Zum 5. Todestag der Queen, ihre neuere, rare Version von Leonard Bernsteins „Somewhere“
Sie fehlt immer noch.
Monat: August 2023
Afro-Londons nächste Glanztat
Balimaya Project
When The Dust Settles
(New Soil/Jazz re:freshed/FUGA)
In seiner Verbindung von Jazzsounds mit westafrikanischen Wurzeln von Nigeria bis Mali dürfte das sechzehn Musiker starke Londoner Balimaya Project im Moment ein weltweit einzigartiges Phänomen sein. Auf seinem zweiten Album packt das Kollektiv auch harte Themen an: den Verlust eines Kindes, den Tod eines Bruders auf UNO-Friedensmission, die Herausforderung der Integration in einer zunehmend migrantenfeindlichen Gesellschaft.
Das wird in eine teils durchgängige Konzeptsuite gegossen, sie trägt mal Züge einer zündenden Afrojazz-Improvisation, hat freie Passagen mit beschwörenden Yoruba-Vocals, stellt mal Trommel-Interludien mit Talking Drum prominent in den Fokus, birgt dann wieder kammermusikalische Ruhepole mit Kora und Akustikgitarren. Stark, wie das popballadeske „Suley’s Ablution“ am Ende in ein Bata-Zeremoniell übergeht und wie im Finalstück sogar noch eine Streichersektion zur Bläser-Riege stößt.
© Stefan Franzen
Balimaya Project: „Suley’s Ablution“
Quelle: youtube
Abendliche Sommerbrise II
Nanny Assis
Rovanio – The Music Of Nanny Assis
(In & Out Records/in-akustik)
Im Kosmos der brasilianischen Musik gibt es viele Künstler, die zwar in den USA, nicht aber in Europa einen klangvollen Namen haben: Völlig zu Unrecht zählt der Sänger, Gitarrist und Komponist Nanny Assis zu den hier Unerforschten. Geboren in Salvador da Bahia und dort aufgewachsen mit dem Reichtum der afrobrasilianischen Stile, wanderte er vor 25 Jahren nach New York aus, um seine Vorliebe für den US-Jazz in seine eigenen Töne einzupflegen. Rovanio (so Nannys eigentlicher Vorname) – The Music Of Nanny Assis zeigt diese schöne Verschmelzung von Nord- und Südamerika, und dafür hat er eine erstaunliche Gästeriege von Bassist Ron Carter bis zum Pianisten Fred Hersch an Land gezogen.
Sein afrobrasilianisches Erbe blitzt dabei immer wieder durch, etwa im perkussiven, extrem swingenden „Amor Omisso“, dekoriert von Lakecia Benjamins Altsax. Synkopische Cleverness, ein fulminant fließendes Gitarrensolo (Chico Pinheiro) und Assis‘ smoothe Jazzstimme bringen „Human Kind“ zum funkeln. Die sanftere Brasil-Seite in Gestalt der Bossa kommt mit „No Agora“ zum Zuge, einer Betextung einer Carter-Komposition, in der Assis mit den wendigen Flügelhornlinien von Randy Brecker alterniert. Letztlich tupft das Sankt Petersburg Studio Orchestra noch ein wenig breitwandigen Glamour auf.
© Stefan Franzen