Gibt es eine musikalische Königsdisziplin?
Ein virtuoses Solokonzert, eine Oper? Ein Konzeptalbum des Art Rock, raffnierte Jazzimprovisationen? Für mich war immer klar, dass die höchsten Weihen nur einem Genre zustehen.
Mit verblüffenden Harmonieprogressionen bestückt wie bei Burt Bacharach und Jimmy Webb, oder nur aus drei, manchmal sogar zwei Akkorden bestehend – ein Song ist ein Stück ganz persönliches Leben, konzentriert auf zwei bis sechs Minuten. Ein Song kann deinen Tag retten oder dir das Herz brechen. Er kann das Steuer herumreißen und dir neue Hoffnung geben, kann dich aber auch im Käfig deiner Melancholie gefangen halten. Ein Song erinnert dich an höchstes Glück und tiefsten Schmerz, er tränkt dich mit den Erlebnissen, Gefühlen, Farben und sogar Gerüchen eines einzigartigen Moments. Er ist dein Verbündeter gegen das Absurde und das Schicksal. In einem großen Song kannst du das finden, was meine Freundin Alejandra Ribera „the aching of a melody“ nannte: eine Melodie, die dich so mitnimmt, dass sie dir in allen Gliedern reißt. In einem Song kommt es nicht auf die akademisch ausgebildete Stimme, perfektes Spiel an: Was zählt, ist der unverfälschte, ehrliche Ausdruck, die erlebte Geschichte, die offene Wunde, die ungeschminkte Seligkeit.
(he)artstrings porträtiert – beginnend mit dem zweiten Geburtstag dieses Blogs – meinen Kanon des Allerheiligsten im Songwriting. Lieder, die – sei es durch Melodie, Text oder beides – rühren, erschüttern, tiefe Kerben in Herz und Seele hinterlassen haben – und das über Monate und Jahre hinweg. Vielleicht, weil der Schreiber oder die Schreiberin etwas sagt, was ich selbst erlebt habe, aber nicht so treffend ausdrücken kann. Vielleicht, weil ich das Stück in einem einmaligen Kontext hörte. Vielleicht aber auch einfach, weil die Melodie so schön ist, dass sie fast körperliche Schmerzen zufügt. Und im besten Fall kommt all das zusammen.
The supreme musical discipline – is there such a thing?
A virtuoso classical solo concert, an opera? A progrock concept album, an intricate jazz improvisation? It’s been always very clear to me that there is only one genre which deserves that credit.
No matter if it comes with intriguing harmonic progressions penned by the likes of Burt Bacharach or Jimmy Webb, or if it’s just built with two or three chords – a song is a very personal piece of life condensed to a couple of minutes. A song can make your day or break your heart. It can change your course and give you hope, but it can also keep you prisoner in the cage of your melancholy. A song reminds you of ultimate bliss and deepest grief, it might recall emotions, colours and even fragrances of an unrepeatable moment. A song can be your ally against the absurd, against fate. In a great song you can find what my friend Alejandra Ribera called „the aching of a melody“ – a melody that touches you so intensely, that it fills your whole body with a searing pain. There is no need of an academically trained voice or perfect mastery of instruments: It is the genuine, straight expression that counts, an experience someone has gone through by her/himself. It embodies the open wound, the blunt felicity.
(he)artstrings is about all that. It portrays songs that compose my musical shrine. Songs that – be it through the melody or lyrics or both – have moved, thrilled or unsettled me at some point of my life, for days, months, years even. Maybe the writer says something I feel as well but can’t find the words. Maybe I heard the song for the first time in a crucial, unique situation. Or maybe it’s just the melody that is so beautiful it makes my heart and soul ache. And in the best case it all adds up.