Side tracks #31: Gerappte Zeitgeschichte

Leserinnen und Leser dieser Seitenstrecken-Kolumne auf greenbeltofsound.de werden sich an den kanadischen Weltenbähnler Erik West Millette erinnern, den ich 2017 während meiner Reise in Montréal getroffen habe.

Mit seiner Band West Trainz hat Erik jetzt ein weiteres Großprojekt zu Ende gebracht: Auf dem Album Rail Nomads, das Anfang Mai erscheinen wird, erzählt er als Gesamtkunstwerk die Geschichte der Hobos, jener Bahnfahrenden auf dem nordamerikanischen Kontinent, die zu Zeiten der Great Depression als blinde Passagiere auf den Zügen mitfuhren, auf der Suche nach Arbeit und einem besseren Leben. Die West Trainz-Crew gestaltet diese historische Reise mit 24 grandiosen Songs und Instrumentals, in die wie immer jede Menge Eisenbahnsounds eingebaut sind und die quer durch den Erdteil geht, bis zur Terminal City Vancouver.

Als Vorbote ist jetzt die Single „Beat That Train“ erschienen, ein von Olaf „Slim Dane“ Gundel gerapptes Stück Zeitgeschichte. Ein Auszug aus dem Text:

Den Ozean würde ich queren, wenn sie eine Unterwasser-Linie bauen
Schreibe geheime Zeichen in den Regen, wie übersinnliche Flecken
Hab‘ kein Telefon, um daheim anzurufen, keine Hausschlüssel, die mir gehören
Meinen Hut hab‘ ich an den Wind verloren, und meine Schuhe lösen sich auf

In den leeren Schuppen höre ich die wilden Rufe der streunenden Hunde
Ich ziehe am Joint, um wieder Mut zu fassen, grabe nach Schätzen in Mülltonnen
Und wenn die Nacht kommt wie ein Flutwelle, wandere ich auf dem Grab eines Lebendigen,
laufe einem neuen Tag entgegen.

West Trainz: „Beat That Train“
Quelle: youtube

Kanadischer Freiheitsflug

Vor ziemlich genau drei Jahren bin ich aus Kanada zurückgekehrt, von einer Reise, die mich durch alle musikalischen Facetten des Ostens im Ahornstaat geführt hat. Seitdem bekomme ich immer wieder Tipps zu neuen tönenden Trends zugeschickt, insbesondere aus dem Songwriting-Bereich. Heute möchte ich euch Sébastien Lacombe vorstellen. Lacombe hat seine Homebase in Montréal und wuchs dort zweisprachig auf, zu seinen Vorbildern gehört auch ein Leonard Cohen. Die bilingualen Songwriter Montréals zählen zu den spannendesten Persönlichkeiten, die die Stadt hervorbringt. Die Vielschichtigkeit, manchmal auch Zerrissenheit ihrer Arbeit zwischen den beiden sprachlichen Welten führt zu einmaligen Text- und Klangresultaten. Sebastien Lacombe war seit 2005 auf vier Alben in französischer Zunge unterwegs. Jetzt ist er aufs Englische eingeschwenkt.

Sein neues Werk, das im Herbst erscheinen wird, nennt sich Fly, und das zentrale Thema dieses Werks ist die Freiheit, „die Freiheit, das zu sein, was wir wollen, über unsere Träume hinauszuwachsen, die Freiheit, zu lieben, trotz aller Tücken und gebrochener Herzen“, schreibt Sébastien. Die Produktion für das Label B-12 hat mein lieber Freund Erik West Millette als Coproduzent unterstützt, der Globetrotter in Sachen Eisenbahn, die Arrangements stammen ebenfalls von einem Musiker seines Umfelds, von Olaf Gundel. Die Songs auf Fly, so Sébastien weiter, sollen helfen in den Nachwehen eines schweren Sturms zur Erneuerung zu finden – nichts könnte besser in diese Wochen und Monaten passen. Ich stelle euch die Vorab-Single aus dem Album vor, „Gold In Your Soul“.

https://www.sebastienlacombefly.com/
https://www.sebastienlacombe.com/

Sébastien Lacombe: „Gold In Your Soul“
Quelle: youtube