Haudegen sterben nicht

Rachid Taha
Je Suis Africain
(Naive/Soulfood)

Es passiert nicht selten, dass nach dem Tod eines Musikers plötzlich „unentdeckte“ Aufnahmen auf den Markt geworfen werden, um noch ein bisschen Geld aus seinem Ableben zu pressen. Bei dem im September 2018 verstorbenen Rachid Taha liegt der Fall anders: „Je Suis Africain“ (Naïve/Soulfood) hat der algerische Haudegen, der Rai, Châabi, Rock und Techno wie kein anderer vor ihm kombinierte, kurz vor seinem Ableben fertiggestellt, es wäre ohnehin als sein elftes reguläres Album erschienen. Doch jetzt werden die mit Toma Feterman, Kopf der Combo La Caravane Passe geschriebenen Arabo-Chansons zu seinem Vermächtnis. Taha knüpft an den Sound seines Albums „Diwan“ an, ehrt oftmals den Sound der duftenden algerischen Popmusik von einst, den Châabi. Mit reichen Ornamenten schluchzt das Geigenorchester in „Ansit“, machtvoll brausen die ruppigen Chorgesänge in den Refrains.

Für schmachtende weibliche Vokalakzente sorgt die Genferin Flèche Love im grandiosen „Wahdi“, „Insomnia“ hört sich mit Banjo, Trompete und gepfiffener Melodei fast wie ein arabischer Spaghettiwestern an, während in „Like A Dervish“ der Gnawa-Bass dröhnt. An seine besten Technopunk-Zeiten erinnert der Algerier in „Andy Waloo“, ehrt die Helden der Nouvelle Vague und der Pop Art. Und ein Bekenntnis des Maghrebiners zum ganzen Kontinent steckt im Titelstück: Hier verbinden sich Talking Drum, Soukouss-Gitarren und melismatische Streicher zu einer Hommage an den ganzen Erdteil.

© Stefan Franzen

Rachid Taha feat. Flèche Love: „Wahdi“
Quelle: youtube