Lagos: And the winner is…

wax-dey-yemi-aladeWer diesen Blog verfolgt, weiß, dass ich ab und zu auch einen Blick auf die aktuelle afrikanische Musikszene werfe. Und die hat mit den Afro-Acts, die hierzulande wahrgenommen werden, herzlich wenig zu tun.

Am Wochenende gingen im nigerianischen Lagos die All African Music Awards (AFRIMA) über die Bühne, und sie unterstreichen das kräftig. Der Vocoder-verliebte R&B regiert immer noch zwischen Johannesburg und Dakar, aber er wird manchmal mit äußerst witzigen Videos gewürzt. Von den in 22 Kategorien vergebenen Awards habe ich mal den Best Male Artist in Central Africa herausgepickt, den Kameruner Wax Dey, der mit der Nigerianerin Yemi Alade hier zu einer Makossa-Variante des 21. Jahrhunderts auf den staubigen Tanzboden geht. Wir erinnern uns: Makossa, der kamerunische Stil, der von Manu Dibango in den frühen Siebzigern mit Soul und Funk aufgepeppt sogar weltweiten Erfolg verbuchen konnte. Auch ein Michael Jackson bediente sich beim Hit „Soul Makossa“ des Sax-Altmeisters und musste dafür nachträglich zahlen. Vielleicht drückt Manu bei seinem Landsmann ein Auge zu, denn auch der hat die berühmte Sequenz verwendet.

Die gesamte Gewinnerliste der AFRIMA gibt es hier.

Wax Dey feat. Yemi Alade: „Saka Makossa“
Quelle: youtube

Side tracks #21: Im Schlafwagen der verlorenen Liebe

joni-mitchell

flagge-kanada-flagge-button-50x75Joni Mitchell:
„Just Like This Train“
(aus: Court & Spark, 1974)

Mit der Canadian Railroad Trilogy hat Gordon Lightfoot vor einigen Wochen die kanadische Eisenbahnsektion eröffnet – und eine Trilogie schaffen wir hier in Kürze auch – mindestens.

Im bittersüßen Sarkasmus enttäuschter Liebe führt uns Joni Mitchell auf die Gleise, vergleicht ihren Zustand mit dem eines immer verspäteten Zuges, der in den Bahnhof hineinwackelt. Und während sie über die Gründe nachdenkt, warum sie ihre Liebe verloren hat, nimmt sie in einem überfüllten Wartesaal Platz und besteigt schließlich einen Schlafwagen, der sie und ihren Liebesschmerz hinweg trägt. Besonders sympathisch macht die Geschichte natürlich die Erwähnung einer „bottle of German wine“.

Es gibt von diesem Song seit diesem Jahr auch eine Version von Jochen Distelmeyer, mit der ich persönlich gar nicht anfangen kann. Jonis Original vom Album Court & Spark ist hier . Mochte ich bislang Blue und vor allem das allererste Werk Song To A Seagull am liebsten, entwickelt sich Court & Spark langsam aber sicher zu meiner Lieblingsscheibe. Es hat schon ein paar jazzige Züge, aber nicht zu viele,  ist unglaublich raffiniert instrumentiert bis hin zu fein aufgefächertem Symphonieorchester, und ist durch diese reichen Arrangements nicht mehr so direkt schmerzlich, so offensichtlich autobiographisch wie Blue.

2002 hat sie „Just Like This Train“ erneut mit Orchester eingespielt (auf dem Album Travelogue), und in den 1990ern hat sie den Song solo im Fernsehstudio aufgegriffen. Bei dieser Gelegenheit: Happy Birthday, Joni!

Joni Mitchell: „Just Like This Train“ (live 1996)
Quelle: youtube