Mitsune
Hazama
(Eigenverlag, mitsune.de)
Musik aus Japan hat es irgendwie nie so richtig in die Global Pop-Szene geschafft. Umso erfreulicher, dass nun ein Quintett – mit Frauentrio im Kern – aus Berlin fernöstliche Traditionen mit einer völlig unerwarteten zeitgenössischen Perspektive kombiniert. Ihre Herkunft ist multinational (Japan, Australien, Griechenland, Deutschland), sie haben seit ihrer Gründung 2018 bereits Europa und Japan in Furore versetzt und stehen nun mit ihrer zweiten Scheibe Hazama in den Startblöcken. Im Fokus steht die dreisaitige mit Schlangen-, Katzen- oder Hundehaut bespannte Shamisen, eine Kastenspießlaute, die eine Weiterentwicklung der chinesischen Sanxian ist und vor mehr als 400 Jahren nach Japan kam. Historisch war die Shamisen vor allem in verschiedenen Formen des Erzähl- und Puppentheaters gefragt und gilt auch als das Instrument der Geishas.
Von diesem Kontext wird es von Shomi Kawaguchi, Tina Kopp und Youka Snell gelöst: Geradezu muskelbepackt, zeitweise ein wenig „punkig“ sind die Arrangements, in denen die kernigen Zupf-Riffs vorwärtstreiben. Darüber legen die drei einen manchmal kraftgeladen exklamierenden, mal augenzwinkernd mit süßlichen Jazzharmonien spielenden Chor. Gebackt werden die Frauen von einer kleinen Rhythmusgruppe aus Bass und Schlagzeug, der sich auch mal zum geräuschhaften, perkussiven „Erlebnispark“ auswachsen kann. Mal groovt es richtig („Kaigara Bushi“), mal wird martialisch galoppiert („Maru“), zart wird es im Intro der Adaption des Kirschblütenliedes „Sakura“. Gelegentlich treten Gastmusiker an Cello, Flöte, Qanun oder Bassgitarre hinzu. Und plötzlich schlüpft die japanische Laute auch mal mit einem Banjo unters Bluegrass-Mäntelchen oder tanzt einen Tango. Die Entdeckung des Winters überhaupt!
© Stefan Franzen