Es könnten die absurdesten Textzeilen der Popmusikgeschichte sein: „Jemand hat den Kuchen da draußen im Regen gelassen. Ich glaube, das halte ich nicht aus, denn es war so schwierig ihn zu backen und ich werde das Rezept nie mehr auftreiben.“ Die Musik zu dieser Klage über eine Liebe, die sich nicht erfüllen konnte, wird aufs Dramatischste ausgestaltet, mit vollem Symphonieorchester, Tempowechseln und der zutiefst larmoyanten Stimme des Sängers Richard Harris. „McArthur Park“ ist nur eines der einzigartigen Lieder, die Jimmy Webb geschaffen hat. Der Songwriter, Komponist und Arrangeur aus Oklahoma, der heute 70 Jahre alt wird, schaut auf ein halbes Jahrhundert von Hits zurück, im Olymp der US-Songschmiede ist ihm schon jetzt neben Burt Bacharach ein Thron sicher. Zum 70. Geburtstag die – für meine Ohren 7 spannendsten Songs des Songschmiedes.
Er war noch blutjung, als er mit dem leichtfüßigen „Up, Up And Away“ für die Easy Listening-Band The 5th Dimension 1968 einen Riesenerfolg landen konnte und mit der Soulsängerin Thelma Houston seine orchestralen Künste erprobte (Sunflower). Kurze Zeit später arbeitete er bereits mit der Countrygröße Glen Campbell, der mehrere Webb-Kompositionen als Klassiker etablierte – darunter etwa „Wichita Lineman“, den sehnsüchtigen Gesang eines Monteurs, oder „By The Time I Get To Phoenix“ ein unvergleichbares Roadmovie über einen, der vor der Liebe flüchtet. Ab den Siebzigern folgten grandiose Solo-LPs wie El Mirage oder Land‘s End, die aber nie so große Beachtung fanden wie die unzähligen Coverversionen anderer. Was aus Webbs Feder stammte, wurde von Isaac Hayes genauso aufgegriffen wie von Art Garfunkel, von den Supremes genauso wie von Scott Walker, von Linda Ronstadt und Joe Cocker.
Wie sein Vorbild Bacharach versteht Webb es, einen natürlichen musikalischen Fluss zu schaffen, hinter dem sich komplexe Harmoniegänge und Tonartenwechsel verbergen. Und in seinen Versen kreiert er Bilder und Metaphern, die in den Hirnwindungen hängen bleiben: Der Mond wird bei ihm zu einer strengen Herrin („The Moon‘s A Harsh Mistress“) oder die verflossene Leidenschaft eben zum Zuckerguß auf der beregneten Torte. Mit „Tunesmith“ schrieb Webb bereits 1998 ein dickes Logbuch des Songwritings, analysierte sein eigenes Werk und das anderer akribisch und humorvoll zugleich. Heute arbeitet er an seiner Autobiographie. Sein Hauptthema, das des ewig Reisenden, Suchenden, hat Webb am schönsten durch die Jahrhunderte in „The Highwayman“ erzählt: von der Metamorphose des mittelalterlichen Räubers zum Seemann, zum Architekten bis hin zum Astronauten.
© Stefan Franzen