Wenn heute von der „Regenbogennation“ Südafrika die Rede ist, spricht die Realität auch 30 Jahre nach dem Ende der Apartheid eine andere Sprache. Immerhin einen gesellschaftlichen Bereich gibt es, in dem das friedliche Miteinander annäherungsweise umgesetzt werden konnte – in der Musik. Einem Mann ist der mutige Anstoß für diese Entwicklung zu verdanken: Johnny Clegg, Vorkämpfer für die Aufhebung rassistischer Schranken in der Musikszene, ist am 16.7. im Alter von 66 Jahren in Johannesburg an einem Krebsleiden gestorben. Was er seit den 1970ern an integrativer Arbeit geleistet hat, lässt sich heute kaum noch ermessen.
Als der Sohn eines Engländers und einer simbabwischen Jazzsängerin mit den Klängen der Zulu-Wanderarbeiter in Kontakt kommt, stellen sich für ihn die Weichen der Zukunft. Er lässt sich bei ihnen unterrichten, im Gesang, Gitarrenspiel und Tanz, an der Wits University vertieft er seine Studien in der Zulu-Kultur. Schicksalshaft wird die Begegnung mit dem Straßenmusiker Sipho Mchunu – als die beiden durch Kirchen, Hostels und Universitäten touren, fordern sie das Apartheid-Regime heraus: Ein schwarzer und ein weißer Musiker zusammen auf der Bühne? Streng verboten, Schikanierung und Haft sind die Folge. Schließlich heben die beiden die Band Juluka (Zulu für „Schweiß“) aus der Taufe, die mit „Universal Men“ 1979 ein erstes Album veröffentlicht. Zensiert von den südafrikanischen Medien ist der Erfolg vor allem in Frankreich riesig. Es ist der Hit „Scatterlings Of Africa“ („die Verstreuten Afrikas“), der ihrem Mix aus Zulu-Tradition und Pop den weltweiten Durchbruch beschert. In den Versen erinnert Clegg daran, dass wir alle ein afrikanisches Erbe in uns tragen, uns vom schwarzen Kontinent aus auf den Weg gemacht haben. Wir alle sind Verstreute, Flüchtlinge – eine Aussage, die brennende Aktualität besitzt.
Nach dem Ausstieg von Mchunu bündelt Clegg seine Kreativität in einer zweiten Band namens Savuka (deutsch: „Wir sind erwacht“). Auch diese Formation hat einen Welthit: „Asimbonanga“ ehrt 1987 den immer noch inhaftierten Nelson Mandela mit der wiederkehrenden Zeile: „Wir haben ihn nie gesehen.“ Auch nach der Wende in Südafrika und der Auflösung Savukas bleibt Cleggs Engagement für Gleichheit nötig, in und jenseits der Musik. Der „weiße Zulu“ ist gegangen. Als Botschaft hinterlässt er, dass Integration eine immerwährende Verpflichtung ist – nicht nur in Südafrika.
© Stefan Franzen