Monat: Dezember 2025
Listenreich II: 25 Alben für 2025
Christa Abels (Deutschland): Mit den Zugvögeln fort (Eigenverlag, christaabels.de)
Ambäck (Schweiz): Wolkenbödeler (Eigenverlag, ambaeck.ch)
Thiago Armud (Brasilien): Enseada Perdida (Rocinante)
Cantares Do Andarilho (Portugal/Mosambik/Angola/Azoren/Asturien): Wanderer Songs – Ao Vivo No Teatro Faialense (Mais 5)
Carminho (Portugal): Eu Vou Morrer De Amor Ou Resistir (Sony Portugal)
Maurício Einhorn & Idriss Boudrioua Orchestra (Brasilien): Maurício & Horns (In & Out Records)
Eishan Ensemble (Australien/Iran): Northern Rhapsody (Acel)
ELSA (Österreich): Jump! (Jazzhaus Records)
Piers Faccini & Ballaké Sissoko (UK/Mali): Our Calling (No Format)
Ganna (Ukraine/Deutschland): Utopia (Berthold Records)
Garden Of Silence (Schweden/Schweiz/Iran/Deutschland/Ägypten): Neither You Nor I (Bazaarpool)
Yumi Ito (Japan/Polen/Schweiz): Lonely Island (enja)
Marcos Jobim (Brasilien): Singelinha (Musik | Marcos Jobim)
Misagh Joolaee & Bakr Khleifi (Iran/Palästina/Deutschland): Hajr (GWK Records)
Kokoroko (UK): Tuff Times Never Last (Brownswood Recordings)
Dafné Kritharas (Griechenland/Frankreich): Prayer & Sin (Horizon Musiques)
Awa Ly (Frankreich/Senegal): Essence & Elements (Naïve)
Maxjoseph (Deutschland): Nau (MAXJOSEPH | Neue Volksmusik I Bayern)
Sílvia Pérez Cruz & Salvador Sobral (Katalonien/Portugal): Sílvia & Salvador (Warner Music)
Céline Rudolph / Henrique Gomide / João Nogueira (Deutschland/Brasilien): Amaré (Challenge Records)
Matthieu Saglio & Camille Saglio (Frankreich/Spanien): Al Alba (ACT)
Kengo Saito & Japanistan Trio (Japan/Frankreich/Afghanistan): Douce Errance (Felmay)
Tania Saleh (Libanon): Fragile (Association Tantune)
Santrofi (Ghana): Making Moves (Outhere)
Simin Tander (Deutschland): The Wind (Jazzland Recordings)
Listenreich III: 25 Konzerte für 2025
Ledisi, Heidecksburg Rudolstadt 4.7.2025
WINTER
„Ohren auf Weltreise“ feat. Awa Ly & Lucie Cravero 01.02.
Alondra de La Parra, David Enhco, Duisburger Philharmoniker, Mercatorhalle Duisburg 19.02.
„Ohren auf Weltreise“ feat. Matthieu Saglio, Schloss Allensbach / Stadtscheuer Waldshut 14.+15.03.
Aynur, Theater Freiburg 16.03.
FRÜHLING
Arezoo Rezvani & Liron Meyuhas, Tamburi Mundi 20.04.
Sophie Hunger, Kaserne Basel 03.05.
Marco Mezquida Trio +Matthieu Saglio Quartet, Gare du Nord Basel 05.05.
Salvador Sobral, Stadthalle Waldshut 17.05.
„Alcina“ (Georg Friedrich Händel), Maeve Höglund u.a., André de Ridder, Philharmonisches Orchester Freiburg 18.05.
„Éclairs de L’Au-Delà“ (Olivier Messiaen), Philharmonisches Orchester Freiburg, André de Ridder, Konzerthaus Freiburg 27.05.
„Sinfonie der Tausend“ (Gustav Mahler), Tonkünstlerorchester, Yutaka Sado, Musikvereinssaal Wien 04.06.
„Das Lied von der Erde“, (Gustav Mahler), Wiener Philharmoniker, Iván Fischer, Konzerthaus Wien 05.06.
Joolaee Trio + Wishamalii, Porgy & Bess Wien 06.06.
„Der Rosenkavalier“ (Richard Strauss), Ann-Beth Solvang u.a., Georg Fritzsch, Badische Staatskapelle, Badisches Staatstheater Karlsruhe 19.06.
SOMMER
Rita Payés, JazzBaltica Timmendorfer Strand 27.06.
Ledisi & Thüringer Symphoniker Saalfeld-Rudolstadt, Heidecksburg Rudolstadt 04.07.
Daniel Lazar & Almir Meskovic, Theater Rudolstadt 06.07.
Maxjoseph, Stadtkirche Rudolstadt 06.07.
ELSA, Jazzhaus Freiburg 20.09.
