Der Prado hatte für einige Monate Kunstwerke an das Kunstmuseum Basel ausgeliehen – was gestern zu einem grandiosen musikalischen Nebeneffekt führte: Aus der Finissage machte die Institution ein Sommerfest mit Führungen, Tapas, Tanz und einer Einladung an die aufstrebende katalanische Sängerin Rosalía, ihr aktuelles Programm Los Ángeles zu präsentieren. Hierzulande weiß man noch wenig über die junge Frau aus Barcelona, und so ist das ja leider mit etlichen Künstlern von der spanischen Halbinsel. Sie hat ein Programm mit dem Flamencogitarristen Chicuelo auf die Bühne gebracht, beim Festival in Sevilla reüssiert, ist aber genauso aktiv in HipHop-Gefilden.
Eine kleine Offenbarung, der gestrige Auftritt am Rheinknie: Mit fast kindlichem Timbre, aber großartiger Expressivität singt die junge Dame, der Funke, die Leidenschaft namens Duende sprang im nüchtern-klotzigen Innenhof des Museums sofort auf die spanische Community über. Dauerschwätzer aus hiesigen Breiten konnten da bald auch nur noch bewundernd verstummen. Rosalías Flamenco-Adaptionen sind keine Bilderstürmerei, immer respektvoll, sofern ich das als Laie des Genres beurteilen kann.
Ich weiß nicht, ob es im Katalanischen das Sprichwort von der „Kirsche auf dem Kuchen“ gibt – die jedenfalls war Rosalías Begleiter Raúl Refree, der als experimenteller Saitenmeister und Produzent ein dickes Buch der Verdienste mit sich herumträgt. Unter anderem kennt man ihn als Sideman der fulminanten Sílvia Pérez Cruz. Zwischen rasant tremolierender Virtuosität und fein dosierten Rückkoppelungs-Effekten fügte er dem Zauber dieser iberisch-helevetischen Nacht noch ein paar Extras zu.
Catherine Howe: What A Beautiful Place (Reflection, 1971, reissue: The Numero Group, 2007)
Der Guardian bezeichnete sie mal als „Kate Bush ihrer Zeit“. Tatsächlich finden sich taktweise ein paar Übereinstimmungen mit ganz frühen Aufnahmen, aber Howes Stimme ist weitaus weniger kapriziös, und auch die Arrangements dieser Vinyl-Perle von 1971 spielen viel mehr ins Folkig-Orchestrale. Die Sängerin aus Halifax (im englischen Yorkshire, nicht im kanadischen Newfoundland) schlug Ende der 1960er in London die Laufbahn einer Theaterschauspielerin ein, die Musik siegte aber über das Drama. Mit 18 reichte sie ihre Kompositionen beim kleinen, unabhängigen Label Reflection ein, das schließlich für die Aufnahmen den US-Produzenten Bobby Scott einflog. Der hatte schon für Leute wie Aretha Franklin oder Nana Mouskouri grandiose orchestrale Kulissen gebaut.
Scott verpflichtete das London Symphony Orchestra, das um die träumerischen Vocals der Sängerin Girlanden aus Flöten, pastorales Englisch Horn, ferne Hörner und flirrende Streicher lieferte. Das Spektrum reicht von Stücken, die einen in die englische Parklandschaft katapultieren und wie uralte Folksongs anmuten, bis hin zu dem fast brasilianisch angetupften Groove von „It Comes With The Breezes“. Unglücklicherweise ging Reflection unmittelbar nach Veröffentlichung des Albums vor die Hunde – dieses Kleinod fand zwar die Aufmerksamkeit der Kritiker, verkaufte sich aber aufgrund der Umstände erbärmlich. Howe konnte später bei einem anderen Verlag unterkommen – doch die leuchtenden Farben und die sommerliche Melancholie ihres Debüt-Meisterwerks hat die Engländerin nie mehr erreicht.
Catherine Howe: „It Comes With The Breezes“
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„Turn of The Century“ (Jon Anderson, Steve Howe, Alan White) (aus: Yes: Going For The One, 1977)
Man kann heute nicht nur Elvis gedenken, sondern auch eine andere 40 bemühen: Nicht exakt am 16.8., aber im Sommer 1977 erschien das für mich herausragendste Album der Artrock-Giganten Yes. Live mitbekommen habe ich das damals nur indirekt, mittels der Single-Auskopplung „Wonderous Stories„, der ich als Neunjähriger in meinem großen Dachzimmer lauschte, denn sie stand wochenlang auf Platz 1 von Frank Laufenbergs Pop Shop-Top Ten auf SWF 3. Die gesamte LP Going For The One habe ich erst sechs oder sieben Jahre später entdeckt, wie so etliche meiner Zeitgenossen, die sich entnervt vom Achtziger-Sound rückblendend auf Erkundungspfade in die Dekade davor begaben.
