Multi-Tasking mit Mallets (#4 – Canada 150)

Foto: William Mazzoleni

Joëlle Saint-Pierre (Québec)
aktuelles Album: Et Toi, Que Fais-Tu? (Eigenverlag)

Sie habe ich in einer Kneipe namens Le Verre Bouteille im Norden Montréals entdeckt, in Sichtweise des schiefen Olympiaturms. Dort treten immer wieder Musiker aus dem Songwriterfach auf, die man als ausländischer Kanada-Gast nicht unbedingt auf der Rechnung hat – am fraglichen Abend meines Besuches dort während des Montréal en Lumière-Festivals Mathieu Berubé, Chassepareil und eben sie. Joëlle schreibt ihre eigenen Lieder, zu denen sie sich aber nicht auf der Gitarre oder am Piano begleitet, sondern: auf dem Vibraphon. Das dürfte sie ziemlich einzigartig machen – nicht nur in Kanada.

Das Vibraphon ist ein Instrument, das man ja nicht oft im Chanson oder in der Popmusik findet. Wie hat deine Beziehung, deine Liebe zum Vibraphon angefangen? Kannst du beschreiben, was es für dich bedeutet?

Joelle Saint-Pierre: Als ich ein Kind war, habe ich Piano gelernt und dann Drums. Mit 12 bin ich aufs Konservatorium in Saguenay gegangen und habe dort das Fach Perkussion und klassische Perkussion belegt, ohne zu wissen, was mich erwartet. Ich musste mich da auch mit den Perkussionsinstrumenten mit Klaviatur befassen, also Marimba, Vibraphon und Xylophon. Die haben mir am meisten Spaß gemacht, denn die sind sehr spielerisch. Das Vibraphon spiele ich sehr zart, denn ich mag den Klang, wenn der Anschlag leise ist, die Obertöne sind reicher und das finde ich beruhigend. Der Klang des Vibraphons führt mich zu einer gewissen Einfachheit zurück, und das ist mein Ziel: in meinen Chansons die einfachen Sachen zum Ausdruck zu bringen. Weiterlesen

Amerikas neue Folk-Charismatikerin

rhiannon giddens 1

Mit den Carolina Chocolate Drops hat sie pionierhaft die Geschichte der schwarzen Stringbands Amerikas aufgearbeitet, nun setzt sie auf Soloarbeit. Die Sängerin, Geigerin und Banjospielerin Rhiannon Giddens ist das neue Gesicht der amerikanischen Folkbewegung, sie vereint Qualitäten von Joan Baez, Odetta, Dolly Parton und Nina Simone, denen sie auf ihrem Debüt „Tomorrow Is My Turn“ (Nonesuch/Warmer) allen ein sehr lebendiges Denkmal setzt. Bevor sie im Sommer einige wenige Deutschlandkonzerte spielen wird, habe ich mit ihr gesprochen. Weiterlesen

Moments Of Nina

Am Wochenende wäre sie 82 geworden. Eine kleine verspätete Hommage an die Frau, die für eine ihrer Platten plakativ „High Priestress Of Soul“ genannt wurde, aber in Wahrheit eine der wahrhaftigsten Stimmen des 20. Jahrhunderts besaß – und das von Jazz über Pop bis hinein in die Klassik.

5. „You Can Have Him“ (live in NYC, 1959)
Quelle: youtube
4. „Consummation“ (1967)
Quelle: youtube
3. „Four Women“ (live in Harlem, 1969)
Quelle: youtube
2. „Lilac Wine“ (1966)
Quelle: youtube
1. „Tomorrow Is My Turn“ (live in London, 1968)
Quelle: youtube

Auf diese Version von „Tomorrow Is My Turn“, (im Original Charles Aznavours „L’Amour C’est Comme Un Jour“) hat mich Rhiannon Giddens vor ein paar Tagen im Interview aufmerksam gemacht. Für mich seitdem die bewegendste Live-Aufnahme von Nina Simone – und sie wurde zudem wohl wenige Tage nach meinem Geburtstag eingespielt.
Von Rhiannon Giddens gibt es in ein paar Tagen mehr.