Ohren auf Weltreise in Schloss und Scheune

Liebe Freundinnen und Freunde,

die Ohren auf Weltreise-Reihe geht Mitte März auf Tour an den Bodensee und den Hochrhein.
Wie bei der Premiere wird der Cellist Matthieu Saglio mit einem Solo-Set nach meiner Lesung den Konzertpart des Abends bestreiten.

Ich freue mich auf Freitag, den 14.3. im Barocksaal des Schloss Freudental bei Allensbach und auf Samstag, den 15.3. in der Stadtscheuer in Waldshut-Tiengen.
Der Abend in Allensbach ist leider bereits ausverkauft. Für Waldshut-Tiengen gibt es hier Karten:

Ticketshop – 19. World-Town-Fesitval-Stefan Franzen und Matthieu Saglio: „Ohren auf Weltreise“ Tickets, Stadtscheuer Waldshut, 79761 Waldshut – online bestellen

Ich freue mich auf euch!

Euer Stefan

 

Ravel 150


Im Grundschulalter lauschte ich fasziniert der „Rapsodie Espagnole“ und dem „Boléro“ auf einer Platte meines Vaters (mit dem Orchestre de la Société des Concerts du Conservatoire Paris unter André Cluytens). Diese Platte liegt nun gerade vor mir, und wenn ich auf das grüne Cover mit dem Gemälde von Toulouse-Lautrec blicke, versetzt es mich sofort in diese Zeit zurück.

Seitdem hat mich die Musik von Maurice Ravel, dessen Geburtstag sich heute zum 150. Mal jährt, durchs ganze Leben begleitet, mit seinem einzigen Streichquartett als Lieblingskomposition. In seinem Belvèdere in Montfort L’Armaury war ich bis heute nicht.

Doch ich entdecke immer noch Neues aus seinem recht überschaubaren Werk, kürzlich etwa die Vocalise in Form einer Habanera, die hier in einer Kammermusikfassung mit der georgischen Sopranistin Lamara Chkonia (sie ist letztes Jahr steinalt verstorben) geradezu irisierend ins Ohr funkelt.

Maurice Ravel: „Vocalise en forme de Habanera“ (Lamara Chkonia, Moscow Chamber Orchestra)
Quelle: youtube

Ornette statt Ornithologie


Mit ihrem Quartett gestaltet die Zürcher Violinistin Sophie Lüssi eine Klangwelt zwischen Jazz, klassischer Moderne und den Tönen ihrer zweiten Heimat Argentinien. Für ihr neues Album hat Lüssi als Titel einen Namen aus dem Vogelreich auserkoren: den Atlantic Puffin (Papageientaucher).

Warum die Wahl auf ihn fiel, welchen Einfluss Ornette Coleman auf sie hat, wie sie ihre Kompositionen stilistisch verortet und was es mit der Tenorgeige auf sich hat, darüber habe ich mit ihr gesprochen.

Meinen Beitrag sendet SRF 2 Kultur am Dienstag, den 4.3. in der Sendung Jazz & World aktuell ab 20h.

Sophie Lüssi: „Atlantic Puffin“ – Trailer
Quelle: youtube

Die Trösterin

In diesen schweren Zeiten ist eine weitere Trostspenderin gegangen.

Ihre Stimme war für mich immer jenseits der Barrieren von Soul und Folk, von Schwarz und Weiß angesiedelt. Sie verkörperte Stärke in der Verletzlichkeit, Zuversicht in der Hoffnungslosigkeit – den kräftigen Lichtstrahl über dem Abgrund.

Ihre Adaption des Paul Simon-Stücks ist für mich nach wie vor die unerreichte Coverversion.

Rest In Power, Roberta.

