Céline Rudolph – Henrique Gomide – João Luis Nogueira Amaré (Challenge Records)
Die deutsch-französische Sängerin Céline Rudolph ist für ihr Faible für brasilianische Töne bekannt und setzt diese auf Albenlänge einfühlsam und mit tiefem Verständnis um. Auf Amaré wählt sie hierfür ein Jazztrio mit den kongenialen Gewährsmännern Henrique Gomide (p) und João Luis Nogueira (g). Die Begegnung eröffnet durch den Verzicht auf Drums neue Flow-Optionen, bietet Platz fürs Auskosten spannender Reharmonisierungen, kündet von konzentriertem Interplay. In „Embaixo Da Imensidão“ umgarnen Akustikgitarre und Klavier mit flinken Läufen Rudolphs fantasievolles Scatting. „Emoriô“ entführt in die Atmosphäre erdiger afrobrasilianischer Anrufungen, während Bahias Küste in den offenen Akkorden von „Itacimirim“ wie in einem Traumbild verewigt wird.
Von belebendem Reiz sind die teils perkussiven, teils lautmalerischen Dialoge von Teco Cardosos Gastflöte mit den Vocals in „Toca De Arara“. Kernstück ist „Beijo Partido“: Hier atmen die vier Musiker in gegenseitiger Beseeltheit, Gitarrengast Horta vereint sich im Stück aus seiner Feder mit dem Piano zu grandios fließender Chromatik. Und ganz großartig ist schließlich, wie Rudolph den schwermütigen Samba-Klassiker „Preciso Me Encontrar“ von Cartola in eine zeitlose Zero Gravity-Zone entführt.
SWR Musikstunde Jenseits der Zeit – die Ewigkeit in der Musik 27. – 31.10.2025, jeweils 9h05
Musik ist die Kunst in der Zeit. Will sie nicht abstrakt bleiben, braucht sie das Verrinnen der Zeit, sonst kann sie nicht tönen. Wie aber klingt es, wenn Komponistinnen und Komponisten versuchen, Ewigkeit einzufangen? Und was meinen wir überhaupt mit Ewigkeit – ist es ein „Ort“, auf den wir nach unserem irdischen Dasein hinsteuern, wie das Paradies oder die Hölle, oder vielmehr ein Prozess zyklischer Wiederkehr? Ein allumfassendes Gedächtnis der Welt?
„In der Ewigkeit geschieht alles zugleich“, dichtete der Mystiker Angelus Silesius. All diese Ideen führen, in Töne gefasst, natürlich zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Mit Tonschöpferinnen und Komponisten, Liedermacherinnen und Soundtrack-Schreibern, mit Musikerinnen und Musikern aus allen Erdteilen, allen spirituellen Ausrichtungen stoßen wir hier an die großen und an die letzten Fragen unserer Existenz.
Charles Aznavour: Le Chemin De l’Éternité“
Quelle: youtube
Aus aktuellem Anlass schalte ich nochmals den Artikel über Simin Tander hoch:
Simin wird zweimal im Süden Deutschlands mit ihrem neuen Quartett gastieren und das neue Album The Wind spielen:
19.10. Jazzhaus Freiburg
20.10. Karlstorbahnhof Heidelberg (Enjoy Jazz Festival)
Mit multinationalem Team hat die deutsch-afghanische Sängerin Simin Tander ihr fünftes Album The Wind (Jazzland Recordings/edel Kultur) eingespielt. Wie der Namensgeber fließt es grenzenlos zwischen Indien, Afghanistan, Europa und Amerika.
Es passiert etwa in der Mitte ihres neuen Werks: Für die stürmische Jagd einer Wolke über den Himmel greift Simin Tander zum Sprechgesang, rappt fast die Poesie des englischen Romantikers Percy Bysshe Shelley. „Diese Dramatik mit den archaischen Bildern von Natur und Donner, das hat mich berührt, weil es so klar ist und eine unglaubliche Kraft hat“, sagt sie. „Nursling Of The Sky“ ist zugleich ein Schaukasten dafür, was mit ihrer erprobten Rhythmusgruppe möglich ist: Die funky groovenden Kletterlinien des schwedischen Bassisten Björn Meyer und die tribal galoppierende Kraft des Schlagwerkers Samuel Rohrer vereinigen sich hier zu elektrisierender Energie. Die hat so gar nichts Romantisches mehr an sich und konnte „nur mit diesen beiden, die eine starke individuelle musikalische Sprache auf ihrem Instrument entwickelt haben“ gezündet werden. Mit beiden hatte die Deutsch-Afghanin schon auf dem Vorgänger „Unfading“ gearbeitet. Komplettiert wurde das Quartett damals durch die Viola d’Amore des Tunesiers Jasser Haj Youssef, was insgesamt zu einem eher gedeckteren Klangspektrum führte – ihr damaliger Ausdruckswunsch mit einer Stimme, die sich schwangerschaftsbedingt tiefer gefärbt hatte.
