Reinhold-Schneider-Preis: Murat Coşkun

 Fotos: Patrick Seeger

 

Laudatio auf Murat Coşkun
Festakt anlässlich der Verleihung des Reinhold-Schneider-Preises 2024

Kaisersaal, Historisches Kaufhaus Freiburg
Freitag, 22.11.2024

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr von Kirchbach, liebe Jury, liebe Preisträgerinnen und Preisträger!

13/8, 5/4, 9/8: Diese komischen Zahlenkombinationen auf meinem Shirt sind keine Ergebnisse aus einer – zugegeben – sehr torreichen Fußball-Liga, sondern sie haben etwas zu tun mit meiner ersten Begegnung mit dem heutigen Preisträger. Lassen Sie uns gemeinsam in eine Zeitmaschine steigen, es geht ins Jahr 1996. Stellen Sie sich einen jungen Studenten vor, dem die Musikwissenschaft an der Uni zu trocken geworden ist und der sich deshalb im Jazzhaus engagiert. Leicht gealtert steht er vor Ihnen. Jeden Dienstag gibt es dort eine open stage, bei der sich mal eher folkige, mal eher bluesige Newcomer ausprobieren. An diesem einen Abend im Jahr ‘96 aber passiert Denkwürdiges:

Ein Trio erklimmt die Bühne, mit Klarinette, Perkussion und E-Bass, ihren Fanclub haben die drei auch gleich dabei – und innerhalb von Minuten entfachen sie im Gewölbe eine türkische Tanzparty. Annette Maye, Ayhan Coşkun und Murat Coşkun heißen die Akteure.

Die besondere Würze dieses Auftritts: Murats Bruder Ayhan, der eben backstage noch ein Nickerchen gehalten hat, spielt schlaftrunken einen 10/8-Rhythmus, während die anderen beiden eisern den vereinbarten 9/8-Takt durchziehen. Eine würdige Feuertaufe für das Ensemble FisFüz, das am nächsten Morgen in Freiburg Stadtgespräch ist.

Murat Coşkun: Schon damals also ein Meister der ungeraden Taktarten. Das von ihm und Annette Maye gegründete Ensemble FisFüz erhält bald den Weltmusikpreis des SWR, das Goethe-Institut schickt die Musiker in so entfernte Gefilde wie den Iran und Nordafrika. Während der nun 28 Jahre ihres Bestehens haben die FisFüzler in verschiedenen Besetzungen den Oriental Jazz pionierhaft belebt und an anderen Stilen angedockt. Das Freiburger Barockorchester, Giora Feidman, Gianluigi Trovesi, Michel Godard – nur einige der Prominenten, mit denen Murat Çoşkuns Trio gespielt hat. Das ensemble FisFüz ist aber nur eine der Heimaten für den 2004 mit dem ZMF-Preis ausgezeichneten Murat Coşkun.

Auf seinem Hang und seinen verschiedensten Rahmentrommeln, mögen sie Daf, Bendir, Riqq, Tamburello oder Kanjira heißen, erschafft er mit oft innovativen Fingertechniken auch solo eine eigene Welt, sein „Groovistan“. Ein Rattern und Klappern, ein Tickern und Tacken, Keckern und Ploppen – manchmal auch ein Farzen, majestätisch schreitend, furios galoppierend, sanft liebkosend, hitzig mitreißend. Er beschwört so den Ostwind über dem anatolischen Hochland herauf, porträtiert eine zischende Klapperschlange, kreiert einen „Maulwurf-Rhythmus“, vertont sogar den Geschmack einer süßen orientalischen Suppe. Sein magisches Schlagwerk-Arsenal von Holzlöffeln bis zu Klangschalen breitet er gerne auch mal überkonfessionell auf einem Kirchenaltar aus. Und dank seiner Stimme hat er auch dafür gesorgt, dass der Mystiker Yunus Emre und der polnisch-osmanische Musiksammler Ali Ufki fest verankert sind im Allgemeinwissen der Freiburgerinnen und Freiburger.

