Tastenleuchten statt Melancholie

Júlio Resende
Fado Jazz
(ACT/edel)

Fado, der Nationalgesang der Portugiesen als jazzige Instrumentalform? Gesungener Weltschmerz ohne Stimme? Klingt absurd. Ist es aber überhaupt nicht, hört man dem Pianisten Júlio Resende zu. Fado Jazz braucht nur wenige Takte des elegant im Fünfertakts dahertänzelnden Openers „Vira Mais Cinco“, und man ist Resendes Lesart des Genres verfallen. Die klassische Pianotrio-Besetzung (Resende mit André Rosinha und Alexandre Frazão) ist aufgestockt durch die guitarra portuguesa, auf der Bruno Chaveiro aber erstaunlicherweise nicht mit dem Zaunpfahl winkt: Sie tüncht kein eindimensionales Fado-Kolorit, sondern improvisiert in bluesigen Dialogen mit dem Klavier („Lira“) oder liefert den federnden Groove im ausgelassenen „Fado Das Sete Cotovias“.

Ganz selten, wie etwa in „Este Piano Não Te Esquece“, lehnt sich Resende in die erdschwere Wehmut des Fado hinein. Und im ruhigen Pulsschlag von „All The Things…“ dominiert hymnisches Tastenleuchten zu den Besenstrichen des Schlagzeugs über die Melancholie. Resende neigt vielmehr oft der Dur-Seite des Repertoires zu. Durch quirligen Anschlag und verschmitzte Wendungen wie im „Fado Blues“ verleiht er der Saudade fast eine muntere Leichtigkeit, die auch mal nahezu brasilianisch anmuten kann. Dass im Finale dann in Gestalt der angesagten jungen Fadista Lina doch noch eine Vokalistin auftaucht, wäre da gar nicht mehr nötig gewesen.

© Stefan Franzen

Júlio Resende: „Vira Mais Cinco“
Quelle: youtube