Elza Soares & Riachao (Foto: Wikimedia Commons)
Wenn es um den Samba der Neuzeit geht, ist sie seine bekannteste Kultfigur. Seit Anfang der 1960er dominierte Elza Soares das Genre mit ihrer fruchtigen bis grollenden Stimme, Ausflüge in Funk und die elektronische Musik inklusive. Gestern ist sie im Alter von 91 Jahren gestorben.
Wie so viele der großen brasilianischen Interpreten wächst auch sie in Armut auf, in Rios Favela Moça Bonita. Schon mit zwölf heiratet sie zum ersten Mal, mit sechzehn gewinnt sie einen Gesangswettbewerb des Komponisten Ary Barroso („Aquarelas Do Brasil“). Schlager und Musicals bestimmen ihre 1950er, der Durchbruch gelingt ihr, als Plattenchef Aloysio De Oliveira sie für Odeon unter Vertrag nimmt.
1961 stellt sie ihren frühen Meilenstein A Bossa Negra vor, singt im Folgejahr anlässlich der Fußball-WM in Chile an der Seite von Louis Armstrong. Eine folgenschwere Reise, denn dort lernt sie den Ballkünstler Garrincha kennen, mit dem sie eine turbulente Ehe führen wird. Während die Bossa Nova wieder auf dem Rückmarsch ist, fahren die Brasilianer auf Elzas Samba-Platten ab, besonders ihre Duette mit Miltinho werden in den späten Sechzigern Hits. Nach drei Jahren in Rom läutet sie 1972 in der Heimat eine neue, Funk-orientierte Phase mit Elza Pede Passagem ein. Alkoholismus und der Verlust ihrer Popularität zeichnen sie, doch in den 1980ern sorgen eigene TV-Shows für neue Präsenz.
Musikalisch macht sie erst wieder 1997 von sich reden: Trajetória, unter anderem mit Chico Buarque, bringt ihr Kritikerlob ein, und mit Do Cóccix Até O Pescoço schafft sie den Anschluss an die neue Hörergeneration, Gäste sind Carlinhos Brown und Seu Jorge. Mit über 80 Jahren zeigte sie sich noch trotz gesundheitlicher Probleme als Unverwüstliche: Auf A Mulher Do Fim Do Mundo schreitet sie tief ins Reich experimenteller Klänge hinein, die engagierte Texte über Transsexualität und häusliche Gewalt transportieren. Diesen Sound behält sie auch auf ihren beiden letzten Werken bei, Deus É Mulher und Planeta Fome, dem Hungerplaneten, eine Anspielung auf ihre Herkunft aus der Favela. Erinnern möchte ich an Elza mit einem Duett-Medley mit Miltinho. Die Platte habe ich 2005 in Rio entdeckt, der Tropenpilz steckt bis heute in der Rille. Dieses Stück hat mich viele Male aus einer Keller-Laune herausgezogen!
© Stefan Franzen