Beim ersten Hören war es mir nicht möglich, all die instrumentatorischen Details und die komplexen Harmonieverläufe zu erfassen. Die Nadel fraß sich in den Folgemonaten sicherlich um etliche µ ins Vinyl hinein (heute klingt die Platte von damals nach Bratpfanne), bis feststand: Neben dem ausufernden „Awaken“ war es vor allem die epische Ballade „Turn Of The Century“, die mich fesselte. Inspiriert von Verdis La Bohème und dem antiken Mythos von Pygmalion und Galatea hat Jon Anderson hier die Geschichte eines Bildhauers vertont, dessen Skulptur zum Leben erwacht und in die er sich verliebt.
Heute stehe ich etwas distanziert zu diesem arg übersteigerten, verschraubten neunminütigen Werk – doch irgendwie bleiben Andersons artifizielle Lyrics und seine affektierte Kopfstimme, die entgrenzten melodischen Eskapaden von Steve Howe auf der Gitarre, das sich Emporschrauben von Bass und Klavier und die eigentümlich glasig-sphärischen Passagen der folkigen Stille faszinierend. Ich kann verstehen, warum mich diese verkopfte, breit angelegte Hymne auf Galatea in meiner Sturm-und-Drang-Phase zwischen Rock und Klassik mindestens zwei Jahre lang fast täglich begleitet hat.
Die zehnte Ausgabe des Berliner Festivals Wassermusik geht am kommenden Wochenende in die Zielkurve ein. Neben Moreno Veloso und Khaled ist mit Alemayehu Eshete ein Grandseigneur der äthiopischen Musik zugegen: Seit Anfang der 1960er galt er als die goldene Stimme von Addis Abeba, hat heimische Töne mit Soul gemixt. Eshete lässt sich jetzt von der Berliner Formation The Polyversal Souls um Schlagzeuger Max Weissenfeldt begleiten. Die Polyversals, die auch schon Erfahrung in der Begleitung anderer afrikanischer Altstars aufweisen, haben mit der Ethio-Jazz-Legende vier Titel aufgenommen, ein ganzes Album ist in Planung. Das Live-Erlebnis am Freitag, den 11.8. im Haus der Kulturen der Welt ist momentan noch ein singuläres, also nichts wie hin! Als Vorgeschmack die erste Single „Alteleyeshegnem“, die pumpende, geheimnisvolle Neufassung eines alten Hits von Alemayehu.
Alemayehu Eshete & The Polyversal Souls: „Alteleyeshegnem“
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Sooo dankbar bin ich, dass dieses Album seit etwa einem Jahr als Re-Issue vorliegt, war es doch in der Originalpressung unbezahlbar. Von lieben Menschen wurde es mir kürzlich zum Wiegenfeste zugeeignet. Willie Hutch kennt man vor allem von späteren Alben, als er sich zum Soundtrack-Schreiber für Blaxploitation-Kracher wie „Foxy Brown“ betätigte. Ein paar Jahre früher allerdings war Hutch noch nicht auf die funky Schiene eingeschwenkt: Aus der klassischen Blütezeit des Genres kommend verströmt dies Scheibe vielmehr einen sonnigen, unbeschwerten Funkel-Soul, Geigen, die sich wie ein Schwarm von Schmetterlingen aufschwingen, schmetternde Attacken von Trompetensynkopen. Herausragend: Das dramatisch schmachtende „Hurt So Bad“, hier noch unbeleckt von den späteren Disco-Versionen. Und ein Album, auf dem Jimmy Webbs „Wichita Lineman“ mit seelenvoller Legierung beschichtet wird, kann nicht übel sein. Beneidenswert beim Blick aufs Cover : Damals konnte man(n) einfach so mit coolem, ockerfarbenem Anzug gewandet im dunklen Tann herumsitzen. Eine nahezu unschlagbare Begleitmusik für einen azurblauen Julimorgen, bevor die Hitze zuschlägt.