HERBST
Carolin Trischler, Jazzhaus Freiburg 23.09.
Owen Pallett & Philharmonisches Orchester Freiburg, André de Ridder, Theater Freiburg 8.10.
Simin Tander, Jazzhaus Freiburg 19.10.
Sílvia Pérez Cruz & Salvador Sobral, Elbphilharmonie Hamburg 17.11. / Philharmonie Köln 21.11.
Pedros Klampanis Trio, Jazzhaus Freiburg 30.11.
Monty Alexander Trio, Tonhalle Villingen, 13.12.
alle Fotos © Stefan Franzen
Die Wandelbarkeit eines Songs
Foto: Mady Lykeridou
Die Schweizer Pianistin und Songwriterin Yumi Ito gastiert mit Band in der Reihe „Pinsa und Jazz“ in der TheaterBar Freiburg. Parallel hat sie ein Solo-Album veröffentlicht.
Riesenvorteil für alle Songschreibende: Sie können auf die berühmte Insel selbst entworfene Musik mitnehmen. „Die Vorstellung, auf einer unbewohnten Insel zu leben, hat mich schon immer fasziniert“, sagt Yumi Ito. „Aus dieser Fantasie heraus habe ich mich gefragt, welche zehn meiner Songs ich denn mitnehmen würde – nur mit meiner Stimme und einem Konzertflügel.“
Die enge Beziehung von Yumi Ito zum Klavier ist biographisch angelegt. Ihr Vater ist der japanische Konzertpianist Suguru Ito, sie wuchs mit Ravel, Debussy und Chopin auf, weitete als Teenagerin ihr stilistisches Spektrum, machte dann am Jazzcampus Basel ihren Abschluss. „Wenn ich mit meiner Stimme improvisiere, stelle ich mir Klaviertasten vor. Das intuitive Lernen des Klavierspiels durch das Gehör hat mich dazu gebracht, mit meiner Stimme diverse Farben und Skalen auszuprobieren. Täglich nutze ich dabei den Flügel: sowohl um mein Stimmen-Workout zu machen, als auch um zu komponieren, neue Songs zu schreiben, zu improvisieren und mich selbst zu begleiten.“
Auf ihrem Solo-Album Lonely Island ist diese Liebesaffäre mit dem Flügel in jedem Takt greifbar. Ihr Instrument und ihre Stimme, die über die Jahre enorm an Dynamik und Variationsbreite gewonnen hat, werfen sich spielerische Dialogmotive zu. Oder Ito verschmilzt gleich förmlich mit den Tasten, wenn sich die Läufe parallel in ihren Gesangslinien abbilden. Im groovigen „What Seems To Be“ bauen sich Stimmenschichtungen im hüpfenden, textlosen Chorus auf. Das melancholisch vorwärtstreibende „Is It You“ lässt Chopin‘sche Dramatik aufscheinen. Und das starke „Seagull“ öffnet mit seinem Wechsel zwischen gehämmerten Akkorden und glitzerndem Impressionismus Räume in einen sehr individuellen Art Pop. Aufgenommen wurde das Werk im Hermann Hesse-Ort Montagnola im Tessin, in einem nagelneuen Studio an einem Steinway-Flügel. Lara Persia, die auch Erfahrungen aus Aufnahmen fürs Jazzlabel ECM mitbringt, hat produziert.
„Es fühlt sich für mich ideal an, meine Songs allein zu schreiben, aber selbst entscheiden zu können, ob ich sie solo oder im Ensemble spiele“, erklärt Yumi Ito. „Vielleicht liegt das auch daran, dass ich durch das Jazzstudium meine Songs wie kleine Standards behandle – ich spiele sie immer wieder etwas anders, improvisiere, verändere Arrangements. Für mich ist Musik ein lebendiger Organismus.“
Das spannende Wechselspiel von Solo-Arbeit, Trio- und Quartett-Besetzungen bis hin zum Large Ensemble hat sich stets durch ihre noch junge Karriere gezogen. Und so waren auch – bis auf die quirlige Vokalise „Tiki Taka“ – alle Songs von Lonely Island bereits auf früheren Alben erschienen, in größerer Besetzung, teils opulentem Arrangement. Es ist äußerst reizvoll zu vergleichen, wie ihre Kompositionen sich formwandelnd entwickeln. Und genau dazu bekommt das Publikum Gelegenheit, wenn Yumi Ito in der Theaterbar ihre Songs nicht solo, sondern mit einem multinationalen Quartett interpretiert.
Yumi Ito: „Love Is Here To Stay“
Quelle: youtube
© Stefan Franzen
live:
Yumi Ito (mit Band: Alessio Cazzetta, Gitarre / Nadav Erlich, Kontrabass / Iago Fernandez, Schlagzeug)
Pinsa & Jazz, TheaterBar Freiburg 7.1., 20h
Monty re-visits
Foto: Jean Baptiste Millot
Der neu aufgestellte Verein MPS-Studio e.V. blickt mit einem breiten Kulturangebot in die Zukunft. Zum dreijährigen Geburtstag kehrt ein Star der 1970er und 80er an die Wirkstätte in Villingen zurück.