Jetzt ist aber Harpreet Bansal neue Partnerin im Quartettgefüge: Die indische Geigerin, geschult im Raga-System, sorgt für helleres Kolorit: „Ihr Ton ist sehr warm und voller als das, was man von einer Geige normalerweise kennt, aber sie hat auch dieses endlos in die Höhe steigende. Und sie ist eine Meisterin darin, meinem Gesang zu folgen. Bei manchen Stücken ist sie wie ein verschnörkelter Schatten der Melodie, bei anderen spielt sie bewusst nur in die Pausen der Gesangsmelodie. Die Herausforderung war, dass ich auf meinem Pfad bleibe, obwohl da eine weitere ‚Stimme‘ ungefähr den gleichen Weg direkt hinter mir geht. Nur so ist das Gesamte wirklich stark.“ Man kann dieses faszinierende Miteinander von Bansal und Tander tatsächlich als Tanz einer Persönlichkeit wahrnehmen, die sich in verschiedene Nuancen auffächert. Gewissermaßen als „Windspiel“ gleitenden und suchenden Charakters.
Das Album „The Wind“ beherbergt denn auch die verschiedensten Ausprägungen, die die Bewegung der Luft haben kann, vom Säuseln und Hauchen bis zur ekstatischen Entladung. Verblüffend, wie das Quartett eine Synthese zwischen packender Körperlichkeit und der Sphäre des Ungreifbaren in Töne gefasst hat. „Ich scheine eine Vorliebe für die Elemente zu haben“, schmunzelt Tander, die in ihrem neuen Werk Bezüge an die Wasser-Hommage „Where Water Travels Home“ von 2013 entdeckt. „Der Wind hat für mich eine symbolische Bedeutung für etwas, das durch die verschiedenen Epochen und Sprachen zieht und alles miteinander verbindet.“ Das wird durch das denkbar breite Repertoire auf dem Werk belegt. Als Gegenpol zur virilen Shelley-Vertonung wirft Tander die Hörenden mitten hinein in die Ära des neapolitanischen Liedes mit „I‘te Vurria Vasà“ von Edoardo Di Capua („O Sole Mio“), befreit es aber von allem opernhaften Schmelz und Pathos, nur mit begleitendem Geigenhauch. Eine Bearbeitung eines norwegischen Kirchenliedes und ein spanisches Lullaby schaffen weitere Klangräume aus europäischen „Randzonen“. Der inspirative Geist des Windes, er lässt sich von keiner Grenze stoppen.
Simin Tander – „The Wind“ Album Trailer
Quelle: youtube
Linguistische Challenges sind fester Bestandteil in Tanders Repertoire-Auswahl. Schon vor zwölf Jahren setzte sie sich das ehrgeizige Ziel, im komplexen Paschtu zu singen. Näherte sich der Sprache ihres Vaters, indem sie eines seiner Gedichte vertonte, phonetischen Unterricht bei einem Freund der Familie nahm, der ihr auch viele Lieder der Region erschloss. Seitdem ist das paschtunische Idiom fester Bestandteil ihrer Alben geworden. Populäre Songs der Region, die oft aus Bollywood-artigen Streifen stammen, finden sich auf „The Wind“ gleich dreifach und haben eine erstaunliche Metamorphose hinter sich. „Meena“ eröffnet das Album mit einem Gedicht aus dem 18. Jahrhundert, das Tander durch die populäre Sängerin Qamar Gula kennengelernt hatte. An „Jongarra“ zeigt sich, wie einfallsreich sie mit „jazzigen“ Reharmonisierungen arbeitet, das Original ist kaum noch zu erkennen: „Ich habe eine große Affinität zu Harmonien und Akkorden, die habe ich hier ausgelebt.“ Am lebhaftesten ist „Janana Sta Yama“, ein neckisches Stück der Schauspielerin Gulnar Begum.
