Mit ihm ging es mir so, wie es mir mit Bob Dylan geht: Die Stimme versperrt mir vielfach den Zugang zu seiner Liedkunst. Großartig fand ich es immer, wenn ihn andere gecovert haben (Sandy Denny, Jeff Buckley, Rufus Wainwright…) oder wenn über ihn gedichtet wurde (allen voran in Joni Mitchells „A Case Of You“). Oft hat er selbst Frauenstimmen in den Vordergrund gestellt, um seine Poesie umzusetzen, wie Sharon Robinson oder Anjani. Zum Tod von Leonard Cohen, dem Meister des Liebesdunkels und des Liebesflüchtigen, ein unbeschwerter Folksong aus seiner späten Feder. Wohl nie mehr wird es eine Nachtigall mit einer tieferen Stimme geben.
Jeff Buckley
(he)artstrings #3: Der ewige Stich
Jeff Buckley
„Mojo Pin“ (Jeff Buckley & Gary Lucas)
(aus: Grace, 1994)
Ich kenne keinen Song, der Besessenheit in einer so intensiven Art und Weise eingefangen hat. „I Want You“ von den Beatles war ein netter Versuch. Doch diese sechs Minuten hier: wie ein einziger langer Nadelstich, eine immer enger sich ziehende Spirale des Begehrens, dreimal unterbrochen von einem Aufschrei, einer Eruption der Verzweiflung, eines Sichbewusstwerdens, dass man nicht durch die Wand kann mit diesem unbesiegbaren Verlangen. Deshalb kann diese Hymne auf die schöne schwarze Unbekannte auch kein vernünftiges Ende haben: Live ließ Jeff Buckley ihn oft mit einer wüsten Rückkopplung abbrechen. Auf der Tour, die hier mit einem Clip aus Frankfurt eingefangen wurde, haben wir damals Jeff auch gesehen. Ich kann mich noch gut erinnern, wie es mir kalt den Rücken runterlief, als er sich zu den sphärischen Gitarren vor dem finalen Ausbruch in seine Liebeswut hineingesteigert hat.
„Mojo Pin“ hat mich über mindestens ein Jahr verfolgt, bis ich mich für meine Magisterarbeit mit völlig anderen musikalischen Themen beschäftigen musste.
Jeff Buckley: „Mojo Pin“ (live in Frankfurt)
Quelle: youtube
Geboren als blaue Melodie
Seinen Sohn Jeff, ähnlich tragisch ums Leben gekommen, habe ich 1995 noch gesehen. Er selbst ist heute vor 40 Jahren gestorben: In memoriam Tim Buckley, begnadeter Traumtänzer zwischen Folk und Jazz, der von sich selbst in einem Song schrieb, er sei „als blaue Melodie geboren worden“. Ausgesucht habe ich einen somnambulen Track von seinem vierten Album Blue Afternoon (1969).
Tim Buckley: „Café“
Quelle: youtube