Malisches Kammerflirren I

Ballaké Sissoko
Djourou
(NoFormat/Indigo)

Um die pure Schönheit akustischer afrikanischer Kammermusik zu genießen, ist der malische Kora-Spieler Ballaké Sissoko immer eine gute Adresse, etwa in Gesellschaft mit seinem sagenhaften Trio 3MA oder mit dem Cellisten Vincent Ségal. Auf seinem neuen Opus Djourou öffnet sich der Malier ungewöhnlichen Begegnungen, die westafrikanische Stegharfe tritt in in Zwiesprache mit vielen Gästen. Sissokos gambische Instrumentenkollegin Sona Jobarteh ist im geradezu höfisch tönenden Titelstück eine naheliegende Duopartnerin, und auch mit Landsmann Salif Keita teilt der Griot den Nährboden. Die Überraschungen passieren aber auf dem internationalen Parkett: Frankreichs Popsängerin Camille gestaltet mit ihrer fruchtigen Sinnlichkeit eine grandioses Liebesständchen für die Kora, und Piers Faccini fühlt sich wiegend in eine Sahel-Ballade ein.

Besonders berührend ist sein Aufeinandertreffen mit Rapper Oxmo Puccino, der ihm eine Poesie über seine Spielhände zugeeignet hat – hier vereinen sich auf dem Papier unvereinbare Welten zu einer Vision von afrikanischem Erbe und Moderne. Der Spagat geht mit Klarinette und Cello bis hinüber zur Klassik in Gestalt einer freien Adaption von Berlioz‘ „Symphonie Fantastique“. Und selbst die Rocker von Feu! Chatterton zähmt der flirrende Saitenklang. Die Kora als funkelnde Hauptperson in ganz unterschiedlichen Kulissen der verschiedensten Musikgenres: ein Juwel, das durchaus auch für Hörergruppen funkeln könnte, die dem Instrument bisher fern geblieben sind.

© Stefan Franzen

Ballaké Sissoko & Sona Jobarteh: „Djourou“
Quelle: youtube

Neues von Malis Friedensbotschafterin

Fatoumata Diawara
Fenfo
(Wagram/Montuno/Indigo)

Sieben Jahre sind seit ihrem Debütalbum vergangen, und sieben Jahre sind eine lange Zeit, auch im vielleicht etwas langsamer mahlenden Weltmusik-Business. Doch man darf nicht vergessen, dass Fatoumata Diawara sich nicht ausschließlich als Sängerin sieht. Schon ihrem Debüt Fatou, für das sie als die neue Oumou Sangaré gefeiert wurde, ging eine Schauspielkarriere voraus, und die füllte auch einen Gutteil des Raums zwischen den beiden Alben: Im erschütternden Timbuktu des Mauretaniers Abderrahmane Sissako spielte sie eine Musikerin, die für ihren Beruf vom IS gesteinigt wurde, und in der Dokumentation Mali Blues erzählte sie ihre bittere Geschichte von Flucht vor Zwangsheirat und Beschneidung. Und ganz nebenbei war sie Studio- und Bühnenpartnerin von Herbie Hancock, dem kubanischen Pianisten Roberto Fonseca und Bobby Womack, setzte sich mit einem eigens komponierten Song für Einheit und Frieden im jüngst gebeutelten Mali ein.

Auch das Nachfolgewerk Fenfo kündet von ihrer entschlossenen Haltung. Übersetzt aus dem Bambara heißt der Titel: „etwas zu sagen“, die Themen drehen sich um Migration, Sehnsucht nach Liebe und die Erhaltung der Erde. Ein wenig tanzbarer („Nterini“, „Kanou Dan Yen“), auch  rockig-funkiger („Kokoro“, „Negue Negue“, „Bonya“) ist ihr Afro-Folk geworden, das liegt an einem afropäischen Team, das um klingenden Ausgleich zwischen den Kontinenten bemüht war und diese Balance auch ganz gut hingekriegt hat. Federführend ist der Franzose -M- (Mathieu Chedid) am Pult und an der Gitarre, für die afrikanischeren Farben ist Sidiki Diabaté an der Kora da, und die lyrischen Passagen werden durch den Mali-erprobten Cellisten Vincent Ségal („Don Do“) gezaubert. In der Mitte siedelt Diawaras Stimme, die für die stolzen, pentatonischen Melodien ein wunderbares Transportmittel ist – und die sich ihrer Gebrochenheit nicht schämt, keine vokale Brillanz erzeugen möchte, sondern vor allem einen kraftgeladenen, aufrichtigen Ausdruck. Und das geht ganz ohne Auto-Tune.

© Stefan Franzen
live:  26.5. Hannover, Masala Festival, 30.5. Würzburg, Africa Festival, 28.6. Fort Kléber, Wolfisheim/F, 8.7. Rudolstadt Festival

Fatoumata Diawara: Nterini“
Quelle: youtube