Bruderseelen

Matthieu & Camille Saglio
Al Alba
(ACT/edel)

Ich freue mich sehr, dass der von mir überaus geschätzte Cellist Matthieu Saglio, der mich noch Mitte März auf meiner kleinen „Ohren auf Weltreise“-Tour begleitet hat, sein neues Album Al Alba herausbringt. Es ist eine Gemeinschaftsarbeit mit seinem Bruder, dem Sänger Camille Saglio, und zusammen erschaffen sie eine imaginäre Welt zwischen mediterranem und arabischem, afrikanischem und barockem Klangraum, Fantasiesprache inklusive.

Über dieses Werk zweier verwandter Bruderseelen habe ich mit Matthieu gesprochen, meinen Beitrag sendet SRF 2 Kultur am Dienstag, den 29.04. ab 20h in der Sendung Jazz & World aktuell mit Moderator Roman Hosek. (Wiederholung am Freitag, den 2.5. ab 21h)

Im Quartett wird Matthieu auf dem Offbeat Festival Basel in der Gare de Nord in einem Doppelkonzert mit dem Trio des menorquinischen Bassisten Marco Mezquida zu hören sein: Offbeat Concert | Matthieu Saglio Quartet; Marco Mezquida Trio.

Camille & Matthieu Saglio: „Iberian Ballad“
Quelle: youtube

Portugiesische Utopie

Zum 51. Tag der Nelkenrevolution teile ich das 1983 veröffentlichte Lied des portugiesischen Liedermachers José Afonso, „Utopia“. Es stammt vom späten Album Como Se Fora Seu Filho, das gerade vom Label Mais 5 neu abgemischt wurde.

Es sind Lieder wie diese, die wir brauchen in einer Zeit der Perspektivlosigkeit, zwei Wochen vor dem Amtsantritt einer neuen Regierung, die der globalen Metakrise keinerlei Mut machende Visionen entgegensetzt, die Klimakatastrophe ignoriert, Ressentiments gegen Migrantinnen und Migranten schürt, und deren Vertreter eine „Normalität“ im Umgang mit den Nazis im Parlament fordert, die mittlerweile von jedem vierten Wählenden unterstützt werden.

Es wird nicht so sehr entscheidend sein während der nächsten zwei bis vier Jahre, wie viele sich aktiv für die Zerstörer der Demokratie aussprechen, sondern wie viele sie schweigend gewähren lassen. Wir müssen alle den Mund aufmachen, weiterkämpfen dafür, dass „das starke und gerechte Wort nicht verleugnet“ wird.

Stadt, ohne Mauern und Zinnen
ihre Menschen innen und außen gleich,
wo das Blattwerk der Palme 
das Mauerwerk streichelt
Stadt des Menschen
nicht des Wolfes, sondern des Bruders,
Hauptstadt der Freude

Arm, der schläft,
umarmt vom Fluss
nimm die Frucht deiner Erde,
du schuldest sie dir selbst,
nimm die Herausforderung an

Mensch, der du in Augen blickst, 
der du das Lächeln, das starke und gerechte Wort nicht verleugnest
Mensch, den das alles nichts kostet
Könnte es denn sein, dass es dort, im Osten,
diesen Fluss, diesen Weg, diese Möwe
auf meinem Weg gibt?

José Afonso: „Utopia“
Quelle: youtube

(he)artstrings #31: Der Maler und die Ewigkeit


Sandy Denny: „No End“
(aus: Like An Old Fashioned Waltz, Island 1973)

Am 21. April 1978 verstarb eine der größten Songwriterinnen Englands viel zu jung, mit gerade einmal 31 Jahren. Seit meiner Studienzeit haben mich ihre Lieder begleitet, und immer in Phasen von Verzweiflung und Verlust hat sich ihre Musik wie eine heilende Essenz um meine Seele gelegt.

Sandys Musik ist zeitlos und wirkt in erstaunlichen Ausprägungen immer weiter: So hat die Freiburger Musikerin Carla Fuchs ihre Songs nicht nur gecovert, sondern 2023 auch unveröffentlichte Gedichte aus dem Fundus von Tochter Georgia zu einem großartigen Album namens Songbird weitergesponnen, das ich nicht nur Denny-Fans wärmstens ans Herz lege.

Heute, zum 47. Todestag von Sandy Denny, teile ich einen ihrer größten Songs mit euch, der aber fast nie gespielt wird und nicht unter ihren „Hits“ rangiert. „No End“ stammt von ihrem dritten Solo-Album Like An Old Fashioned Waltz und wird von den fantastischen Orchesterarrangements von Harry Robinson getragen.

Why don’t you have any brushes any more, I used to like your style
I see no paintings anywhere and there’s no smell of turpentine
Did I really have no meaning? Well I never thought I’d hear those words from you
Who needs a meaning anyway, I’d settle anyday for a very fine view
(…)
Cuno Amiet: Der Maler (1959)
The day and then the night have gone, it was not long before the dawn
And the travelling man who sat so stiffly in his chair began to yawn
Having kept me here so long my friend, I hope you have a sleeping place to lend
But the painter he just smiled and said: I’ll see you in a while, this one has no end
Sandy Denny: „No End“
Quelle: youtube