Portugiesische Utopie

Zum 51. Tag der Nelkenrevolution teile ich das 1983 veröffentlichte Lied des portugiesischen Liedermachers José Afonso, „Utopia“. Es stammt vom späten Album Como Se Fora Seu Filho, das gerade vom Label Mais 5 neu abgemischt wurde.

Es sind Lieder wie diese, die wir brauchen in einer Zeit der Perspektivlosigkeit, zwei Wochen vor dem Amtsantritt einer neuen Regierung, die der globalen Metakrise keinerlei Mut machende Visionen entgegensetzt, die Klimakatastrophe ignoriert, Ressentiments gegen Migrantinnen und Migranten schürt, und deren Vertreter eine „Normalität“ im Umgang mit den Nazis im Parlament fordert, die mittlerweile von jedem vierten Wählenden unterstützt werden.

Es wird nicht so sehr entscheidend sein während der nächsten zwei bis vier Jahre, wie viele sich aktiv für die Zerstörer der Demokratie aussprechen, sondern wie viele sie schweigend gewähren lassen. Wir müssen alle den Mund aufmachen, weiterkämpfen dafür, dass „das starke und gerechte Wort nicht verleugnet“ wird.

Stadt, ohne Mauern und Zinnen
ihre Menschen innen und außen gleich,
wo das Blattwerk der Palme 
das Mauerwerk streichelt
Stadt des Menschen
nicht des Wolfes, sondern des Bruders,
Hauptstadt der Freude

Arm, der schläft,
umarmt vom Fluss
nimm die Frucht deiner Erde,
du schuldest sie dir selbst,
nimm die Herausforderung an

Mensch, der du in Augen blickst, 
der du das Lächeln, das starke und gerechte Wort nicht verleugnest
Mensch, den das alles nichts kostet
Könnte es denn sein, dass es dort, im Osten,
diesen Fluss, diesen Weg, diese Möwe
auf meinem Weg gibt?

José Afonso: „Utopia“
Quelle: youtube