Lichtvoll zwischen Epirus und Ägäis

Petros Klampanis
Tora Collective
(enja & yellowbird)

Zwischen Epirus und Mazedonien im Norden, Kleinasien und der Ägäis im Süden beherbergt die griechische Musik ein schillerndes Kaleidoskop von Stilen. Wir bekommen sie oft in Auszügen zu hören, selten deckt ein Ensemble alle Facetten ab. Der aus Athen stammende und dort und in New York lebende Bassist Petros Klampanis tut das, hat auf Tora Collective allerdings nicht nur ein Stilkompendium versammelt, sondern er formt aus all den griechischen Traditionen eine lebendige Jazzsprache. Dabei dienen ihm – wie so oft im Jazz – die traditionellen Melodien nicht nur als Ausgangspunkt zu weit abschweifenden Improvisationen, sondern Klampanis bleibt in Stücklänge in den lokal geprägten Färbungen.

Dass das gelingt, liegt auch an einer großartigen Band, in der die waidwunde Stimme der Sängerin Areti Ketime, Thomas Konstantinou an der Oud und Giorgos Kotsinis‘ schmerzlich vibrierende Klarinette herausragen. Dabei kann es mal sehr melancholisch wie im Volkslied „Ménexedes Kai Zouboulia“ aus Konstantinopel, mal sehr tänzerisch wie in „Hariklaki“ aus der Feder des in Smyrna wirkenden Rembetiko-Komponisten Panagiotis Toundas zugehen. Und ein paar Mal nehmen sich Klampanis auch die Freiheit, in Neukompositionen das Jazz-Idiom in den Vordergrund zu stellen. Großartig atmende Dynamik und viel Transparenz lassen alle Akteure, zu denen „Griechen-fremd“, aber sehr einfühlsam auch Pianist Kristjan Randalu und Trompeter Sebastian Studnitzky zählen – mit ihren Beiträgen wie in einer schmuck marmorierten Gesamtstruktur zur Geltung kommen.

© Stefan Franzen

Petros Klampanis: „Énteka“
Quelle: youtube

Ostwest-Synästheten

Pulsar Trio
We Smell In Stereo
(Musszo/Kontor New Media)

Der Verdacht liegt nahe, dass bei dieser Band mindestens eines der Mitglieder synästhetisch veranlagt ist. „Wir riechen in Stereo“ könnte aber auch dahin deuten, dass hier Klänge aus Ost und West zu einem ganz neuen räumlichen Klangbild verschmelzen. In ihrer Verknüpfung von jazziger Improvisation, Popsong-Gestus und den Klangfarben der Sitar gehen die Musiker des Pulsar Trio auf ihrem vierten Abum einen kräftigen Schritt voran. Das synkopisch verhakte „Flotjet“ als Opener mit aberwitzigen Tremoli sorgt für hohen Puls, der aber sofort kontemplativ heruntergekühlt wird.

Diese Balance bestimmt auch den Rest des Werks: Das Titelstück katapultiert die Hörenden mit Wucht ins All, „Glaciers“ dagegen hat eine feingliedrige, auf einem Ton beharrende Spannungskurve, und „Susan“ ist eine schwebende Liebeserklärung. Eine Anschmiegung an barocke Figuren leuchtet in „Bacheweich“ durch, bevor der „Schlendryan“ sich mit Bass-Sitar bauchig gebärdet. Man schnuppert sich durch die Klangräume dieser Kompositionen und die Riechrezeptoren sagen: Osten und Westen vermählen sich in Kopf-, Herz- und Basisnote zu einer gelungenen neuen Duftpyramide. (Veröffentlichung: 3.3.)

© Stefan Franzen

Pulsar Trio: „Bacheweich“
Quelle: youtube

R.I.P. Burt

Im fast biblischen Alter von 94 Jahren ist er nun gegangen, Burt Bacharach, wohl größter Popsongwriter aller Zeiten. Wie man einen Song aufbaut, mit welchen Überraschungen melodischer und harmonischer Art man es auf die Spitze treiben kann, welche Klimax-Kniffe, welche emotionalen Kipp-Punkte sich einbauen lassen, und die ganze Architektur dabei doch federleicht und ohrwurmig erscheinen zu lassen: Er wusste das alles wie kein/e andere/r seiner Kolleg/innen.

Vor seinem riesigen Werkkorpus kann man nur erstarren, für wen er geschrieben hat, würde einem endlosen, faden Namedropping gleichen. Daher habe ich mich entschieden, ihn mit sieben Versionen meines Lieblingssongs  in die andere Welt zu geleiten. Und allein an diesen sieben Versionen durch die Genres und Geographie lässt sich schon ablesen, welche universelle Wucht seine Handschrift hatte.

1. Cilla Black feat. Rebecca Ferguson & Royal Liverpool Philharmonic Orchestra

2. Björk & Brodsky Quartet

3. Ron Isley & Burt Bacharach

4. The Orlons

5. Marta Kubišová

6. Martha Reeves & The Vandellas

7. Eve & Ry Cooder

Fado-Vorbote

Ein erster Vorbote aus Carminhos neuem Album Portuguesa, das am 3. März erscheinen wird, kündigt sich an: die Single „O Quarto“, ganz in Schwarz-Weiß und mit den bekannten Fado-Insignien nebst Wolkenwucht inszeniert. Carminho tritt am 7.2. im Stadtcasino Basel auf.

Carminho: „O Quarto“ (Fado Pagem)
Quelle: youtube