Wert legt, die unverzeihlicherweise bei den Impro-Parts teils ausgeblendet werden. Miriam Makeba ist mit einem sehr folkigen Akustikauftritt vertreten, bevor sich mit dem Orchestre Stukas eine bei uns unbekanntere Rumba-Combo ins Zeug legt. Ein schönes Booklet mit Erinnerungen des Festivalproduzent Hugh Masekela rundet das feine Päckchen ab.

Tabu Ley & Franco @ Zaire 74
Quelle: youtube

Schatzkiste #26: Süßer Gitarrenschmelz

franco & t.p.o.k.jazz - en colèreFranco & Le T.P.O.K. Jazz
En Colère – On Entre O.K. On Sort K.O.
(Makossa International Recordings, 1980)

gefunden auf: ebay

Der 1989 verstorbene kongolesische Gitarrenkönig mit seiner Bigband in Hochform. Die Aufnahme stammt aus der Phase, als die rootsige kongolesische Rumba sich zum plakativen Soukouss verdichtet hatte, aber noch nicht mit Drummaschinen und klebrigen Keyboards aufgefüllt wurde.  Vier epische Stücke, in denen sich elegante Mänerchöre, Bläser, die mich schon fast an die Basler Guggenmusik erinnern, swingende Polyrhythmik und vor allem Francos glitzernde Gitarrenphrasen zwischen dem 22. und 24. Bund austoben. Mein Soundtrack zum Augustausklang.

Franco & Le T.P.O.K. Jazz: „Tomkoma Bacamarade Pamba“
Quelle: youtube