Als führendes deutsches Jazzlabel hatte MPS weltweit einen klangvollen Namen, mit einem riesigen Katalog von Stars wie Oscar Peterson über die Singers Unlimited bis zu Bill Evans. Hunderte von Aufnahmen entstanden seit den Sechzigern direkt in Villingen, in einem Studio mit edelsten Technikkomponenten. Der Industrielle Hans-Georg Brunner-Schwer (HGBS), Ex-Chef des Rundfunkgeräte-Herstellers SABA und leidenschaftlicher Pianist, hatte es eingerichtet. Nach dem Tod von HGBS kam das Unternehmen in turbulente Fahrwasser, etliche Jahre dauerten die Querelen um die Nutzung und Verwaltung der Studios an. Zum Glück ist das seit 2022 Geschichte: Ein neu gegründeter Verein, MPS-Studio e.V. hat die Räumlichkeiten in der Richthofenstraße übernommen und führt den musikgeschichtsträchtigen Ort tatkräftig in die Zukunft.
„Wir haben in Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt renoviert, die Archive in Ordnung gebracht, bieten jeden Monat eine Führung an, haben regelmäßig Konzerte in den Studios“, sagt Töni Schifer, erster Vorsitzender des Vereins. Der gelernte Drucktechniker und Leiter der Kreativagentur Monitorpop war Mitgründer des Kultladens Nastrovje Potsdam, gleiste das Filmmusik-Label Crippled Dick Hot Wax auf und war schon im Vorgängerverein bei MPS aktiv. Aktuell hat der Verein 170 Mitglieder, die nicht nur aus der Regio stammen, sondern auch ideell aus der Ferne unterstützen. Zu den Konzerten kommt ein Stammpublikum, aber sie ziehen auch Besucher aus der Schweiz, aus Hamburg und Berlin an, überregionale Wirkung ist erwünscht.
„Es gibt in Villingen ja einen Jazzclub, und zu dem wollen wir ganz bewusst nicht in Konkurrenz treten“, stellt Schifer klar. „Stilistisch stellen wir die Konzerte breit auf, von klassischem Jazz über World bis zur Avantgarde, auch im Geiste von Joachim Ernst Berendt, der für MPS ja viele Platten produziert hat.“ Auch einen Talk hat man kürzlich angeboten, an dem sich zeigte, dass der Verein die Vorgeschichte der Firma SABA tiefenscharf aufarbeitet, indem man das Thema Zwangsarbeiter während der Nazi-Zeit aufs Podium brachte. Welches Aushängeschild MPS für Villingen ist, hat die Stadt Schifer zufolge begriffen, breite Unterstützung durch die örtliche Politik ist gegeben.

Am 13. Dezember wird nun der dritte Geburtstag gefeiert, und ein besonderer Name ziert das Programm: Mit dem Jamaikaner Monty Alexander kehrt einer der großen Pianisten des Labels in den Schwarzwald zurück. „Wir haben uns angeschaut, wer an MPS-Künstlern überhaupt noch unterwegs ist, da bleiben nicht mehr viele. Und Monty war ein Aushängeschild des Labels, einer der ganz wichtigen Pianisten. Er spielte Hauskonzerte bei den Brunner-Schwers, erlebte hier auch mal Weihnachten und hatte hier sogar eine private Liebesbeziehung.“ Zwischen 1972 und 1985 veröffentlichte Alexander, der auf Empfehlung von Oscar Peterson nach Villingen kam, annähernd ein Dutzend Alben auf MPS, darunter Klassiker wie „We’ve Only Just Begun“. Heute, mit über 80 Jahren gilt er als stilbildend in seiner Verquickung von Jazz mit afrokubanischen Elementen und Reggae. Nostalgische Randnote: Monty Alexander wird schon am Tag vor dem Konzert in der Neuen Tonhalle mit einem Presse-Termin in den MPS-Studios seine alte Wirkstätte besuchen.
Der Verein blickt unterdessen schon über das kleine Jubiläum hinaus: Das analoge Mischpult soll von einem Spezialisten hergerichtet werden, eine Digitalisierung des Archivs steht an. Und es gibt es Pläne, die Jugend und Nachwuchskünstler verstärkt mit Workshops und Führungen einzubeziehen, Aufnahmesessions mit Nachwuchskünstlern einzufädeln – damit MPS auch bei der nächsten Generation seinen klangvollen Namen behält.
© Stefan Franzen, erschienen in der Badischen Zeitung, Ausgabe 09.12.2025
live Neue Tonhalle Villingen, 13.12., 20h30
mps-studio.de