Das ist der Perkussionist und Sänger Murat Coşkun, der sich von Meistern wie Hakim Ludin oder Glen Velez schulen ließ, den Schlagzeug-Professor Bernhard Wulff als seinen großen Mentor nennt.

Und der schließlich selbst seine ganz eigene Klangfarbe und Klangsprache weitergibt. Denn im Perkussionisten Murat Çoşkun wohnt auch ein unermüdlicher, erfindungsreicher Pädagoge. An der Popakademie in Mannheim gleiste er einen neuartigen, dreijährigen Studiengang der World Percussion auf. Füllte ihn pionierhaft mit Lehrinhalten, strukturierte die Rhythmus-Theorie neu, holte für die verschiedenen Fachrichtungen weitere namhafte Dozenten ins Boot. Und als Gastdozent vermittelt er an der Musikhochschule Freiburg seine eigene Lehrmethode für Rahmentrommeln und Rhythmustraining. Längst hat er all diese Expertise natürlich auch schon an seinen Nachwuchs, an Malika und Yaschar, weitergegeben – mit welch wunderbarem Ergebnis werden, Sie gleich hören können.

Aus seiner Tätigkeit als Pädagoge schält sich 2006 auch das schönste globale Aushängeschild seiner Arbeit heraus: das Festival Tamburi Mundi. Als Journalist, der viele Festivals in Europa und Übersee besucht hat, kann ich sagen: eine einmalige Erfolgsstory und Visitenkarte für Freiburgs Weltoffenheit.

Viele Tausend Gäste konnten dort marokkanische Sufiklänge, koreanische Rituale, italienische, tadschikische, irische, brasilianische, persische und amerikanische Trommelvirtuosen in immer neuen, erfindungsreichen Konstellationen erleben – und für all diese Begegnungen baut die Rahmentrommel in Kursen und Konzerten immer neue Brücken.

Ganz besonders ist mir der Jahrgang 2015 in Erinnerung geblieben, er stand unter dem Motto „Eine Begegnung von Freunden“. Zwei Länder stellte dieser Jahrgang in den Fokus. Von ihren Regierungschefs wird ihnen Feindschaft verordnet, und das hat immer noch schmerzvolle Aktualität. Ich erinnere mich, wie ich in den Proben zulauschen durfte, als über politische Gräben hinweg Gemeinsames erarbeitet wurde zwischen iranischer Kastenzither und israelischer Rahmentrommel, zwischen sephardischen und persischen Melodien. Und wie mir schließlich die Sängerin Michal Elia Kamal aus Tel Aviv und die iranische Trommlerin Maryam Hatef aus Isfahan am Interviewtisch erzählten, dass sie MIT und AUF der ganzen Welt spielen können, während ihre Führer die Mauern immer höher ziehen. Dank Murat Coşkun reichten sich hier ganz konkret Menschen aus Freiburgs Partnerstädten an der Dreisam die Hände.

Das ist der Kern dieses Festivals: Ein familiäres Treffen, mit Herzblut gestemmt von einem Team um Murats Frau Ulli. Hier können die Künstler durch Austausch über Jahre musikalisch und menschlich wachsen. Hier wird nicht jedes Mal eine neue Sensation über die Bühne gejagt, vielmehr geht es um Kontinuität. Ein Festival wie ein stetig wachsender, sich verzweigender und verfeinernder Weinberg. Ganz bewusst will Murat Coşkun nicht explizit politisch sein, und leistet dennoch einen beherzten Beitrag zur Feier der Gegensätze und der Vielfalt.

„‘Vielfalt ist unsere Stärke‘: Das ist der dümmste Satz, den ich kenne“, tönte vor kurzem der künftige US-Verteidigungsminister. „Verlieren wir unsere Vielfalt, geben wir unsere Menschenwürde auf“, sagt dagegen die beninische Sängerin Angélique Kidjo.

