Heute erscheint Stardust Crystals, das Album der Schweizer Sängerin, Komponistin und Bandleaderin Yumi Ito auch physisch. Zu diesem freudigen Anlass teile ich das Video des Titelstücks der CD, in dem es – hochaktuell – um die zerstörerische Kraft der Menschen gegenüber ihrem vermeintlichen Königreich, der Erde gibt. Mein Porträt gibt es hier nochmal zum Nachlesen. Und noch etwas Spannendes: In der SRF 2-Sendung Jazz Collection spricht Yumi über ihre Liebe zu und ihre Einflüsse von Björk – sie wird am Samstag ab 16h30 wiederholt.
Yumi Ito Orchestra
Listenreich III: 20 Konzerte für 2018
Fatoumata Diawara, Heine-Park Rudolstadt 8.7. (Foto: Stefan Franzen)
WINTER
– Glen Hansard (Irland) – Volkshaus Zürich, 16.2.
– Sílvia Pérez Cruz (Katalonien) – Philharmonie Luxembourg, 15.3.
– Reis – Demuth – Wiltgen mit Joshua Redman & Vince Mendoza (Luxemburg/USA) – Philharmonie Luxembourg, 16.3.
– Nagash Ensemble (Armenien) – Salmen Offenburg, 21.3.Glen Hansard, Volkshaus Zürich, 16.2. (Foto: Heinz-Peter Mosebach)
FRÜHLING
– 3MA (Marokko/Mali/Madagaskar) – PROGR Bern, 18.4.
– João Nuno Bernardo Trio (Portugal) – Hot Clube de Portugal Lissabon, 24.5.
– Kayhan Kalhor (Iran) – Elbphilharmonie Hamburg, 7.6.
– Gustav Mahler: „Das Lied von der Erde“: Badische Staatskapelle, Daniela Sindram, Norbert Ernst (Deutschland) – Badisches Staatstheater Karlsruhe, 17.6.Kayhan Kalhor, Elbphilharmonie Hamburg, 7.6. (Foto: Stefan Franzen)
SOMMER
– Saz’iso (Albanien) – Stadtkirche Rudolstadt, 6.7.
– Shivkumar & Rahul Sharma (Indien) – Theater im Stadthaus Rudolstadt, 7.7.
– Fatoumata Diawara (Mali) – Heinepark Rudolstadt, 8.7.
– Indra Rios-Moore (USA/Puerto Rico/Dänemark) – Reithalle Riehen, 2.8.Shivkumar & Raul Sharma, Theater im Stadthaus Rudolstadt, 7.7. (Foto: Stefan Franzen)
HERBST
– Sophie Hunger & Matt Holubowski (Schweiz/Kanada) – Laiterie Strasbourg, 17.10.
– Idris Ackamoor & The Pyramids (USA) – Kaserne Basel, 9.11.
– Lloyd’s Choir London, Collegium Vocale Strasbourg-Ortenau, Sing-Akademie Ortenau (UK/Frankreich/Deutschland) – Église Saint-Paul Strasbourg, 17.11.
– John Smith / Josienne Clarke & Ben Walker (UK) – Bogen F Zürich, 28.11.
– Pulsar Trio (Deutschland) – E-Werk Freiburg, 8.12.
– Lula Pena & Peter Schröder (Portugal/Deutschland) – Ev. Stadtkirche Lörrach, 9.12.
– Yumi Ito Orchestra (CH/PL/UK/F/E/GR/D) – Waldsee Freiburg, 11.12.
– Keren Ann & Quatuor Debussy (F) – Filature Mulhouse, 18.12. Keren Ann & Quatuor Debussy, Filature Mulhouse 18.12. (Foto: Stefan Franzen)
Überraschender Klangfarbkasten
Es ist ein leichtfüßiges Thema mit jubilierenden Kapriolen, mit dem die Musiker von der Bühne gehen. Gerade hat Yumi Ito mit ihrem 11-köpfigen Orchester das Konzert in der Reihe „Jazz ohne Stress“ am Freiburger Waldsee beendet und schenkt den Zuhörern diese Melodie für den Gang hinaus in die kalte Winternacht.
Die 28-jährige Schweizerin mit japanischen und polnischen Wurzeln hat im vergangenen Jahr am Jazzcampus Basel ihren Masterabschluss gemacht und gilt zurecht als Newcomerin mit hohem Potenzial, in Montreux konnte sie auch einen Juror namens Al Jarreau überzeugen. In verschiedensten Projekten von experimenteller Duobesetzung über Quartett bis zu ihrem Orchester erprobt sie ihre Talente als Sängerin, Pianistin, Improvisatorin und Komponistin, die ihre Arrangements selbst schreibt. Mit dem auf allen Positionen glänzend besetzten Orchester, junge Musiker aus sieben europäischen Ländern, bündelt sie all diese Qualitäten.
Lange wird man suchen müssen, um bei Arrangeurinnen ihrer Altersklasse auf vergleichbare Raffinesse in der Textur zu stoßen – und das sorgt für eine äußerst spannende, kurzweilige Stunde. Die originelle Besetzung der „Bigband“ tut ihr Übriges: Denn aus dem Jazz ist nur die Rhythmussektion und ein gemischter Bläsersatz (Sax, Bassklarinette, Flöten) übriggeblieben, drum herum agieren ein Streichtrio, Vibraphon und Harfe – das öffnet einen ungewohnten, überraschenden Klangfarbkasten.
Da entfaltet sich nach freiem Einstieg in der „Ballad For The Unknown“ aus Streichern und Flöte heraus ein großer elegischer Atem, in dem eine Vibraphon-Impro Platz hat. Kleinzellige Dialoge zwischen Pizzicati, Sax und Harfengirlanden wechseln im Anschlusssong die Seiten, während Ito mit fantasievollem Scat ihren Sopran lyrisch auskostet. Von chromatischen Verdickungen und Trübungen lebt „Little Things“, das zuvor noch mit einer hüpfenden, vogelgleichen Melodie anfing. Und dann ein Exotikum: Das intim besetzte „Komori Uta“ lockt mit Flöte und Harfe auf eine Debussy-Fährte, die in einen fernöstlich-folkigen Walzer übergeht. Doch das Lullaby mündet in eine lautmalerisch-experimentelle Spielwiese, auf der Ito auch in tiefe Stimmenregister souverän abtaucht.
Wie sie Komplexität mit Unbeschwertheit paart, dafür ist „Old Redwood Tree“ ein Paradebeispiel: ein Stück im Dreizehnachtel-Takt, das sich dramaturgisch von glasigen Spielfiguren über Liegetöne der Streicher bis zu polternden Drums aufbauscht und doch stets an einen Gang durch die Natur erinnert. Und Yumi Ito beherrscht auch die Popsprache: „Stardust Crystals“ könnte mit seinem gemessenen, „nordischen“ Gesangsgestus und seinem eingängigen Lamento-Charakter auch eine frühe Ballade von Björk sein.
Noch einmal herausgerissen aus der Melancholie wird das Publikum mit einer nokturnen Tour durch Prag – eine gruselhaft-groteske Schauermär mit zähen Streichern, fahler Flöte und katzenartigen Vocals, bei der an jeder Straßenecke neuer Spuk lauert. Mit relaxt pendelnder Harfe wird dann die Zugabe eingeläutet – und das eingangs erwähnte Kapriolenthema gewinnt Raum. Allein schon dieser Melodie wegen kann man sich auf die 2019 erscheinende CD des Yumi Ito Orchestras freuen.
Stefan Franzen
erschienen in der Badischen Zeitung, Ausgabe 13.12.2018