Empfindsamer Kämpfer

Einer der bekanntesten Musiker Angolas, Waldemar Bastos, ist am 9. August im Alter von 66 Jahren in Lissabon an einem Krebsleiden gestorben. Über mehr als vier Jahrzehnte verfolgte Bastos eine internationale Karriere, war dabei stets auch ein Kritiker der politischen Verhältnisse in seiner Heimat und ein Kämpfer für die Demokratisierung. Bastos stammte aus der Provinz M‘Banza Kongo und begann seine musikalische Laufbahn früh in Tanzbands. Die Lieder des Volkes, die Kirchenmusik des Vaters, aber auch der Soul der Jackson 5 boten ihm Zuflucht vor dem oppressiven Regime-Alltag. Alle Einflüsse strömten in seinen eigenen Liedern zusammen, seine empfindsam-kehlige Stimme ist dabei sein Markenzeichen.

Als Befürworter der Unabhängigkeit wird er bereits mit 19 von der portugiesischen Geheimpolizei PIDE verhaftet, nach der Unabhängigkeit 1975 flieht er vor dem Bürgerkrieg nach Portugal. Eine erste Platte nimmt er 1983 in Brasilien auf, der weltweite Durchbruch erfolgt aber erst 1998 mit der Scheibe Preta Luz unter den Fittichen von David Byrne. In seiner Heimat konnte er nur sehr selten singen, die Verfolgung durch die Geheimpolizei gehörte aufgrund seiner kritischen Texte zu seinem Alltag. Seine internationalen Teamworks aber spannten sich von Chico Buarque über Ryuichi Sakamoto bis zum London Philharmonic Orchestra.

Als einziger Nichtportugiese sang er 2001 bei einer Gedenkfeier für die eng befreundete Fadista Amália Rodrigues. Waldemar Bastos erhielt vom neuen angolanischen Staatspräsidenten João Lourenço als Zeichen der Versöhnung 2018 den Nationalen Preis für Kultur und Künste. Wenig später bot Bastos dem Kulturministerium seine Zusammenarbeit an. Seine generationenübergreifende Popularität hallt derzeit in den Nachrufen wider, die auch Kommentare vieler junger Lyriker und Rapper umfassen.

© Stefan Franzen

Waldemar Bastos: „Kuribota“
Quelle: youtube

(he)artstrings #7: Sängermythos im Bienenhaus

David Sylvian
„Orpheus“ (David Sylvian)
(aus: Secrets Of The Beehive, 1987)

Als ich mit 12 Jahren die britischen Top 30 in meinem damaligen Lieblingssender verfolgte, entrangen sich dem kleinen Lautsprecher des Cassettenradios plötzlich sirrende und blubbernde Geräusche. Unheimlich. Irgendwann gesellte sich eine dunkle, suggestive Männerstimme dazu, die zuerst gar nicht zu den elektronischen Geräuschen zu passen schien. Der Moderator sagte dann fast entschuldigend: „Wir sind immer noch bei der englischen Hitparade, und wir sind immer noch im Jahr 1980.“ So sehr mich damals der Titel „Ghosts“ von Japan faszininiert hat, richtig gepackt hat mich David Sylvian dann erst sieben Jahre später mit diesem Solowerk – irgendwo angesiedelt zwischen Art Pop und präraffaelitischer Schauermär. Die „Geheimnisse des Bienenhauses“ hat er mit so exzellenten Musikern wie dem japanischen (!) Pianisten Ryuichi Sakamoto oder dem Flügelhorn-Virtuosen Mark Isham eingespielt. Nicht nur weil ich Orpheus-Lieder sammle, ist das hier mein Lieblingsstück, auch wegen der wunderbar ruhig schreitenden Melodie und dem grandios ersterbenden Orchester-Atem mitten im Song.

David Sylvian: „Orpheus“
Quelle: youtube

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