Für welche Seite sich eine Gesellschaft entscheidet, das hängt oft an einem seidenen Faden.

Auch bei uns erleben wir derzeit Tendenzen gegen die Vielfalt, politisch gewollt, gesellschaftlich oft zumindest geduldet, auch unter Kostendruck erzwungen. Rundfunksender werden schleichend fusioniert, Tageszeitungen kürzen ihre kulturelle Berichterstattung. Globale Farben verschwinden in vielen Festivalprogrammen, Comedy und Deutschpop treten an ihre Stelle. Verstehen Sie mich nicht falsch: Auch im Deutschpop gibt es wichtige und kreative Stimmen. Doch „der Kettfaden der Welt wird lebendiger durch alle Besonderheiten“, wie es der martinikanische Vordenker der Créolité, Édouard Glissant, formulierte. Tamburi Mundi und Murat Coşkun leisten für diese Besonderheiten, für die Vielfalt und die Würde eine Grassroots-Arbeit, die in der aktuellen Gemengelage nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, mitten in unserer Stadt, mit Signalwirkung in die Ferne.

Lieber Murat, unter den vielen Musikerinnen und Musikern, die ich im Laufe der letzten 30 Jahre kennenlernen durfte, bist du einer von den wenigen, die immer auf dem Teppich geblieben sind. Deine Offenheit und Warmherzigkeit, dein kompletter Mangel an Eitelkeit, nicht zuletzt deine humorvollen Ansagen, machen dich zu einem, über den man im Jiddischen den schönen, schlichten Satz sagen würde: „Er is a Mentsh.“

In diesem Sinne freue ich mich auf weitere spannende Teamworks und Brücken zwischen den Musikkulturen der Welt und viele unfreiwillige und freiwillige Begegnungen von 10/8- und 9/8-Takten. Denn die Antworten auf schwierige Zeiten geben nicht einfache Botschaften, sondern schräge, unbequeme Rhythmen. Herzlichen Glückwunsch zum Reinhold-Schneider-Preis, Murat Coşkun.

© Stefan Franzen

Freiburger Festival „Ins Weite“: Beyond The Roots & San Salvador

Beyond The Roots & San Salvador (Fotos: Bassem Hawar & Antoine Parouty)

Auf ein Neues! Nach der erfolgreichen Erstausgabe des Film-, Literatur und Musikfestivals „Ins Weite“ starten wir auch dieses Jahr wieder durch. Als Musikkurator darf ich an dieser Stelle die ersten beiden Konzerte innerhalb des vom Kommunalen Kino Freiburg e.V. veranstalteten Festivals ankündigen.

Die Strecke mit Klängen aus aller Welt präsentiert im Mensagarten und im Innenhof des Museums für Neue Kunst Musiker*innen, die sich mit dem Thema Reise auseinandersetzen oder allein durch ihre Biographien Reisende zwischen den Klangwelten sind. Im Zentrum stehen Konzerte innerhalb der zwei Festivalschwerpunkte: „Die Welt als Mosaik“ stellt Musiker vor, die Eindrücke aus allen Erdteilen zu Kompositionen und Songs verarbeitet haben, und bei „Nach Osten“ entfaltet sich eine Reiseroute von Anatolien über Kurdistan und den Iran bis nach Indien. Mediterrane Farben komplettieren diese Musikstrecke. Wir freuen uns, dass etliche Acts gewonnen werden konnten, die noch nie in Freiburg zu Gast waren, für das hiesige Publikum also echte Neuentdeckungen sind.