Roberta Flack: „Bridge Over Troubled Water“
Quelle: youtube

Mexikanischer Zunder in Duisburg

Transatlantische Klangwellen
Alondra de la Parra, Thomas Enhco, Duisburger Philharmoniker
Mercatorhalle Duisburg
19.02.2025

„Sind die Ohren noch dran?“ Der Herr am Merchandising-Stand zwinkert einem Konzertbesucher zu, der etwas benommen Richtung Ausgang wankt. Das überwiegend ältere Publikum in der Duisburger Mercatorhalle zwitschert aufgeregt bis aufgescheucht durcheinander, während man eher amorph als geordnet mit abklingender Gänsehaut auf die Garderobe zusteuert. Was war hier passiert?

Die Ehre gab sich die in Berlin lebende mexikanische Gastdirigentin Alondra de la Parra. Sie ist eine der heftig aufstrebenden immer noch wenigen Frauen ihrer Zunft. Und sie bricht seit Jahren eine Lanze für modernere lateinamerikanische Kompositionen, insbesondere die symphonischen Werke ihres Mutterlandes. Unter dem Titel Transatlantische Klangwellen schlägt sie an diesem Abend den Bogen von Frankreich über Spanien bis nach Mexiko.

De la Parra, die unter anderem bei Kurt Masur Dirigieren gelernt hat, erweist sich als grandiose Rhythmikerin, die in der „Rapsodie Espagnole“ von Maurice Ravel das Flirren der iberischen Nacht als spannungsgeladenes Vorspiel für die zündende „Malagueña“ und die glühende „Feria“ inszeniert. Die exzellente Akustik des Saals lässt die Instrumentationskunst Ravels differenziert aufblitzen.

Auftritt Thomas Enhco: Der Pariser Pianist steht mit einem Bein in der Klassik , mit dem anderen im Jazz, seiner prioritären Liebe. In Manuel de Fallas „Nächte in spanischen Gärten“, das er erstmals auf ener Bühne spielt, füllt er die eigenartige Position zwischen Solistenfunktion und Orchesterkolorierung virtuos. Mehr noch geht er in seiner Rolle auf, als er seine Eigenkomposition Sept Visions in der Uraufführung präsentiert. Variationen, die von einem pastoralen Oboen-Thema ausgehend, zwischen atmosphärischer Filmmusik und Jazz-Improvisation pendeln, kurzweilig, schwelgerisch und mitreißend. Als Encore nimmt er sich ein Mozart-Thema vor, re-harmonisiert und rhythmisiert es so clever, dass es zu einem rührenden Stück mit Pop-Appeal wird.

Das Finale gehört dem mexikanischen Komponisten Silvestre Revueltas (1899-1940) und seiner zu einer viersätzigen Symphonie gruppierten Filmmusik La Noche De Los Mayas. Alondra de la Parra führt mit Esprit in dieses Werk der Superlative ein, an dem allein 13 Perkussionisten beteiligt sind. Die Stimmung eines Maya-Rituals wird zu Anfang in fiebrige Streichertöne gegossen, gekrönt von dräuenden Bläserfanfaren und bombastischer Trommel, kontrastiert von einem wehmütigen Flöten-Interludium. Von Schrappholz, Xylophon und Pauken wird das Orchester im quertaktigen Scherzo angeheizt. Überraschend träumerisch, fast an Richard Straussens Rosenkavalier-Schmelz erinnernd, aber letztendlich doch in Mexikos Terzenseligkeit wurzelnd, taucht man in die „Noche de Yucatán“ ein.

Der 4 .Satz, die „Noche de Encatamiento“, wird dann zur ausufernden, ekstatischen Orgie, vorangetrieben von Muschelhorn-Signalen. Die Perkussionisten-Riege tobt sich in kontrollierter Schichtung aus, de la Parra steuert die Fieberkurve am Pult mit unbeirrbarem Puls. Mit immer neuer Intensivierung in Lautstärke und Tempo schreitet das Ritual in etlichen Wellen voran, die schiere Dezibel-Wucht presst einen in den Stuhl. Diesen polyrhythmischen Laden zusammenzuhalten, ein Orchester, das hier fast zur reißenden Bestie wird, erfordert höchste Disziplin von einer Maestra, die mit wehendem Beinkleid Einsätze wie Dolchstöße gibt, aber auch immer wieder feinsinnig hinunterzügelt. Und sich beim enthusiastischen Schlussapplaus scheinbar ungerührt von diesem Kraftakt zum Saal umwendet. Was für ein Energiesturm – und was für eine ungeahnte Traumpartnerschaft zwischen einer resoluten, sensitiven Kosmopolitin und den fantastisch präzis agierenden rheinischen Spitzenphilharmonikern.

