Fado Jazz
Eine Feier des Portugiesisch-Seins
Foto: Hugo Silva
Beheimatet in zwei Welten – so beschreibt Júlio Resende sein künstlerisches Selbstverständnis. Bereits 2013 brachte der Pianist aus Lissabon ein Tribut an die größte Fadista aller Zeiten, Amália Rodrigues heraus. Seit Jahren hat er sich mit Fado genauso wie mit Jazz intensiv auseinandergesetzt. Der Pianist aus Lissabon hat das spannende Experiment unternommen, den üblicherweise gesungenen Fado aus seinem traditionellen Korsett zu befreien. Er spielt ihn rein instrumental und verbindet ihn mit der Improvisation des Jazz. Die Entstehung seines neuen Albums war für ihn daher ein ganz organischer und natürlicher Prozess.
Meinen Interview-Beitrag über Júlio Resende und sein neues Werk Fado Jazz strahlt SRF 2 Kultur am Dienstag, den 5. April ab 20h in der Sendung Jazz & World aktuell mit Roman Hosek aus. Wiederholt wird die Sendung am 8. April ab 21h, in der Schweiz ist sie auch nach der Ausstrahlung online zu hören.
Cully Jazz 2022 – Jazz und World aktuell – SRF
Júlio Resende: „Vira Mais Cinco“
Quelle: youtube
Tastenleuchten statt Melancholie
Júlio Resende
Fado Jazz
(ACT/edel)
Fado, der Nationalgesang der Portugiesen als jazzige Instrumentalform? Gesungener Weltschmerz ohne Stimme? Klingt absurd. Ist es aber überhaupt nicht, hört man dem Pianisten Júlio Resende zu. Fado Jazz braucht nur wenige Takte des elegant im Fünfertakts dahertänzelnden Openers „Vira Mais Cinco“, und man ist Resendes Lesart des Genres verfallen. Die klassische Pianotrio-Besetzung (Resende mit André Rosinha und Alexandre Frazão) ist aufgestockt durch die guitarra portuguesa, auf der Bruno Chaveiro aber erstaunlicherweise nicht mit dem Zaunpfahl winkt: Sie tüncht kein eindimensionales Fado-Kolorit, sondern improvisiert in bluesigen Dialogen mit dem Klavier („Lira“) oder liefert den federnden Groove im ausgelassenen „Fado Das Sete Cotovias“.
Ganz selten, wie etwa in „Este Piano Não Te Esquece“, lehnt sich Resende in die erdschwere Wehmut des Fado hinein. Und im ruhigen Pulsschlag von „All The Things…“ dominiert hymnisches Tastenleuchten zu den Besenstrichen des Schlagzeugs über die Melancholie. Resende neigt vielmehr oft der Dur-Seite des Repertoires zu. Durch quirligen Anschlag und verschmitzte Wendungen wie im „Fado Blues“ verleiht er der Saudade fast eine muntere Leichtigkeit, die auch mal nahezu brasilianisch anmuten kann. Dass im Finale dann in Gestalt der angesagten jungen Fadista Lina doch noch eine Vokalistin auftaucht, wäre da gar nicht mehr nötig gewesen.
© Stefan Franzen