Zum Auftakt begrüßen wir ein weltläufiges Ensemble, das gleichzeitig eine lokale Anbindung hat. Beyond The Roots (24.7, 19h) ist ein neu gegründetes Kollektiv aus Köln um die Klarinettistin Annette Maye (Fis Füz). Das Ensemble spielt eine „Welt-Kammermusik“, die von der Kraft der Improvisation lebt, und umspannt Mitteleuropa, den türkischen, persischen und indischen Kulturraum. Am 25.7. um 20h präsentieren wir Shooting Stars der Roots Music-Szene aus Frankreich: Von ihrer Heimat im Massif Central aus bricht die A Cappella- und Trommel-Band San Salvador zu einer atemberaubenden, mitreißenden Reise auf – von den okzitanischen Troubadouren in die moderne Welt. Die pure Kraft der menschlichen Stimme aus sechs Kehlen hat man selten so atemberaubend und druckvoll erlebt. Unser besondere Empfehlung!

Tickets sind auf der Seite des Kommunalen Kinos erhältlich:
Ins Weite 2021 – Kommunales Kino Freiburg (koki-freiburg.de)

San Salvador: La Liseta (live)
Quelle: youtube
Beyond The Roots feat. Murat Coskun (live)
Quelle: youtube

Saint Quarantine #25: Eastern Winds

Fotos: Yoshi Toscani / Ellen Schmauss

Die verdienstvolle Streaming-Initiative inFreiburgzuhause habe ich schon vor einigen Wochen vorgestellt. An diesem Freitag geht sie in eine neue Live-Runde, die eine wunderbare Brücke von osteuropäischer und orientalischer Musik zur Klassik und zum Jazz schlägt.

„Eastern Winds“ unternimmt einen Dialog zwischen der preisgekrönten ukrainischen Pianistin Marina Baranova, dem Perkussionisten Murat Çoskun, bekannt durch sein Festival Tamburi Mundi, und dem Freiburger Streichquartett der Camerata Academica (Martina Wündrich, vl – Vera von Kap-Herr, vl – Anne-Françoise Guezingar, va – Georg Rudiger, vc).

Baranova wird in filigranen Eigenkompositionen  zunächst mit einer Solo-Sektion starke musikalische Bilder erschaffen. Im Anschluss führt die Klangreise mit dem Streichquartett in die georgische Musik hinein, im Fokus stehen dann Werke des Komponisten Zulkhan Zinzadse, der volksmusikalische Themen zu seinen „Miniaturen“ verarbeitet hat, vom Quartett frisch und espritvoll interpretiert. Beide Programmhälften wird Çoskun mit seinen perkussiven Fingerfertigkeiten begleiten.

Hier der direkte Link zum Konzert und unten ein kleiner Vorgeschmack.

„Eastern Winds“ (Trailer)
Quelle: youtube

Under the Big Blue Sky

Liebe Freund*innen,

das vom Kommunalen Kino Freiburg initiierte Festival
„Ins Weite. Reisen in Film, Musik und Literatur“ freut sich,
in Kooperation mit dem Festival „Tamburi Mundi“ zu präsentieren:

„Under The Big Blue Sky“
Mensagarten Freiburg,
Freitag, 31.07.2020, 19h

Enkhjargal Dandarvaanchig (Karlsruhe/Mongolei)
Arezoo Rezvani (Deutschland/Iran)
Baadma, Baaka & Otgoo Samdandamba (Freiburg/Mongolei)
Murat Coşkun (Freiburg/Türkei)

In diesem Partnerkonzert mit Tamburi Mundi, zugleich die Eröffnung des seit vielen Jahren in Freiburg etablierten Rahmentrommelfestivals, erleben wir eine Reise vom Bosporus in die mongolische Taiga über die kulturelle Schnittstelle Persien. Sechs herausragende Künstler*innen gestalten dieses nahöstlich-zentralasiatische Roadmovie für die Ohren, lassen ihre Talente in den verschiedensten Solo-, Duo- und Trio-Konstellationen aufleuchten. Alle sind Tamburi Mundi seit etlichen Jahren eng verbunden. Kraftvolle mongolische Gesänge und der melancholische Klang der Pferdekopfgeige begegnen virtuos-filigranen Improvisationen auf dem persischen Hackbrett Santur, und die Trommeln verweisen auf die mal tänzerische mal schamanische Sphäre – all das unter dem großen blauen Himmel, der in der Mongolei als Gottheit verehrt wird und sich 300 Tage im Jahr von Horizont zu Horizont ins Weite dehnt.