© Stefan Franzen

alle Fotos: Stefan Franzen

 

 

Songwriting trifft Sahel-Skalen

Ballaké Sissoko & Piers Faccini
Our Calling
(NøFormat/Indigo)

Einen dicken Fang hat sich der Duo-freudige Kora-Solist Ballaké Sissoko da an Land gezogen. Auf Our Calling (NøFormat/Indigo) ist der großartige Piers Faccini sein nicht gerade völlig überraschender Partner, denn die beiden hatten sich seit zwanzig Jahren schon mit Stippvisiten auf ihren jeweiligen Alben besucht. Das Crossgenre-Unternehmen zwischen Griotmusik und Songwriting auf Albumlänge klappt prächtig: Mal fühlt sich der Italo-Brite in die typischen Sahel-Skalen vokal ein („Mournful Moon“), mal folgt Sissoko den Ohrwurm-Melodien mit ruhigem Puls („One Half Of A Dream“). Wie ein swingendes Kinderlied mutet „Borne On The Wind“ an, gewidmet der Patin des Albums, der Nachtigall, den Duettierenden ähnlich zwischen zwei Erdteilen unterwegs.

In ein paar fast unheimlichen Momenten, etwa in „If Nothing Is Real“ oder „Go Where Your Eyes“, beschwört Faccinis Timbre Bilder herauf, die einen glauben lassen, ein wiederauferstandener Nick Drake spaziere am Niger entlang. Die Polarität zwischen Sahel und angelsächsischem Song bleibt aber nicht exklusiv: In „Nina Nanna“ bringt Faccini ein Stück Süditalien ein: Ein Meisterstreich, das Tarantella-Universum zur modalen Sphäre der Kora zu gruppieren. In der puren Dreiertakt-Seligkeit von „Shadows Are“ zeigt sich auch, wie Kora und E-Gitarre sich in ihren Begleitmustern wundervoll komplettieren. Cello, Ngoni und Gimbri setzen I-Tüpfelchen in diesen eleganten, tiefempfundenen Akustik-Folk.

© Stefan Franzen

Piers Faccini & Ballaké Sissoko: „One Half Of A Dream“
Quelle: youtube

Nachlese: Ohren auf Weltreise – Reithalle Offenburg

Vielen Dank an alle, die ins Foyer der Reithalle Offenburg gekommen sind, um diesen tollen Abend mit uns zu feiern.
„Ohren auf Weltreise“ machte in meiner Geburtsstadt Station, bereichert und begleitet von Awa Ly und Lucie Cravero.


Jürgen Haberer schreibt am 5.2. im Offenburger Tageblatt:

„Gut eine Stunde wird das Publikum in der Reithalle in einen musikalischen Sog hineingezogen. In der feinsinnigen Reduktion entwickelt das Duo eine bemerkenswerte Aura und Kraft. Das Publikum ist begeistert und beeindruckt, weil hier auch ein durchdachtes Konzept zum Tragen kommt: ‚Ohren auf Weltreise‘ als eine Lesung mit Musikbeispielen, kombiniert mit einem richtigen Konzert.“

Fotos: © Stefan Franzen

 

Radiotipp: Mit 5 Instrumenten um die Welt

SWR Musikstunde
Mit 5 Instrumenten um die Welt
03. – 07.02.2025, jeweils 9 Uhr 05 (Wdh. um 23h03)

In ihren Ländern gelten sie als Nationalinstrumente, sind aber allesamt Teil einer großen Familie über Grenzen hinweg. Alle haben sie einen unverwechselbaren Klang und eine spannende, wendungsreiche Geschichte. Heutzutage erklimmen sie internationale Bühnen, treten aus ihrer Tradition heraus, begegnen der Klassik, verbünden sich mit Pop, flirten mit Jazz.

