Dudu Tassa & The Kuwaitis
El Hajar
(Membran)
Es ist eine spannende Geschichte, die 2011 auch schon Stoff für einen Dokumentarfilm geliefert hat: Zwei kuwaitische Brüder werden im Bagdad der 1930er bis 50er Musikstars, erneuern den damaligen Pop des Irak, avancieren zu Lieblingen von König Faisal, gründen gar den Rundfunk der Hauptstadt mit. Unter Saddam Hussein wird ihre Musik verboten, denn der Diktator findet heraus, dass die beiden Brüder Juden sind. Nichts von alledem weiß der Enkel Dudu Tassa, der nach der Auswanderung der Familie längst in Israel ansässig ist, bis er in den Hinterlassenschaften auf dem Speicher eine alte Plattenkiste entdeckt. Tassa, selbst Rockstar in Tel Aviv, schlägt einen Seitenpfad seiner Karriere ein und begibt sich auf die Klangfährte von Opa und Großonkel, den Kuwaiti Brothers.
El Hajar ist bereits die dritte Scheibe auf den Spuren seiner Vorfahren, die Tassa mit einem jüdisch-arabischen Bandprojekt realisiert: Er schafft mit seinen neuen Versionen der mit Patina besetzten Hits von einst einen betörenden Sound, der zugleich retro klingt, aber durch dezente Elektronik auch im 21. Jahrhundert verankert ist („Hmayyed“). Oft erinnert er an die rockig-rebellischen Arabesken eines Rachid Taha (Anspieltipp: „Ya Khayib Ana“) oder, wie in „Blint El Moshab“, an den kompakten Arab-Beat der frühen Dissidenten. Die besondere Würze der Songs kommt auch mal durch eine Anreicherung mit tiefmelancholischen Geigen- und Vokalsamples der Originalaufnahmen zustande, so etwa in „Ahibbek“. In stilleren Momenten aber, etwa wenn die Sängerinnen Nassreen Qadri oder Rehela das Zepter übernehmen, wirkt diese großartige Scheibe wie ein karamellisiertes Duftwässerchen aus tausendundeiner Nacht. Und zum Finale wird es mit sonorer Oud und klappernder Bechertrommel ganz traditionell.
© Stefan Franzen