Enkhargal Dandarvaanchig („Epi“) (Gesang, Morin Chuur (Pferdekopfgeige)
Er stammt aus der nordmongolischen Taiga, doch unsere Region ist für ihn eine zweite Heimat geworden: Der Musiker Enkhjargal Dandarvaanchig, den viele nur als „Epi“ kennen, formt sein zentralasiatisches Musikerbe stets überraschend, berührend, humorvoll und neuartig um. Als Sohn eines Pferdezüchters war er von Kindheit an eng verbunden mit der atemberaubenden Natur und dem nomadischen Alltag. Früh begeisterte er mit seinem Quintett, das aus Morin Khuurs, den berühmten mongolischen Geigen bestand, deren Hals in einen geschnitzten Pferdekopf mündet und deren Klang an unser Cello erinnert. Während seiner Zeit beim Klangwelten-Initiator Rüdiger Oppermann entwickelte er in der zweiten Heimat seine Vision von neuer mongolischer Musik weiter, mit kunstvoll ausgestalteten Arrangements der rhythmisch freien „Langlieder“, des Kehlkopfgesangs in all seinen unter- und obertönigen Facetten, und virtuosen Morin Khuur-Stücken. Er ging Teamworks mit vielen Musikern ein, vom Jazzer Didier Lockwood bis zum Weltmusiktrio Violons Barbares. Seine neue CD ist eine musikalische Rückreise in die Mongolei: mit vielen Stücken, die die Natur verherrlichen und mit denen er sich an seine Kindheit und seine Familie erinnert.

Baadma, Baaka & Otgoo Samdandamba (Gesang, Tovshuur – mongolische Laute)
Sie gelten als die drei „mongolischen Königinnen“: Badamkhorol Samdandamba (Baadma), Gründerin und Direktorin des internationalen Musikfestivals „Roaring Hooves“ und Kulturbotschafterin der Mongolei in Freiburg, und ihre beiden Schwestern. Majestätisch erhebt sich der Lang-Gesang Urtiin-Duu in freier Form, wechselt ab mit den rhythmischeren Kurzliedern, die von der zweisaitigen Laute Tovshuur begleitet werden. Ein weites Themenspektrum umfassen diese kraftvollen Stücke: Es geht um die Pferde und Kamele, zentrale Bestandteile des Nomadenlebens, und den endlos weiten und an 300 Tagen im Jahr blau strahlenden Himmel, der als Gottheit verehrt wird. Die Schönheit des Altai-Gebirges und der Wüste Gobi werden gepriesen, und natürlich handeln die Verse auch immer wieder von der Liebe. Ebenfalls eine herausragende Rolle in dieser Vokalkultur spielt der schamanische Aspekt, wenn Trommeln ins Spiel kommen. Baadma, Baaka und Otgoo lassen die Mongolei vor unseren Ohren lebendig werden.

Arezoo Rezvani (Santur – persisches Hackbrett)
Arezoo Rezvani begann mit 18 Jahren, das persische Hackbrett Santur zu spielen und gab nach nur neun Monaten ihr erstes Konzert. Sie erhielt einen Preis als Talent des Jahres. Arezoo studierte Musik und schloss mit Auszeichnung ab. Bis 2015 spielte sie im Orchester „Sheyda“ unter Leitung des im Iran sehr berühmten Mohammad Reza Lotfi. Arezoo Rezvani leitete überdies das Frauenorchester in Isfahan. Unter den wenigen Frauen, die die Santur spielen, ist ihr professionelles Niveau herausragend. Sie versteht sich als Brückenbauerin mit Hilfe der Musik und ihrer Grenzen überschreitenden Sprache. Ihre Vorbilder sind ihr Lehrer Ardavan Kamkar und die großen persischen Santur-Legenden Parviz Meshkatian und Faramarz Payvar. Rezvanis Spiel ist geprägt von einem lebendigen Austausch von Rhythmus, Klang und Kultur – wie se bei etlichen vergangenen Tamburi Mundi-Festivalausgaben schon beweisen konnte.

