Kraftwerk: „Trans Europa Express“ / „Metall auf Metall“
aus: Trans Europa Express
(rem. Parlophone 2009, orig.: Klingklang 1977)
Seine Geschichte währte von 1957 bis 1991, und musikalisch verewigt wurde er auf dem Zenit seiner ruhmreichen Karriere. Der Trans Europ Express (kurz TEE) ist der legendärste Zug der europäischen Neuzeit. Bei der größten Netzausdehnung 1974 fuhren TEEs bis nach Reggio di Calabria und Kopenhagen, bis nach Wien und Barcelona, ausschließlich erste Klasse, versteht sich. Die verschiedenen Länder entwarfen charakteristische Designs für die Dieseltriebwagen, der schönste aber kam zweifellos aus Deutschland, der VT 11.5 mit seiner riesigen roten Schnauze und der erhöhten Lokführerkanzel.
Auf dem Gelände des Bahnparks Augsburg stehen mehrere Triebwagen und zwei komplette Zugkombinationen des TEE. Man kann dort in den Führerstand hineinklettern, und durch einen kompletten TEE hindurchlaufen. Da schlägt einem dann der plüschige Mief und holzvertäfelte Muff entgegen, der dort seit den 1970ern konserviert scheint. Immerhin: Soviel Beinfreiheit wie im TEE-Großraumwagen war wohl nie mehr danach.
Und wenn man im Bahn-Elend von 2015 um 23h30 auf einem zugigen Steig zwischen zwei ICEs mit seelenlosen vierstelligen Nummern eine 45-minütige Verspätung durchleidet, kann man schon nostalgisch werden. Und an die prächtigen rot-crèmefarbenen Schlangen zurückdenken mit fantastischen Namen wie „Saphir“, „Rheinpfeil“, „L’Arbalète“ und „Parsifal“.
Eine der ausgemusterten Garnituren in Augsburg wurde blau lackiert, der 204 Meter lange sogenannte „Blue Star Train“ fungiert jetzt als Restaurant.
Vier Technikfetischisten namens Kraftwerk aus der TEE-Stadt Düsseldorf haben dem legendären Lindwurm 1977 mit einem ganzen Album ein lautmalerisches Denkmal gesetzt (und ihn dabei fälschlicherweise Trans-Europa-Express genannt). Die Plattenfirma organisierte damals als Promotouren sogar Fahrten im besungenen Objekt. 2009 ist das Album remastered worden, mit einer tollen, stilisierten Grafik auf dem Cover. Anbei ihre mit dem Stück „Metall auf Metall“ ausgeweitete Live-Version, die man in einer inzwischen mehr zur ikonografischen Ästhetik tendierenden Fassung immer wieder auf ausgewählten Bühnen sehen kann. Diese Show von 2011 hat aber die grandioseren TEE-Aufnahmen aus einer unwiederbringlichen Epoche zur Musik gruppiert.
Kraftwerk: „Trans-Europa-Express“ (live)
Quelle: youtube
alle Fotos© Stefan Franzen, aufgenommen im Bahnpark Augsburg