Pionierin der Mbira

Sie hat die Musik ihres Volkes, der Shona aus Simbabwe, international und pionierhaft bekannt gemacht hat, ihr Instrument, das Daumenklavier Mbira war dabei das Vehikel. Nun ist Stella Chiweshe im Alter von 76 Jahren gestorben.

Als sie 1946 im Dorf Mujumi geboren wurde, hieß ihre Heimat auf der Weltkarte noch Rhodesien, und die Bedingungen für die lokale Kultur waren unter kolonialer Herrschaft hart. Sowohl die Regierung als auch die Kirche versuchten, die oft rituelle, heilige Mbira-Musik auszumerzen, sie musste heimlich weitergetragen werden. Stella Chiweshe musste als junge Frau außerdem die Hürde überwinden, dass ihr Instrument traditionsgemäß nur von Männern gespielt wurde. Sie setzte sich über diese Festlegungen hinweg, da sie überzeugt war, ihre Vorfahren hätten ihr mit dem Mbira-Spiel einen Auftrag gegeben. Als sie sechzehn Jahre alt war, erklärte sich ein Großonkel bereit, sie zu unterweisen. Schnell wurden ihre Fähigkeiten erkannt und sie erhielt den Titel „Queen Of Mbira“.

1974 trug Chiweshe mit der Gründung ihrer ersten Band die Mbira in die weltliche Musik hinein, das Stück „Kasahwa“ wurde zu einem großen Hit. Als die Kolonialherren sich 1980 zurückzogen, schloss sich Stella Chiweshe der National Dance Company des jungen Simbabwe an und tourte international. Im gleichen Jahrzehnt übersiedelte sie nach Deutschland, heiratete dort und eroberte mit ihrer Musik ein europäisches Publikum. Zahlreiche Plattenveröffentlichungen begleiteten ihre Karriere, beginnend mit der Scheibe „Ambuya?“ auf dem Label Piranha. Später kehrte sie in die Heimat zurück und gründete dort das Kulturzentrum Chivanhu Centre nördlich von Harare. Chiweshes Tochter Virginia Mukwesha führt heute das Shona-Erbe ihrer Mutter fort.

© Stefan Franzen

Stella Chiweshe: „Kasahwa“
Quelle: youtube

Tuku ist verstummt

Im Alter von 66 Jahren ist am Mittwoch vergangener Woche (23.1.) Oliver Mtukudzi gestorben, Simbabwes national und international bekanntester Musiker. Der Poet mit der mal sanften, mal löwenhaften Reibeisenstimme, den alle nur „Tuku“ nannten, war über Jahrzehnte hinweg eine der großen Stimmen des südlichen Afrikas.

Bereits in den Siebzigern, als Simbabwe noch Rhodesien hieß, war der Shona-Mann Mtukudzi aktiv und sandte seine musikalischen Botschaften zu den Rebellen in den Busch. Er vereinte Daumenklavier und Popcorn-Gitarre, die traditionelle Musik der Shona, Ndebele und Zulu zu einem zeitgemäßen Afropop mit musikalischem und textlichem Tiefgang. Diese „Tuku Music“ formte er mit seiner Band, den „Black Spirits“, die zur bekanntesten Band nicht nur im jungen, unabhängigen Simbabwe wurde, sondern von Tansania bis zum Kap einen klingenden Namen hatte. Aus seinen Songs sprach Sozialkritik, er sang über AIDS, Verantwortung des Individuums und familiäre Fürsorge.

Neben im Schnitt zwei Platten, die er pro Jahr veröffentlichte, war „Tuku“ auch in Musicals zu hören und schrieb den Soundtrack für den Film „Jit“ über den Niedergang der Shona-Kultur. International startete Mtukudzi ab 1994 durch, verlor einige Jahre später aber den Großteil seiner Band, darunter seinen Bruder, an die in Simbabwe besonders krass wütende AIDS-Epidemie. Nach diesen Schicksalsschlägen machte Tuku mit seinem neuen musical director Steve Dyer weiter, einem Gitarristen und Produzenten aus Botswana, der auch fürs Soweto String Quartet tätig war. Mit ihm veröffentlichte er seine beiden populärsten Alben: Paiypepo (1998) mit Bonnie Raitt als Gaststar und Vhunze Moto (2002), auf dem er sich direkt an den Diktator Mugabe wandte.

Während Präsident Emmerson Mnangagwa Mtukudzi nun posthum zum „nationalen Helden“ erklärte, bleiben Tukus Texte über Habgier, Überheblichkeit und moralische Integrität in einem nach wie vor zerrissenen Land hochaktuell.

© Stefan Franzen

Oliver Mtukudzi: „Neria“
Quelle: youtube