Murat Coşkun (Rahmentrommeln)
Fundiert auf seinem Studium der Orientalistik und Musikethnologie vermittelt der international renommierte Perkussionist Murat Coşkun zwischen den musikalischen Welten des Orients und Okzidents, schöpft aus einem großen Musikrepertoire unterschiedlichster Kulturen und engagiert sich in vielen Stilrichtungen wie Weltmusik, Klassik, Alte Musik, Jazz und Neue Musik. Immer wieder wird er als Solo-Perkussionist von international renommierten Orchestern wie z.B. dem Freiburger Barockorchester, den NDR Radiosymphonikern, Tonkünstler Orchester Österreich eingeladen. Er ist seit 2004 Perkussionist bei Giora Feidman und arbeitet regelmäßig in Projekten mit international renommierten Musikern wie dem fünffachen Grammy-Gewinner Glen Velez, Michel Godard, Enrique Ugarte oder Gianluigi Trovesi. Coşkun ist zudem gefragter Dozent für orientalische Perkussion und Rahmentrommeln, unter anderem an der Popakademie Mannheim. Murat Coşkun ist Gründer und künstlerischer Leiter des weltweit bedeutendsten Festivals für Rahmentrommeln, Tamburi Mundi, in Freiburg, mit dem er auch Gastspiele im Iran, Italien und der Türkei veranstaltete.


Tickets sind ausschließlich auf der Website des Festivals erhältlich, dort wird selbstverständlich auch über das Hygienekonzept informiert.

Musikprogramm des Festivals „Ins Weite“

Szene aus Ulrike Ottingers Film „Johanna d’Arc of Mongolia“ (zu sehen am 27.8. bei „Ins Weite“)

Liebe Freund*innen,

mit einem bewegenden und ausverkauften Konzert des Awa Ly Duos ist das Festival

„Ins Weite. Reisen in Film, Musik und Literatur“

am vergangenen Wochenende im Freiburger Mensagarten gestartet. An drei Spielorten – im Mensagarten, am Waldsee und am Alten Wiehrebahnhof – wird es bis zum 15.9. aus vielen Perspektiven ums Thema Reise gehen: in Open Air-Kinoabenden, Konzerten und Lesungen renommierter Autor*innen. „Ins Weite“ ist eine Initiative des Kommunalen Kino Freiburg e.V., das örtliche Partner an Bord geholt hat, unter ihnen Slow Club, Swamp, Café Atlantik und Tamburi Mundi e.V.

Das Thema Reise mit seinen drei geographischen Schwerpunkten USA / Westafrika / Asien wollen wir musikalisch von Afro-Soul über Post- und Surfrock bis Poetry Slam und Jazz abbilden: lokal und regional, aber auch mit internationalen Gästen, „ins Weite“ gehend.

Dieses Festival ist anders: In Zeiten der Pandemie dürfen wir nur eine limitierte Zahl von Zuhörer*innen einlassen und arbeiten mit einem Hygienekonzept. Die Zeit für Werbung ist knapp, da wir erst vor 10 Tagen – nach Unterstützung von der Stadt, dem SC Freiburg und weiteren Sponsoren – auch Fördermittel vom Land Baden-Württemberg erhalten haben. Das Programm haben wir daher in kürzester Zeit auf die Beine gestellt, Improvisation und Spontaneität sind die Tugenden der Stunde und wir freuen uns über jede Art der Multiplikation!