Nie zuvor war Tanders Stimme ein so selbstsicheres, spielerisches Werkzeug. Vermehrt arbeitet sie nun mit Schichtungen. Eine der Eigenkompositionen, „Woken Dream“, zugleich einer der stärksten Momente des Werks überhaupt, zeigt, wie ein Song dadurch Zugänglichkeit auch für Hörende aus der Popkultur schaffen kann. „Natürlich ist es kein Pop-Album geworden“, stellt Tander klar. „Aber ich hatte schon den Wunsch, mich auf eine Art und Weise ganzheitlicher auszudrücken, weg von einer Nische zu gehen.“ Hier und da ist subtile, aber präsente Elektronik zu hören, getriggert von Rohrer am Schlagzeug. Überhaupt legt Simin Tander sehr viel Wert auf die Charakteristik des Sounds. Daher war es ihr wichtig, für den Mix und das Mastering Persönlichkeiten mit ausgeprägt „physischer Präsenz“ am Pult zu suchen. Gefunden hat sie sie im zweifach Grammy-nominierten Joshua Valleau und im Grammy-Gewinner Daddy Key, die mit der US-Pakistanerin Arooj Aftab, mit Kamasi Washington und Corinne Bailey Rae gearbeitet haben.
Ganz dem Wesen des Windes entsprechend schweift das Geschehen grenzenlos zwischen Indien und Afghanistan, dem Norden und Süden Europas und Amerika. Unser Interview findet in der heißen Phase vor der Bundestagswahl statt, die mit den bekannten Ereignissen die Selbstverständlichkeit solch schlagbaumloser Diversität künftig in Frage stellt. Mischt Simin Tander sich als kosmopolitische Künstlerin in politische Diskussionen ein? „Es geht heutzutage nicht mehr, dass man unpolitisch ist. Früher habe ich immer gesagt, dass mein Wunsch sehr persönlich ist, nämlich, den Reichtum der afghanischen und paschtunischen Kultur in die westliche Welt zu bringen. Das ist immer noch mein Hauptanliegen. Aber wenn es sich richtig anfühlt, mich nicht von der Musik zu sehr wegbringt, spreche ich jetzt auf der Bühne über Frauenrechte und die Situation in Afghanistan. Das ist auch eine Verantwortung, die ich als Künstlerin habe.“
Simin Tander: „Nursling Of The Sky“
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Kaum fassbar: Heute vor 40 Jahren wurde diese zeitlose Hymne der Popmusik veröffentlicht. Ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, als SWF 3-Moderator Bernd Mohrhoff den Einstieg in die UK-Hitparade auf Platz 30 mit dem Kommentar „dieses Mal ganz schön zackig“ vermeldete. Kate Bushs zweite Single-Auskopplung aus Hounds Of Love packte mich sofort, während ich mit dem Erstling „Running Up That Hill“ etwas länger gefremdelt hatte. „Cloudbusting“, die Story um den Psychoanalytiker Wilhelm Reich und seinen Sohn Peter, gehört bis heute zu den Top 5 meiner Kate Bush-Songs.
Vor zehn Jahren habe ich schon einmal einige Cover- und Sample-Versionen zusammengestellt, viel Anhörenswertes ist seitdem nicht dazugekommen. Unten sind die originellen Varianten des Songs, die übrigblieben – inklusive Kates eigener Live-Version aus dem Hammersmith Apollo, die ich im September 2014 selbst live miterleben durfte.
Sef (Marokko/Niederlande): „Lichaam Is Een Club“
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SRF 2 Passage Musik als Refugium – ein Porträt des iranischen Musikers Kayhan Kalhor Freitag, 10.10.2025, 20h
Er ist ein herausragender Botschafter der persischen Kultur auf der ganzen Welt. Mit seinem Instrument, der Stachelgeige Kamancheh, hat der iranische Kurde Kayhan Kalhor der Menschlichkeit und Völkerverständigung eine sensible Stimme gegeben.
Kalhor engagiert sich in seiner Arbeit für die Zusammenarbeit von Musikerinnen und Musikern verschiedenster Herkunft, knüpft Kontakte zwischen persischer Tradition, westlicher Klassik und Weltmusik. Im Gespräch zeichnet er seinen Weg nach: vom Wunderkind im Iran über seine vielen internationalen Teamworks – darunter das Silk Road Project von Yo-Yo Ma – bis zu seiner politisch bedingten Odyssee zwischen New York und Teheran. Ein Künstler, der zum Spielball der Ideologien wurde, aber unbeirrt seine Vision verfolgt.
Anlässlich der Uraufführung seiner Komposition „Venus In The Mirror“ habe ich Kayhan Kalhor im Sommer in Hamburg getroffen. SRF 2 Kultur sendet in der Reihe Passage am Freitag, den 10.10.2025 ab 20h mein Porträt über Kayhan Kalhor. Nach der Ausstrahlung steht die Sendung zum Nachhören auf der SRF 2 Kultur-Seite zur Verfügung (auch in der Nichtschweiz).