Luka Bloom: „Exploring The Blue“ (aus: The Acoustic Motorbike, 1992)
Vor fast genau 25 Jahren fing ich an, Radio zu machen, zuerst bei einem freien Sender, der kürzlich 40 wurde und dem ich damit etwas verspätet gratuliere. Die Folk-Sendung, die ich damals sonntagnachmittags gestaltete, hieß „Saitensprung“ (der Name war vorgegeben, stammte nicht von mir). Zum ersten, immer wieder gespielten „Hit“ der Sendung wurde dieser Song: eine träumerische Ballade des nach New York ausgewanderten Iren, der mit einer machtvollen Gitarre in offener Stimmung von einer ewigen Suche erzählt, die auf der Metaphernebene viele Gestalten annehmen kann von Liebe bis Erleuchtung. Dazu bedient er sich eines tiefblauen Bildes, einer Szenerei von einem Tauchgang in ungeahnte Tiefen. Oder ist es doch ein Höhenflug in den endlosen Azurhimmel? „Exploring The Blue“ ist eine zeitlose Hymne auf das Suchen, die mit minimalistischen Mitteln gestaltet wird und bei jedem Luka Bloom-Solokonzert auch wunderbar auf der Bühne funktioniert. Die dazugehörige Platte, The Acoustic Motorbike besitzt ebensolche aus der Zeit gefallenen Qualitäten, von einer Adaption des Elvis-Schmachtfetzens „Can’t Help Falling In Love“ bis zum originellen Titelstück, einem gerappten Hörspiel über eine Radtour auf der grünen Insel.
Er wurde dank seines virtuosen und vielgestaltigen Spiels oft im gleichen Atemzug mit den besten Akkordeonisten wie Flaco Jimenez und Richard Galliano genannt. Régis Gizavo aus der madagassischen Hafenstadt Tulear hat das Instrument, das Seeleute in seiner Heimat schon vor mehr als einem Jahrhundert heimisch gemacht hatten, auf ein Weltniveau gehoben. Im Alter von 58 Jahren ist er am 16. Juli gestorben.
Ganz und gar erstaunlich, was der Tastenkünstler in seinem Repertoire alles zusammenschweißte: seine Vergangenheit in Variété-Bands des Inselkontinents, die Tradition des Exorzismus, das Nachbilden des Sounds der Marovany-Zither sowie Facetten von Jazz bis zu Orient-Einsprengseln. Bereits 1990 bekam er dafür den Prix Découvertes von Radio France Internationale, was für ihn zum Sprungbrett für eine weltweite Karriere wurde. Während der tauchte er in die Jazz-Szene seiner neuen Heimat Paris mit der Bohé Combo ein, avancierte zum festen Mitglied der korsischen Supergruppe I Muvrini, trat mit Richard Bona und Sally Nyolo auf.
Sein ganzes Können jedoch legt Régis als Solist offen. Mit seinem chromatischen Akkordeon entfachte er Funkenflüge voller Rasanz mit der heilkräftigen Renitra-Rhythmik, streute Cajun-Anklänge ein. Die raffinierte Beherrschung der 120 Basstasten wurde sein unverkennbares Markenzeichen. Ökologisch engagiert zeigte sich Gizavo in seinen Texten, klagte die unkontrollierte Abholzung seiner Heimat an, setzte sich für den Tierschutz ein. Zu den Highlights unter seinen jüngeren Aufnahmen zählt die „Accordion Night“, ein Gipfeltreffen mit Musikern des ACT-Labels, das auf Vermittlung des Gitarristen Nguyen Lê zustande kam.
Toko Telo feat. Régis Gizavo: „Relaza“
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Rochen diese Songs nicht nach würzigem Waldboden, nach Frühtau, der über den Wiesen liegt? Nach der Verheißung von Wurzeln jenseits des entfremdenden urbanen Getriebes? Gesänge, als hätte man die Vokalschichtungen von Beach Boy Brian Wilson mit einem gregorianischen Chor gepaart, als stünden vervielfältigte Simon & Garfunkels in einer romanischen Kirche. Drumherum: Akustikgitarren, Mandolinen, Pauken, Glockenspiel. Als die Fleet Foxes aus Seattle um Sänger Robin Pecknold 2008 ihr Debüt veröffentlichten, sättigten sie die Americana mit ruralen Farben. Und sie wurden zu den zwar nicht ersten, aber erfolgreichsten Ikonen für die neue Generation der Bärtigen und Flanellhemdenträger, wie ausverkaufte Hallen von Los Angeles bis Sydney bewiesen. Auch der Nachfolger Helplessness Blues von 2011 folgte dieser folkigen, mythischen Naturphilosophie, angereichert mit mehr Raffinesse, Tempowechseln, jazzigen Einsprengseln.
