Neues von Malis Friedensbotschafterin

Fatoumata Diawara
Fenfo
(Wagram/Montuno/Indigo)

Sieben Jahre sind seit ihrem Debütalbum vergangen, und sieben Jahre sind eine lange Zeit, auch im vielleicht etwas langsamer mahlenden Weltmusik-Business. Doch man darf nicht vergessen, dass Fatoumata Diawara sich nicht ausschließlich als Sängerin sieht. Schon ihrem Debüt Fatou, für das sie als die neue Oumou Sangaré gefeiert wurde, ging eine Schauspielkarriere voraus, und die füllte auch einen Gutteil des Raums zwischen den beiden Alben: Im erschütternden Timbuktu des Mauretaniers Abderrahmane Sissako spielte sie eine Musikerin, die für ihren Beruf vom IS gesteinigt wurde, und in der Dokumentation Mali Blues erzählte sie ihre bittere Geschichte von Flucht vor Zwangsheirat und Beschneidung. Und ganz nebenbei war sie Studio- und Bühnenpartnerin von Herbie Hancock, dem kubanischen Pianisten Roberto Fonseca und Bobby Womack, setzte sich mit einem eigens komponierten Song für Einheit und Frieden im jüngst gebeutelten Mali ein.

Auch das Nachfolgewerk Fenfo kündet von ihrer entschlossenen Haltung. Übersetzt aus dem Bambara heißt der Titel: „etwas zu sagen“, die Themen drehen sich um Migration, Sehnsucht nach Liebe und die Erhaltung der Erde. Ein wenig tanzbarer („Nterini“, „Kanou Dan Yen“), auch  rockig-funkiger („Kokoro“, „Negue Negue“, „Bonya“) ist ihr Afro-Folk geworden, das liegt an einem afropäischen Team, das um klingenden Ausgleich zwischen den Kontinenten bemüht war und diese Balance auch ganz gut hingekriegt hat. Federführend ist der Franzose -M- (Mathieu Chedid) am Pult und an der Gitarre, für die afrikanischeren Farben ist Sidiki Diabaté an der Kora da, und die lyrischen Passagen werden durch den Mali-erprobten Cellisten Vincent Ségal („Don Do“) gezaubert. In der Mitte siedelt Diawaras Stimme, die für die stolzen, pentatonischen Melodien ein wunderbares Transportmittel ist – und die sich ihrer Gebrochenheit nicht schämt, keine vokale Brillanz erzeugen möchte, sondern vor allem einen kraftgeladenen, aufrichtigen Ausdruck. Und das geht ganz ohne Auto-Tune.

© Stefan Franzen
live:  26.5. Hannover, Masala Festival, 30.5. Würzburg, Africa Festival, 28.6. Fort Kléber, Wolfisheim/F, 8.7. Rudolstadt Festival

Fatoumata Diawara: Nterini“
Quelle: youtube



Die Mutter der Linderung

oum
Oum El Ghait heißt auf Deutsch „Mutter der Linderung“, und man gibt diesen Namen in der marokkanischen Sahara Mädchen, die an einem Regentag geboren werden. Oum ist eine jener Frauen, die sich Freiheiten in der arabischen Welt erkämpfen, damit sie ihre Kunst und Musik ungehindert entfalten können. In Marokko ist das möglich, dank einer relativ milden Monarchie im Gegensatz zu anderen Staaten, in denen die arabische Revolution gescheitert ist oder Fundamentalisten ihr Unwesen treiben. Die arabische Welt braucht mehr Frauen wie Oum oder die hier schon vorgestellte Libanesin Tania Saleh. Dann wird – so meine Hoffnung – Musik stärker sein als alle religiösen Eiferer. In diesem Kontext empfehle ich über die Feiertage Timbuktu, den erschütternden neuen Film von Abderrahmane Sissako.

Ich danke dem Espace Django Reinhardt in Strasbourg, die Oum eingeladen haben, mir somit ein Interview mit ihr ermöglicht haben (mehr demnächst) und alle paar Wochen ein handverlesenes Konzert mit Musik aus aller Welt veranstalten. Wenn ihr die Gelegenheit habt, besucht diesen Ort!

Oum: „Lik“ (Acoustic Session)
Quelle: youtube