Viel Spaß beim Hören wünscht
Euer Stefan
Kayhan Kalhor, Yo-Yo Ma & NDR Elbphilharmonie Orchester: „Venus In The Mirror“ (Trailer)
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Wenn es um einen Kontrabass ging, der grenzüberschreitend und global unterwegs war, dann gab es im UK seit den 1960ern eine Persönlichkeit, die unangefochten an der Spitze stand: Danny Thompson. Sein 160 Jahre alter Bass trug auch einen Namen, liebevoll nannte Thompson die auf Hunderten von Aufnahmen zu hörende viersaitige Lady „Victoria“. Am 23. September ist der Musiker im Alter von 86 Jahren im südenglischen Rickmansworth gestorben.
Danny Thompson war in den 1960ern bereits Mitglied bei Alexis Korners Blues Incorporated, beim Tubby Hayes Quartet, spielte mit Ginger Baker und John McLaughlin. Ein einziges Mal griff er zum E-Bass, als Roy Orbison ihn 1963 für eine Tour verpflichtete, auf der die Beatles den Support Act gaben. 1968 steuerte er den Bass zu Cliff Richards Grand Prix-Beitrag „Congratulations“ bei. International bekannt wurde er als Gründer der Band Pentangle an der Seite der Gitarristen John Renbourn und Bert Jansch, ab 1967 verband die Gruppe britische Folkmusik mit Blues, Jazz und Barock-Anleihen. Ihr gehörte er bis 1973 an und war auf der stilbildenden LP-Quadrologie „The Pentangle“, „Sweet Child“, „Basket Of Light“ und „Cruel Sister“ mit von der Partie. In den Achtzigern und nochmals für eine Reunion 2008 kehrte er zurück zu Pentangle. Im Folk spielte er außerdem mit dem Sänger und Gitarristen John Martyn, mit dem Folkblues-Innovator Davey Graham, der Incredible String Band sowie mit den Songwritern Nick Drake, seinem – nicht verwandten – Namensvetter Richard Thompson (Fairport Convention) und der Grande Dame des englischen Folksongs, June Tabor.
Einige Ausflüge machte Thompson auch in den Pop: 1982 und 85 steuerte er Basslinien für Kate Bushs Alben „The Dreaming“ und „Hounds Of Love“ bei, stand in Diensten bei Talk Talk und David Sylvian. Erst 1987 erschien mit „Whatever“ sein erstes Soloalbum. Wenig später offenbarte er in mehreren Kollaborationen sein Faible für globale Klänge. Diese Facette seiner Karriere begann mit dem Projekt Songhai, in dem der malische Kora-Virtuose Toumani Diabaté und die spanische Flamencogruppe Ketama über seinen melodischen Basslinien zusammenfanden. Thompson spielte mit der chilenischen Formation Incantation und arbeitete in Dizrhythmia mit dem indischen Perkussionisten Pandit Dinesh. Seine weltumspannende Perspektive hatte auch Einfluss auf seine Tongebung im Britfolk, wie etwa die Tracks „Hopdance“ oder „Basket Of Eggs“ verraten.
Mit Danny Thompson geht ein Großer der scheuklappenlosen englischen Folkszene, der sein warmes und virtuoses Bass-Spiel stets in den Dienst des Songs gestellt hat. Kate Bush schrieb in ihrem Nachruf: „Man hat nie nur mit Danny gearbeitet, sondern auch mit seinem Kontrabass Victoria. Zusammen waren sie die faszinierendsten Geschichtenerzähler – erdig und wild. Danny war der süßeste, liebste Mann und ein echter Charakter. Ein seltener und besonderer Schatz. Danke, Danny, dass ihr, du und Victoria, Feuer und Flamme wart für die Arbeit. Ich werde dich so sehr vermissen.“
Spagat zwischen Klassik und Indie-Pop:
Der PhilClub.Freiburg startet mit dem Kanadier Owen Pallett in die neue Saison.
