Accra Trane Station: Another Blue Train
(VoxLox, 2007)
Vielleicht der verrückteste „Side Track“ in meinem Archiv: Zwei Ghananer und ein Amerikaner improvisieren sehr free und lautmalerisch über eine nächtliche Zugfahrt von der ghanaischen Hauptstadt Accra nach Kumasi und Takoradi. Dort verkehrte einst der legendäre Blue Train, der afrikanische Bruder zu Coltranes blauem Zug. Dem huldigt Nortey hier auch unüberhörbar mit seinen Afrifonen, Zwittern aus Sax und afrikanischen Blasinstrumenten, dazu kommt jede Menge ratternd-scheppernde Percussion und ein Rhythmusbox-Bass. Die Reise ist pure Nostalgie: In Ghana fährt heute nur noch ein maroder Vorortzug zwischen Accra und Nwasam, die legendäre Blue Train-Linie ist stillgelegt. Danke an Nancy für diese rare Perle der tönenden Eisenbahnliteratur.
Side Tracks
Auf diesem Nebengleis treffen sich Züge und Klänge – als Eisenbahnerenkel widme ich diese Seite dem Andenken meines Opas.
Side Tracks #2: Mit Fello am Fuji
Springintgut & F.S.Blumm: The Bird And White Noise
(Pingipung, 2014)
Mich begeistern die organischen Elektronikklänge, die auf dem Label Pingipung eine Heimstatt finden. Der neueste Streich ist jetzt entstanden, während der Akustikgitarrist F.S.Blumm und der Cellist Springintgut alias Andi Otto auf einer Tournee in Japan kreative Höhenflüge erlebt haben. Und Bahnfahrten! Beim Track „In Zügen“ kann man sich aus dem Fenster lehnen, und der Bildschirm verwandelt sich in ein fernöstliches Waggonfenster. Dazu die rhythmisierte, „atmende“ Videokunst von Noriaki Okamoto: kongenial. Auch noch sehenswert: Hier erklärt Springintgut, wie er sein Instrument in ein „Fello“ verwandelt hat.
Springintgut & F.S.Blumm: „In Zügen“
Quelle: youtube
Side Tracks #1: Geisterfahrt durch Mexiko
Chris Watson: El Tren Fantasma
(Touch/Membran,2011)
Pünktlich (!) zu einem Termin, an dem jeder vernünftige Mensch auf die Bahn einen Riesenhals hat, möchte ich meine neue Abteilung „Side Tracks“ starten: Musik, Klangcollagen und Geräusche aus dem Reich der globalen Railways, ganze Alben oder einzelne Songs, manchmal auch nur ein schönes, Eisenbahn-affines Plattencover.
Den Anfang macht ein Tondokument der Extraklasse: Der Klangkünstler und Gründer von Cabaret Voltaire Chris Watson hat sich für die BBC-Serie Great Railways Journeys einen Monat lang an der transkontinentalen Zugstrecke zwischen dem mexikanischen Los Mochis und Veracruz herumgetrieben. Grandiose Sounds aus dem Zuginnern, aber auch weit entfernt von den Gleisen, zwischen heulendem Wind und sirrenden Insekten addieren sich nach entsprechender Bearbeitung im Studio zu einer symphonisch-psychedelischen Suite aus Metall und Steinen, Hitze und Einsamkeit. Heute ist diese Strecke stillgelegt – was die Klangreise (dringend über Kopfhörer!) zu einem nostalgischen Abenteuer macht.
Danke an Wolfgang, der mich mit dieser Aufnahme bekannt gemacht hat!
Mehr von Chris Watsons Klangexpeditionen gibt’s hier oder hier.