Kein Mindestabstand


Einer seiner großen Hits hieß „Lean On Me“. Eine Aufforderung, der man derzeit – so absurd es klingt – in den wenigsten Fällen nachkommen darf. Doch bei ihm gab es immer eine große Portion Oxytocin. War er ein Soul-Sänger? Gute Frage. Ja, Withers hatte den Soul aus einer Songwriter-Perspektive, er machte mit seinem nonchalanten Tenor das härteste Funkriff geschmeidig, und er konnte auch seine grandiosen herzschmelzenden Balladen singen, die ins Folk- oder Popfach fielen und mit fulminant-schwülen Streichern funkelten.  Seine Karriere dauerte lediglich bin in die Mitte der 1980er, dann entschloss sich Withers ziemlich konsequent, kein Musikerleben mehr zu führen.

Bereits am Montag ist Bill Withers in L.A. im Alter von 81 Jahren gestorben, wie heute bekannt wurde. Ich nehme Abschied von einer großen, unverwechselbaren Stimme, die soviel mehr war als das ad absurdum in Fernsehfilmen eingeblendete „Ain’t No Sunshine“ –  mit einem Track aus meinem 1972 erschienenen Lieblingsalbum Still Bill, das mir Nancy 2013 zum Geburtstag geschenkt hat.

Bill Withers: „Let Me In Your Life“ (live)
Quelle: youtube

Saint Quarantine #10: Primal Light

Foto: Stefan Franzen

Mit 16 ist mir dieses Werk erstmals begegnet, und es hat mich bis heute nicht losgelassen. Die 2. Symphonie von Gustav Mahler zählt zu seinen stärksten und erschütterndsten Kompositionen, insbesondere das „Urlicht“ und der gewaltige Finalsatz mit dem „Aufersteh’n“-Choral. Jedes Mal, wenn ich dieses Werk höre, egal ob im Konzertsaal oder als Aufnahme, bin ich tief ergriffen.

Wir hätten das Werk zu dieser Stunde, wo ich das schreibe, mit dem Orchestre Philharmonique de Strasbourg hören wollen, doch die Zeiten lassen es nicht zu. Das Konzert hätte den Titel „une cathédrale sonore“ getragen, und tatsächlich ist dieses fast 90-minütige Werk, das von einer Totenfeier über genauso selige wie von Ekel geschütterten Rückblendungen aufs Leben bis hin zum Jüngsten Gericht und der Reise in himmlische Sphären berichtet, eine erhabene Kathedrale aus Tönen.

Vor einigen Tagen war der venezolanische Dirigent Gustavo Dudamel mit den Münchner Philharmonikern auf arte mit seiner Lesart der Auferstehungs-Symphonie im Palau de la Música Catalana Barcelona zu sehen. Ein wunderbarer Ersatz und Trost für das ausgefallene Konzert, gerne teile ich hier den Link. Außerdem untenstehend meine Lieblingsinterpretation des „Urlichts“ mit der Altistin Eva Randova und der Tschechischen Philharmonie unter der Leitung von Vaclav Neumann.

Gustav Mahler: „Urlicht“
Quelle: youtube

Saint Quarantine #9: Sílvia en Casa

Foto: Stefan Franzen

Liebe Leute,

die katalanische Sängerin Sílvia Pérez Cruz wird heute Abend um 21h30 deutscher Zeit ein Wohnzimmerkonzert geben. Sílvias Solo-Konzert im elässischen Bischheim war eines der letzten Konzerte, das ich vor dem Virus besuchen konnte. Seit etlichen Jahren begleitet greenbeltofsound ihre Arbeit, und wir sind gespannt auf ihr Soloalbum Farsa, das demnächst erscheinen wird. Erstmals wird sie dann auch in Deutschland touren. Mit ihrer Version von Leonard Cohens „Hallelujah“ sende ich einen Gruß auf die Iberische Halbinsel und denke an die vielen Opfer, die Covid-19 dort bereits gefordert hat.

Sílvia Pérez Cruz: „Hallelujah“
Quelle: youtube