Fünf Instrumente, mit denen wir in dieser Woche um die Welt reisen – von Lissabon nach Thüringen, von Bamako nach London, von Teheran nach Berlin, von Dublin nach Venedig, von Valencia nach New Orleans und Rio.

Pedro Caldeira Cabral: „Fantasia Verdes Anos“
Quelle: youtube

Ohren auf Weltreise mit Premiere – Reithalle Offenburg, 1.2.2025

Liebe Freundinnen und Freunde,

die Ohren auf Weltreise-Reihe geht auch 2025 weiter.
Am Samstag, den 1. Februar 2025 habe ich das Vergnügen, ab 20h im Foyer der Reithalle Offenburg lesen zu dürfen, wie immer begleitet von Klangbeispielen, Reiseerlebnissen und Anekdoten aus den 30 Jahren meiner Arbeit als Journalist in der Weltmusik.

Es ist eine riesige Ehre für mich, dass die großartige franko-senegalesische Sängerin Awa Ly mich unterstützen wird – sie gestaltet mit der jungen Cellistin Lucie Cravero am Cello den zweiten musikalischen Part des Abends. Beide werden extra für den Event aus Paris anreisen.
Und noch mehr, denn Offenburg wird eine Weltpremiere erleben: Awa spielt erstmals die Songs ihres demnächst erscheinenden dritten Albums, bevor sie sie mit Band am 5.2. in Paris präsentiert.

Da Awa erst nach Drucklegung der Monatsmagazine zusagen konnte, taucht sie in der Bewerbung des Abends teilweise nicht auf – bitte also weitersagen!
Tickets gibt es hier: Ohren auf Weltreise

Weitere Infos zu Awa Ly:
So wie ihre charismatische Stimme keine Grenzen kennt, geht auch ihre persönliche Reise über drei Kontinente: Die international gefeierte Awa Ly hat senegalesische Wurzeln, wuchs in Paris auf, studierte in den USA, lebte in Rom. In ihren Songs treffen sich die große Tradition des Soul, jazzige Gitarrenriffs, eingängige Popmelodien, die Antwortchöre der westafrikanischen Musik, und ab und an klingen auch Verse in ihrer Muttersprache Wolof an. Ihr warmes, dunkles Stimmen-Timbre trägt sie durch die Balladen genau wie durch die kraftvollen, erdigeren Songs.

Awa Ly ist in ihren Texten eine Anwältin für die Menschlichkeit. Die Kosmopolitin ergreift Partei für die nach Europa Geflüchteten, widmet ein Lied dem Freiheitskampf der Sudanesen, hinterfragt den digitalisierten Alltag und übt Kritik am ungefilterten Konsum der Medien. Sie sieht sich als eine moderne Schamanin, die ihrem Publikum mit jedem Song Fragen mit auf den Weg gibt: nach dem Platz des Einzelnen in seiner Umgebung, in der Natur, im Universum.  Safe & Sound, der Titel ihres noch aktuellen Albums, ist ein Sinnbild für einen Schutzraum, einen Halt, denn sie mit ihrer Musik geben will. Awa Lys Bühnenpräsenz und Vokalkraft dürfen wir in der intensiven Duobesetzung mit der jungen Cellistin Lucie Cravero erleben. Im Frühjahr 2025 wird ihr neues Album erscheinen.

Einen aktuellen Konzerteindruck von Awa Ly – in anderer Duo-Besetzung – gibt es hier zu sehen:

Radiotipp: Margareth Menezes, Popstar und Kulturministerin

Sie gilt als „brasilianische Aretha Franklin“, ist eine der Ikonen der afrobrasilianischen Musik und Vorkämpferin für soziale Integration. Seit 2023 bekleidet Margareth Menezes als erste schwarze Frau das Amt der Kulturministerin im Kabinett Lula da Silva.