Musikprogramm – Übersicht:

Mensagarten:
22.07. – DJ Swampster / DJ Hercules: My Daddy Was A Hippie Punk – Psychedelic Beatsounds from the late 60s til early 70s (Freiburg) 20h
24.07. – Stunchile (Freiburg) 19h
27.07. – Art Of Being…On The Road: Deutsch-amerikanische Literaturperformance mit Musik von Joe Killi und Muneer B. Fenell (Freiburg) 20h30
30.07. – Marvin Suckut – Atlantik Slam (Freiburg/Waldkirch/Konstanz/Esslingen) 19h
31.07. – „Under The Big Blue Sky“ (Mongolei/Iran/Türkei/Freiburg) 19h
14.08. – Leopold Kraus Wellenkapelle (Freiburg) 19h
15.08. – Iman & Dub Tub (Freiburg) 19h
16.08. – Bab L’Bluz (Marrakesch/Lyon) 21h

Yumi Ito feat. Szymon Mika: „Little Things“
Quelle: youtube

Waldsee:
20.08. – Yumi Ito Trio (Basel/Japan/Polen/Spanien) 19h30
23.08. – Feven Yoseph (Äthiopien/Berlin) 19h30
30.08. – Tanztheater „mitteschön“ (Company J.U.S.T., Freiburg) / Barefoot Amhell & Her Backdoor Men (Straßburg) 19h
03.09. + 04.09. – We Stood Like Kings (Belgien) je 21h
06.09. – Masaa (Libanon/Köln/Berlin) 21h
10.09. – Hosh Neva (Türkei/Mannheim) 19h

Kommenden Mittwoch werden DJ Swampster und DJ Hercules mit einem psychedelischen Set die Einstimmung zum Roadmovie-Klassiker „Easy Rider“ besorgen. Am Freitag stellt sich die junge Rockband Stunchile aus Freiburg vor: Das Powertrio um die Sängerin Leonie Maier ist ganz frisch mit der Jazzhaus Records-Single „The Blues Loves You“ am Start – ein Konzert, das der Slow Club mit uns veranstaltet. Die Brücke zur Festivalsparte des geschriebenen Wortes schlagen wir am 27.7. mit einer deutsch-amerikanischen Literaturperformance, zu der der Gitarrist Joe Killi und der Cellist Muneer B. Fenell die Klänge beisteuern. Einen Poetry Slam-Abend zum Thema Reisen gestaltet Marvin Suckut mit Wortkünstler*innen aus Waldkirch, Konstanz und Esslingen, Partner bei diesem Abend ist das Café Atlantik.

Stunchile: „The Blues Loves You“
Quelle: youtube

Besonders freuen wir uns über zwei Kooperationen mit dem Festival Tamburi Mundi. Beim ersten Partnerkonzert, zugleich der Eröffnung von Tamburi Mundi, wird der mongolische Künstler Enkhjargal Dandarvaanchig einen Abend mit Freund*innen bestreiten: „Under The Big Blue Sky“ vereint sich der Sänger und Pferdekopfgeiger in verschiedenen Konstellationen mit der persischen Hackbrett-Virtuosin Arezoo Rezvani, der mongolischen Sängerin Baadma und ihren beiden Schwestern, sowie Tamburi Mundi-Chef Murat Coşkun.

Arezoo Rezvani & Murat Coskun: „Khazan“
Quelle: youtube

Surfsound aus Freiburg? Das funktioniert exzellent und originell, wie die zahlreichen Anhänger*innen der Leopold Kraus Wellenkapelle wissen, die bei uns ein intensives Augustwochenende einläutet, gefolgt von der nicht nur in Kennerkreisen hochgeschätzten Reggaeformation Iman & Dub Tub, die neue Songs mitbringen. Beide Konzerte veranstalten wir in Partnerschaft mit dem Swamp. Die Reihe im Mensagarten beschließt das französisch-marokkanische Quartett Bab L’Bluz: Letzten Sommer haben sie bei Rock am Bach in Kirchzarten abgeräumt und kehren jetzt mit ihrem Debütalbum auf Peter Gabriels Label Real World in die Regio zurück: Ihre hypnotische Mischung aus Power-Rock, Gnawa-Grooves und Wüstenblues schickt die Hörer*innen auf eine spannende Reise nach Marrakesch.

