Dieses Jahr mit einem Dankgesang enden zu lassen, scheint auf den ersten Blick vielleicht nicht passend zu sein. Ganz zu schweigen von den Situationen für die vielen Alten und Kranken, die Menschen im Pflege- und Krankenhausbetrieb, war 2020 für die Kulturszene ein oft existenz-, wenn nicht lebensbedrohender Spießrutenlauf, der leider noch lange nicht zu Ende ist.
Es bleibt die Hoffnung und das Ausharren. Mir hat dabei dieses Jahr vor allem die Rückbesinnung auf klassische Musikwerke geholfen, in denen Stärke aus Innerlichkeit erwächst. Ohne das Adagio aus Schuberts Streichquintett C-Dur, ohne Mahlers „Lied von der Erde“ und die Ecksätze seiner 9. Sinfonie, ohne die Klaviermusik von Federico Mompou, und vor allem ohne die späte Kammermusik des Jubilars Beethoven hätte ich dieses Jahr nicht so gut gemeistert.
Daher möchte ich 2020 auch mit einer Reverenz an Ludwig van Beethoven beenden. 1825 hatte er eine schlimme Darmentzündung, die ihn für etliche Wochen in seiner Schöpferkraft komplett lahmlegte. Als er wieder genesen war, komponierte er einen 20-minütigen langsamen Satz, der in sein 15. Streichquartett eingeflossen ist, als „Heiliger Dankgesang eines Genesenen an die Gottheit in der lydischen Tonart“.
Das Danish String Quartet spielt dieses ruhige, erhabene und schlichte Gebet, das zweimal von hoffnungsfrohen, jubilierenden Ausbrüchen der Gesundung unterbrochen wird, wie kein anderes Ensemble – mit grandioser Hingabe an jeden einzelnen Ton. In diesem Sinne: Möge die Gesundheit zurückkehren und die Welt danach im positiven Sinne nicht mehr dieselbe sein.