Dann war erst mal Schluss, derweil andere den Sound der neuen Empfindsamen pflegten. Mumford & Sons, Sufjan Stevens, William Fitzsimmons, Iron & Wine etwa – aber niemand hatte diese erhabenen Stimmenschichtungen der Füchse. Und während allerorten die Hipster ihre Bärte kultivierten, rasierte Oberfuchs Robin Pecknold sich die Manneszier ab, knabberte an einer Trennung, schrieb sich an der Columbia University in Kunst und Literatur ein, lernte surfen und kletterte am Everest herum. Neue Songs kamen ihm dabei vorerst nicht in den Sinn. Drummer Joshua Tillman ging im Streit, benannte sich in Father John Misty um und gibt den Apokalyptiker, der für die digitale Gesellschaft nur noch Zynismus übrig hat. Seine Ex-Band dagegen antwortet jetzt, nach sechs Jahren Pause auf das absurde Welttheater völlig anders.
Crack-Up („Zusammenbruch“) als Konzeptalbum zu bezeichnen, wäre untertrieben. Es ist Hörspiel, Folk-Oper und Traktat: Die Inspiration für den Titel empfing Pecknold aus einem Essay von F. Scott Fitzgerald, in dem dieser postulierte, ein großer Geist müsse völlig entgegengesetzte Ideen gleichzeitig verarbeiten können, ohne verrückt zu werden. Folgerichtig durchlebt die Hörerschaft während 55 Minuten unerwartete Moll-Eintrübungen und Dur-Aufhellungen, Wechsel von folkiger Stille in triumphale Breite, von introvertiertem Gemurmel, zu plötzlich aufstrahlendem Sologesang und diesen nach wie vor einzigartig kristallinen Chören. Anfangs mögen sich Vergleiche mit Pet Sounds von den Beach Boys aufdrängen.
Doch Pecknold collagiert weit mehr als Rock‘n‘Roll und Klassik wie einst Wilson: Streicherklänge kollidieren mit marokkanischen Kastagnetten, Gitarrenriffs aus dem Sahel, einem verlangsamten Cembalo und Orgelbrausen – all das allein vereinigt sich in „Mearcstapa“, einem Porträt des einsamen Biestes aus der Beowulf-Saga. Geigen gleißen am Horizont, Klavierlinien kreisen wie ferne Kirchenglocken, Mellotrone liefern glasige Liegetöne. Und auch wenn die Keimzelle oft nur ein Riff auf der Akustikgitarre ist, kaum gibt es ein Stück, das als herkömmlicher Song gelten könnte. Etliche sind Suiten mit Regieanweisungen: Mal befindet man sich auf dem weiten Meer, dann auf den Straßen einer Stadt, unvermittelt wieder in Pecknolds Studentenbude. In majestätischem Folkbombast berichtet die Single „3rd Of May“ von Pecknolds Freundschaft zum zweiten Band-Mastermind Skyler Skjelset, endet aber in einem nüchternen japanischen Klanggarten.
Fleet Foxes: „3rd of May / Odaigahara“ (live)
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Kryptisch sind die Texte, oft getragen von einem weihevollen Ton, trotzdem nicht weltfremd: Trauer über Muhammad Alis Tod wird verknüpft mit der über die Erschießungen zweier unschuldiger Schwarzer („Cassius“), „Naiads“ klagt die respektlose Behandlung von Frauen an, in Versen, die auch ein aus der Distanz kommentierender Chor einer griechischen Tragödie so vortragen könnte. Und tatsächlich werden antike Götter und Helden in den Lyrics wie als Gegengewicht zu den politischen Hanswursten von heute beschworen. „Wie konnte alles an nur einem einzigen Tag zusammenstürzen? Was für ein Staat wird uns erwarten?“, fragt Pecknold wie Millionen von Amerikanern am 20. Januar in „If You Need To, Keep Time On Me“. Als schlichter Folksong gemahnt er fast als einziger an die Frühzeit der Band. Am Ende gleicht „Crack-Up“ der epischen Irrfahrt eines modernen Odysseus und Orpheus in Personalunion, die, an den Schiffsmast gebunden, das (Her)einstürzen der Welt und der Wellen erleben. Hilflos? Wappnen können sie sich mit der Macht der Worte und Klänge, die eine neue Wirklichkeit erschaffen. Geht es nach den Fleet Foxes, heißt die Antwort auf den Wahnsinn nicht politische Agitation, sondern poetische Verfeinerung.
Das 27. Rudolstadt-Festival ging am Sonntag zu Ende. Eine der Entdeckungen: Das äthiopische Krar Collective, in dem der Mulatu Astatke-Schützling Temesegen Zeleke die Krar-Leier, deren Geschichte bis in die Zeit von König David zurückreichen soll, elektrisch verstärkt hat. Mit Trommeln, Gesang und vor allem kostümschwangerem Tanz wird die alte äthiopische Musik unwiderstehlich funky aufbereitet.