Bab L’Bluz: „El Watane“
Quelle: youtube

Im August wechseln wir den Spielort und richten uns mit der Musikbühne direkt am Ufer des Waldsees ein: Dort macht die junge Basler Sängerin Yumi Ito mit ihrem Trio den Anfang: Sie bringt ihr neues Album „Stardust Crystals“ mit, auf dem sie Jazzimprovisation mit Songwriting-Anklängen an Björk und Radiohead verknüpft, und sie erzählt in ihren Kompositionen von Reisen nach Island, Kalifornien und Brasilien. Die äthiopische Sängerin Feven Yoseph wird für Freiburg eine echte Entdeckung sein: Derzeit in Berlin lebend verbindet sie in ihrer Musik äthiopische Skalen mit R&B- und Gospel-Anklängen in Quintettbesetzung.

Feven Yoseph: „Mengedinja“
Quelle: youtube


Gespannt sein darf man auf den Double Bill zum Augustausklang, den das Café Atlantik beiträgt: Julia Galas und Steffi Sembdner von der Freiburger Company J.U.S.T. gestalten im Tanztheater-Stück „mitteschön“ die Reise zweier Menschen in ihrer Lebensmitte, die auf engstem Raum – in einer gemeinsamen Hose – stattfindet. Diesen Spätsommerabend verlängert die Straßburger Band Barefoot Amhell & The Backdoor Men, die uns auf eine Reise durch die Songs starker Frauen der amerikanischen Popmusikhistorie mitnimmt, von New Orleans bis Detroit.  Zu einer stilbildenden Instanz bei der Vertonung von Stummfilmen gemausert hat sich das belgische Quartett We Stood Like Kings, das der gerade preisgekrönte Slow Club uns vorgeschlagen hat: An zwei Abenden zeigen sie, wie der sowjetische Klassiker „Ein Sechstel der Erde“ von Dziga Wertow und der US-Kultfilm „Koyaanisqatsi“ mit Postrock-Begleitung zu neuen Ehren kommen.

We Stood Like Kings: „Volchovstroy“
Quelle: youtube

Der September ist die Zielgerade von „Ins Weite“: Mit der deutsch-libanesischen Band Masaa kommen sowohl Jazzfans als auch Lyriker zum Zuge: Mit seinem neuen Gitarristen Reentko Dirks und den Versen des Sängers Rabih Lahoud verknüpft das mehrfach preisgekrönte Quartett die Raffinesse des Wortes mit der Dynamik des Jazz.  Den Abschluss der Konzertstrecke des Festivals „Ins Weite“ bildet die zweite Kooperation mit Tamburi Mundi e.V.: ein Sufi-Konzert des Ensembles Hosh Neva unter der Leitung der Brüder Mehmet und Ali Ungan am Waldsee, die in die spirituelle Klangwelt der Bektashi- und Mevlevi-Orden entführen, inklusive Derwischtanz.

Masaa: „Herzlicht“
Quelle: youtube

Auf der Website zum Festival wird nach und nach das gesamte Programm mit allen Filmen, Lesungen und Konzerten abrufbar sein. Aufgrund der Corona-Auflagen sind vorläufig noch ausschließlich dort Tickets für die einzelnen Veranstaltungen zu erwerben, und dort wird selbstverständlich auch über das Hygienekonzept informiert:

https://www.koki-freiburg.de/insweite/
https://de-de.facebook.com/koki.freiburg/

Ermöglicht wird „Ins Weite“ durch die Unterstützung von: Land Baden-Württemberg, Stadt Freiburg, SC Freiburg, Studierendenwerk Freiburg, Gaststätte Waldsee, iz3w, Carl Schurz-Haus, Artik, E-Werk, Fairburg, Literaturhaus und Centre Culturel Français.

Leopold Kraus Wellenkapelle: „Plattfuß am Texasfluss“
Quelle: youtube