Februar 2017 in Toronto: Kanada feiert seinen 150. Geburtstag mit einer Konzertserie namens „Canada Mosaic“, in der sich Klassik und Popkultur durchwirken. Einer der Höhepunkte: Der heutige Dirigent des Philharmonischen Orchesters Freiburg, André de Ridder, leitet das Toronto Symphony Orchestra im Zyklus „Songs From An Island“ für Bariton und Orchester von Owen Pallett. Das Torontoer Publikum, altersmäßig gut durchmischt, ist begeistert von den Liedern in einem englisch-spätromantischen Ton. 2020 arbeitet Pallett die Lieder für seine eigene sanfte, empfindsame Stimme zu einem in Teilen symphonischen Indie-Pop-Album um, das ein wenig folky, bekennend lyrisch, manchmal geradezu träumerisch tönt. „Wenn Owen Songs schreibt, dann gehen die durch sehr viele Metamorphosen und Arrangements“, so Freiburgs GMD. „Wir versuchen im Phil Club jetzt, die Versionen vom Album wiederzugeben. Er selbst wird Gitarre spielen, und für die drei Stücke mit Schlagzeug hat er sich Andi Haberl von The Notwist gewünscht.“ Doch wer ist Owen Pallett, dessen Name dem Klassik-Publikum und auch Pop-Affinen hier wenig vertraut sein dürfte?
Pallett und De Ridders eigene Band Stargaze fanden seit zwölf Jahren mehrfach zusammen, etwa bei der Ruhrtriennale oder im Berliner Berghain. Der 46jährige Kanadier hat eine klassische Ausbildung und ist heute als Filmmusiker gut im Geschäft. Er trat als einer der Kreativköpfe der Montrealer Alternative-Pop-Bubble um die Band Arcade Fire in Erscheinung, arrangierte die Stücke der Weltstars und war als Geiger auch mit ihnen auf Tour. Parallel veröffentlicht er Konzeptalben, für deren Geschichten er Alter Egos entwirft, so auch auf dem fünften und bislang letzten „Island“. „Er sieht selbst, dass er in der Musikszene nirgendwo so richtig reinpasst und eigentlich eine Insel ist“, sagt de Ridder. „Mit dem schönen Titel ‚Lewis get‘s fucked into space‘ verabschiedet er sich von seinem bisherigen zweiten Ich, das er Lewis nannte. Das Werk ist auch eine Identitätsfindung für ihn“.
Der Auftakt-Abend zur neuen Phil Club-Saison bringt eine neue Variation in die beliebte Reihe. Die Aufführung eines ganzen Albums verdichtet das bisher eher Intermezzo-hafte Teamwork von Orchester und den Gästen aus der Popwelt. Und strahlt bezugsreich in die Saison aus, wie de Ridder verrät: „Im April wollen wir zum 40jährigen Jubiläum ‚The Colour Of Spring‘ von Talk Talk auch in Gesamtlänge spielen, mit Chören, inklusive Kinderchor und Blockflöten. Wir nutzen also die verschiedenen Ensembles des Theaters für ein wunderbares spartenübergreifendes Projekt.“ Bezüge gibt es noch mehr: Vor Palletts „Island“ erklingen im Phil Club die „Shaker Loops“ von John Adams, dessen Oper „Doctor Atomic“ im November Theaterpremiere hat. Und mit Jonny Greenwood von Radiohead ist im ersten Symphoniekonzert ein weiterer Popschaffender mit Filmmusik im Programm.
Anglophone Durchlässigkeit ist also erneut spür- und hörbar, gemäß der Liebe de Ridders zur „Crossgenre“-Philosophie: „Die deutsche Klassik-Szene ist sehr vom Solistentum geprägt, man neigt dazu, sich zu separieren. In Kanada und den USA setzt man auf Kollaborationen, auf Offenheit und Respekt gegenüber anderen Genres, das begünstigt Dinge, die sonst nie entstehen würden.“ Der GMD hat beobachtet: Freiburg zeigt sich aufgeweckt genug für diese Perspektive. Ob sie auch nach seinem Weggang weitergepflegt wird? „Die neue Intendanz ist dafür sehr empfänglich, weil sie selbst spartenübergreifend arbeitet. Aber natürlich muss man meiner Nachfolge den Raum geben, vielleicht wieder ein völlig neues Konzept mitzubringen.“
dieser Blog wird heute 11 Jahre alt.
Herzlichen Dank an alle, die mir die ganze oder Teile der Wegstrecke gefolgt sind, auch in den letzten beiden Jahren, die nicht einfach für mich waren.
Zum 11. Geburtstag von greenbeltofsound.de durfte ich zufälligerweise im Rahmen des Festivals Soundcity Freiburg im legendären Freiburger Plattenladen Flight 13 lesen und auflegen.
Eine sehr schöne Erfahrung, weil das nette, aufmerksame, und trotz Sauwetters zahlreich erschienene Publikum perfekt durchmischt war mit jungen und älteren Semestern.
Mir hat es großen Spaß gemacht, ein dickes Dankeschön an Danny Neumann für die rührende Organisation, gerne wieder!