Der Südinder Chitravina N Ravikiran dürfte bislang einer der wenigen sein, der in Deutschland die karnatische, bundlose Zither Chitravina vorgestellt hat. Ihr Klang: ein bisschen wie eine Slidegitarre, der man die Mikrotonalität eingepflanzt hat.
Dass den Musikern des algerischen Châabi-Orchesters El Gusto keine Visa erteilt wurden, sorgte für Enttäuschung bei Tausenden von Besuchern, die auf arabeske Nostalgie eingestellt waren. Doch für die kanadischen Bears of Legend war es Glück im Unglück: Sie schlüpften in die Programmlücke, fanden sich unverhofft auf der großen Heinepark-Bühne wieder und kamen bei ihrem allerersten Deutschland-Auftritt überhaupt gleich ins Fernsehen.
Mit dem Trio da Kali standen gleich drei Griots aus Mali auf der Bühne, die gerade mit dem Kronos Quartet eine CD eingespielt haben. Lassana Diabaté bediente das Balafon und geleitete im Park in den heißen Finalsonntag hinein.
Völlig zurecht unter den diesjährigen Preisträgern der RUTH: Das österreichische Quintett Alma, das auf der Burgterrasse die Volksmusik aus dem Salzkammergut und dem Traunviertel in fast spiritueller Art und Weise mit Tönen aus Skandinavien und Sizilien vereinte.
Bears Of Legend (Québec) aktuelles Album: Ghostwritten Chronicles (Absilone/Galileo)
Ihre maritime Ballade „When I Saved You From The Sea“ war mein Song des Jahres 2016, und ihr Werk Ghostwritten Chronicles mein Lieblingsalbum. Deshalb stehen die Bears Of Legend, dieses großartige Septett aus Trois-Rivières in der Region Mauricie als Highlight am heutigen 150. Geburtstag Kanadas als Schlusspunkt der Serie „Canada 150“. Die „Bären“ sind auch live bei uns zu erleben, sie spielen am 8. und 9. Juli auf dem Rudolstadt-Festival, darüber hinaus gibt es später im Sommer Auftritte in Frankreich und Benelux. Ich kenne keine andere Folkband momentan, die derart schöne, kraftvolle Melodien schreibt. Die Bears-Pianistin und Sängerin Claudine Roy zum Interview beim Montréal en lumière-Festival zu treffen, war deshalb eine besondere Ehre. Am heutigen 150. Geburtstag Kanadas bildet es den Schlusspunkt meiner Serie.
Claudine, euer Bandname lässt einen an die Premières Nations denken, ist er eine Hommage an die Ureinwohner Kanadas?
Claudine Roy: Ja, auf jeden Fall. Unser erstes Album ist hauptsächlich von den amerindischen Legenden unserer Heimatregion beeinflusst. Der Bär kehrt in diesen Sagen immer wieder, als Symbol der Kraft und Weisheit. Was uns außerdem zum Namen der Band inspiriert hat, waren die einfachen Werte dieser Menschen, die Liebe, der Respekt vor der Natur, dem Wald, dem Fluss, der Erde.
Ihr kommt aus der Region Mauricie, welches sind die kulturellen Eigenheiten dort?
Roy: Die Mauricie ist zwar sehr frankophon, aber auch von einem kulturellen Mix geprägt. Es gibt bei uns auch viele Anglophone, wenn man Richtung Montréal geht, sind mehr französischstämmige Einwohner zu finden, Richtung Osten dagegen englisch geprägte Leute. Aber es vermischt sich alles gut…
...diese Zweisprachigkeit hat sich ja auch in eurer Musik niedergeschlagen. David Lavergne, der Bandleader, dichtet fast ausschließlich auf Englisch…
Roy: In der Gruppe sind wir alle zweisprachig. David, unser Sänger, hat mit seinem Vater zum Beispiel als Kind Englisch gesprochen. Sein Papa hat ihn auch dazu ermuntert, ein kleines Tagebuch auf Englisch zu führen. So hat sich das für ihn ganz natürlich ergeben, dass er auch als Musiker anfing, seine Texte auf Englisch zu schreiben. Er hat sich nie die Frage gestellt: Ich bin frankophon, warum dichte ich also auf Englisch? Zugleich sind wir stolz darauf, dass wir frankophon sind und wir haben ja auch pro Album ein Lied, das auf Französisch getextet ist. Weiterlesen →