Was sie in ihrer Familie und mit der Kirche erleben musste, hat sie geprägt und gezeichnet, ihre Lieder so zornig und widerborstig, aber auch seelenvoll und verletzlich gemacht.
Ihre Musik hat mich während meiner Touren über ihre Insel in den 1990ern immer begleitet. Und auf ihrem sechsten, 2002 erschienenen Album Sean Nós Nua widmete sich O’Connor der irischen Musik mit einer Aufrichtigkeit und Empfindsamkeit, die unter ihren Landsleuten bis heute nur selten erreicht wurde.
Ich wünsche ihr, dass ihre Seele nun so frei fliegen kann, wie die Vögel, die sie in diesem Song besingt, der wie ein Traditional klingt, aber aus ihrer Feder stammt.
R.I.P. Sinéad O’Connor.
Sinéad O’Connor: „The Singing Bird“
Quelle: youtube
In den Morgenstunden des 17. Juli ist der brasilianische Musiker João Donato im Alter von 88 Jahren gestorben. Als Pianist, Akkordeonist, Arrangeur und Komponist hat Donato eine Karriere von sage und schreibe 74 Jahren absolviert, dabei hat er Jazz, Samba, Funk und das ganze Universum der Latin-Rhythmen höchst kreativ miteinander vereint. 1934 im Bundesstaat Acre geboren, fällt der Beginn seiner Karriere noch in die Zeit vor der Bossa Nova. Zunächst lernt er Akkordeon, spielt nach dem Umzug nach Rio in Jam-Sessions, begeistert sich für den Jazz der späten Vierziger. Nachdem er aufs Piano umgestiegen ist, formiert er ab 1953 eine Reihe von Bands und spielt in São Paulo seine erste LP namens Chá Dançante ein, die Jobim produziert. Ihm gibt er mit seinem synkopierten Piano-Stil wichtige Impulse für die Bossa Nova mit auf den Weg.
Während eines mehrjährigen USA-Aufenthalts spielt er mit Cal Tjader, Tito Puente und Mongo Santamaria, und mit dem Bossa-Gitarristen João Gilberto tourt er in Europa. Die erfolgreichsten Platten nimmt er in den Staaten in den Siebzigern auf, A Bad Donato (1970) und Quem É Quem (1973) unter ihnen. Donato arbeitete im Laufe der weiteren Jahrzehnte in Brasilien und den USA mit unzähligen Musikern, unter ihnen Dorival Caymmi, Joyce Moreno, Eumir Deodato, Stan Kenton, Herbie Mann und Wes Montgomery. Für Gilberto Gil schrieb er „A Paz“, für Caetano Veloso das unwiderstehliche, einen Frosch karikierende Stück „A Rã“. Die Texte für seine Kompositionen steuerte ihm meist sein Bruder Lysias Ênio bei. Als Arrangeur betätigte er sich für Gal Costa und Martinho Da Vila. Zu Donatos letzten Veröffentlichungen zählt eine Einspielung in der Reihe Jazz Is Dead von Adrian Younge.
Dudu Tassa & Jonny Greenwood Jarak Qaribak (World Circuit/BMG)
Ein ungleiches Duo? Nur auf den ersten Blick: Israels Rockstar Dudu Tassa hat jüdisch-irakisch-kuwaitische Vorfahren, Radiohead-Gitarrist Jonny Greenwood hat in eine irakisch-ägyptische Familie eingeheiratet und liebt die Musik des Nahen Ostens. Jarak Qaribak (dein Nachbar ist dein Freund) ist also ein spielerisches Manifest ihres gemeinsamen Herzblutes: ein Album mit bekannten Liebesliedern des gesamten arabischen Raumes von Marokko bis in den Irak, vom Duo sanft modernisiert.
Bewusst haben Tassa und Greenwood viele Gaststimmen eingeladen, um Versöhnung der arabischen Länder zumindest musikalisch zu zelebrieren. Herausragend das dubbige, von wehmütigen Bläsergardinen umwehte „Leylet Hub“ aus Ägypten, ohrwurmig „Ahibak“ mit 1001 Nacht-Streichern, perlender Kastenzither und der Schmachtstimme von Safae Essafi aus Dubai. Und Greenwood hat seine Viertelton-Lektionen auf Gitarre und Bass gelernt: mal im Dialog mit einer aufgekratzten Trompete („Jan Al-Galb Salik“), mal als trabender Rhythmusgeber für einen algerischen Klagegesang.
Warum hat man von dieser Sängerin bei uns noch nichts gehört? Die in Brooklyn lebende Mexikanerin Magos Herrera verfügt über eine dunkel leuchtende, leicht rauchige Stimme, in der sich Trauer und Trost, Bitternis und Wärme zu einem großartigen Instrument der Menschlichkeit vereinen. Auf Aire hat diese Stimme eine denkbar schöne Bühne bekommen: Herrera, umgeben von ihrem Jazztrio, singt vor einem sechzehnköpfigen Orchester, für das drei verschiedenen Arrangeure abwechslungsreiche Szenen entworfen haben: Gleißende bis rhythmische Streicher und eine reich ausdifferenzierte Palette an Holzbläsern agieren hier, solistisch treten mal Akustikgitarre, mal Flügelhorn hervor.
Mit ihrem Repertoire auf Spanisch, Portugiesisch und Englisch zeigt sie sich wandlungsfähig: mit großen Songwriting-Gesten in „Calling“, von nächtlicher Schönheit in der textlosen Ballade „Choro De Lua“, mit spirituellen mexikanischen Volkstönen in „Healer“. Und von fast überirdischer Schönheit ist ihre Version der argentinischen Komposition „Alfonsina Y El Mar“ mit Harfen-Intro. Ein traumhaftes Album für abendliche Sommerbrisen.